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Abwasser teurer?

Große Investitionen in Karbener Kläranlage werden nötig

Überblick über das Gelände der Kläranlage: Ein paar Flächen zur Erweiterung gibt es noch, unter anderem das benachbarte Areal des Bauhofs. Foto: den
Überblick über das Gelände der Kläranlage: Ein paar Flächen zur Erweiterung gibt es noch, unter anderem das benachbarte Areal des Bauhofs. Foto: den

Wie viel die Karbener in Zukunft fürs Abwasser zahlen müssen, dafür werden in den nächsten Monaten die Weichen gestellt. Die Kläranlage der Stadt muss wohl millionenschwer ausgebaut werden. Treibt dies die Abwasser-Gebühren hoch?

Karben. Ein leicht süßlicher Geruch weht herüber, wenn man in Karben mitten im Stadtzentrum den Niddaradweg entlangspaziert. „Kaum jemand nimmt Notiz von der Kläranlage“, sagt Herbert Schneider. Er leitet diese seit Jahrzehnten. Nur bei der Abwassergebühren-Rechnung ist das Thema jedem Einwohner präsent.

Sonst aber herrscht seit dem jüngsten Ausbau der Anlage vor bald 20 Jahren Ruhe. Kläranlage? Gedanken über sie macht sich niemand. Da hilft es auch nicht, dass sie an der Industriestraße im Gewerbegebiet Klein-Karben mitten in der Stadt liegt.

Nun aber taucht das Thema auf. In der Stadtpolitik sorgt man sich: Genügt die Kapazität für das geplante Stadtwachstum? Parlamentarier und die Stadtwerke haben das Problem erkannt. Der technische Betriebsleiter der Stadtwerke, Michael Quentin, weiß: „Wir arbeiten ziemlich an der Grenze.“

Mit Abwässern der 23 000 Einwohner aus Karben, 5000 aus Rodheim sowie denen der Unternehmen liegt die Auslastung bei fast 100 Prozent. Auf 40 000 Einwohner ist die Anlage ausgelegt – und arbeitet bei Zuflüssen von umgerechnet 38 000 bis 39 000 Einwohnern. „Wir müssen nicht sofort handeln“, beruhigt Quentin. Die kleineren Neubaugebiete, die Karben aktuell erschließt oder plant, könne die Kläranlage verkraften. Doch wolle die Stadt stärker wachsen, müsse die Kläranlage größer werden. Bis Ende April solle die Studie vorliegen, dann den Stadtverordneten vorgestellt werden.

Weg mit dem Bauhof

Eines aber ist schon klar: Einen Standortwechsel der Kläranlage schließt der Stadtwerke-Chef kategorisch aus. „Schon weil wir hier ein Anlagevermögen von 35 bis 40 Millionen Euro haben.“

Vielmehr solle die Studie klären, ob der Platz für eine Erweiterung reicht. Womöglich muss der benachbarte Bauhof weichen. „Aber das wäre ein nicht so großer Aufwand“, kalkuliert Quentin.

Die Notwendigkeit zum Ausbau könnte eine Ansiedlung wie die derzeit geplante von Wilhelm Brandenburg beschleunigen. Die Rewe-Tochter hat das künftige Gewerbegebiet zwischen Kloppenheim und dem Berufsbildungswerk als Standort für eine Fleisch- und Wurstfabrik in der engen Auswahl. Brandenburg alleine würde so viel Abwasser wie 20 000 bis 25 000 Einwohner produzieren, schätzt Quentin.

Also käme das die Karbener teuer? Im Gegenteil, sagt Bürgermeister Guido Rahn (CDU). „Das würde sich eher positiv auf Gebührenhöhe auswirken.“ Mit Brandenburg oder einem ähnlich starken Wasserverbraucher werde die Auslastung der Kläranlage verbessert. Vor allem zahle ein solcher Betrieb aber auch enorm viel Abwassergebühr.

Auf einen Gebührensprung müssen sich die Karbener aber in jedem Fall nicht einstellen: Selbst wenn die Erweiterung Millionen Euro kosten dürfte, werden die Investitionen über sehr lange Zeiträume abgeschrieben – und nach und nach von den Gebührenzahlern finanziert. Ist von Anfang an ein Großverbraucher à la Brandenburg dabei, dann würde „das eher für insgesamt stabile Gebühren sorgen“, erklärt Bürgermeister Guido Rahn.

Nicht allein aus Kapazitätsgründen dürften die Karbener um Millioneninvestitionen nicht herumkommen, sondern auch wegen Mikroschadstoffen: Wie diese aus den Abwässern gefiltert werden könnten, darüber brüteten Fachleute auf Bundesebene an Lösungen, erläutert Michael Quentin. Dazu zählen beispielsweise Arzneimittelreste. Sie gelangen heute noch durch die Kläranlagen in die Natur und damit in die Nahrungskette – gefährlich für Pflanzen, Tiere, Menschen.

Kleine Gefahren

Bis zum Sommer rechnen die Stadtwerke mit Vorgaben für eine noch striktere Wasserreinigung. „Wir wissen noch nicht, wohin die Reise geht“, sagt Michael Quentin. „Es ist gut möglich, dass wir Mikroschadstoffe irgendwann aus dem Abwasser eliminieren müssen.“

Eine vierte Reinigungsstufe mit einem neuen Filtrationsverfahren dürfte daher nötig werden. Dann geht es beim Ausbau der Karbener Kläranlage nicht mehr um Ob oder Wann, sondern nur noch um: Wie groß? (den)