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Aufgeheizte Stimmung

Pläne für Bebauung stoßen auch in Massenheim auf großen Argwohn

Etwa 100 Leute sind zur Ortsbeiratssitzung in Massenheim gekommen, um nähere Informationen zu dem geplanten Baugebiet im Stadtteil zu erfahren. Foto: Mag
Etwa 100 Leute sind zur Ortsbeiratssitzung in Massenheim gekommen, um nähere Informationen zu dem geplanten Baugebiet im Stadtteil zu erfahren. Foto: Mag

In der vergangenen Woche wurde in den Bad Vilbeler Ortsbeiräten die geplante Ansiedlung von Sozialwohnungen diskutiert. Mehrere Grundstücke kommen in Frage, das mit 9600 Quadratmetern größte davon soll hinter der katholischen Kirche in Massenheim entstehen. Das nahmen mehr als 100 Menschen zum Anlass, die Ortsbeiratssitzung in Massenheim zu besuchen. Die Stimmung kochte hoch.

Bad Vilbel. Ortsvorsteherin Irene Utter (CDU) erläuterte zunächst das Prozedere. „Bürger haben normalerweise erst am Ende des Ortsbeirates im Bürgergespräch das Wort. Heute wollen wir allerdings eine Ausnahme machen und nach der Diskussion der Ortsbeiratsmitglieder zum geplanten Baugebiet hinter der katholischen Kirche Fragen der Bürger hören“, sagte sie. Sie und die anderen Ortsbeiräte hätten seit der Bekanntmachung der Pläne, 9600 Quadratmeter am Massenheimer Ortsrand mit Sozialwohnungen, aber auch Einfamilienhäusern zu bebauen, zahllose Anrufe und E-Mails erreicht.

Der gesamte Ortsbeirat distanzierte sich zunächst von einem Flugblatt, das in Massenheim im Umlauf ist. „Der Verfasser versteckt sich in der Anonymität“, so Utter. Das änderte sich auch im Laufe des Abends nicht. Besonders die Aussagen des Stadtwerkechefs Klaus Minkel (CDU), anerkannte Flüchtlinge könnten in diese Wohnungen einziehen, erzürnte einige Massenheimer. In dem Flugblatt wird das Bauvorhaben als „Ghettoisierung“ beschrieben, wie in den Vororten von Paris. „Wer schon einmal in Paris war, wird merken, dass das mit Massenheim nicht zu vergleichen ist“, bemerkt dazu Erster Stadtrat Sebastian Wysocki (CDU).

Mehr Verkehr im Ort

Auf dem Areal sind Bauplätze für Einfamilienhäuser vorgesehen, aber auch Mietwohnungsbau. „Diese sind gedacht für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen. Und ja, es kann durchaus sein, dass darunter anerkannte Flüchtlinge sein werden“, sagt Wysocki. Er betont jedoch, dass eine „soziale Durchmischung“ angestrebt werde, von einer „Ghettoisierung“ könne man also definitiv nicht sprechen. Ortsbeiratsmitglied Peter Paul (Grüne) hat ein anderes Problem mit den Plänen der Stadt: „Es wird dann noch mehr Verkehr durch den Ortskern fließen“, sagt er.

„Wir müssen Wohnraum schaffen. Wir haben kaum Möglichkeiten, das in Massenheim zu tun, da nur wenige Flächen am Ortsrand der Stadt gehören“, entgegnet Wysocki. Das sei aber Voraussetzung. In Massenheim gebe es nunmal nur zwei Wege, um „über den Bach“ zu kommen, daran lasse sich nichts ändern.

Um den Bau möglich zu machen, muss der Ortsbeirat die Änderung des Bebauungsplanes für die 9600 Quadratmeter beschließen, denn bisher sei dort eine Friedhofserweiterung vorgesehen. „In Massenheim sind im vergangenen Jahr elf Leute bestattet worden und nur vier wollten eine Erdbestattung“, weiß dazu Irene Utter. „Wir brauchen diese Erweiterung nicht.“ Der Landtagsabgeordnete Tobias Utter (CDU) brachte dann eine weitere Variante ins Spiel: Da immer mehr junge Familien nach Massenheim zögen, könne die Saalburgschule keine Massenheimer Kinder mehr aufnehmen. „Der Kreis hat angekündigt, dass Massenheim eine eigene Grundschule bekommen kann, wenn der Bedarf weiter steigt. Damit wir diese in Zukunft bauen können, sollte eine Fläche für Gemeinbedarf in den Antrag aufgenommen werden“, sagt Utter. Auf Anfrage von Peter Paul (Grüne) erklärte Wysocki: „Wir haben noch keine konkreten Planungen, stehen ganz am Anfang. Es könnte auch sein, dass das alles noch scheitert.“

Bürger nennen Sorgen

Auch den Ortsbeirat müsse der Bauplan noch einmal passieren, so wie zahlreiche andere Gremien und Gutachten. Nach der Diskussion waren die Besucher an der Reihe, ihre Fragen zu stellen.

Eine ältere Dame erklärt, sie habe große Angst vor den Flüchtlingen, es sei nachts immer so dunkel in ihrer Straße.

Welche anderen Alternativen für einen Standort geprüft werden, will eine andere Anwohnerin wissen. „Ich glaube, die meisten haben ein Problem mit den Flüchtlingen, die dort rumhocken“, kommentiert ein Massenheimer. Noch einmal weist Utter daraufhin, dass nur Fragen erlaubt seien. „Wird ganz schön unangenehm für die Stadt, hä?“, ist ein Zwischenruf zu hören. Es wird unruhig im Saal, die Anwesenden wollen ihre Sorgen sofort loswerden. Manche Fragen werden wütend vorgetragen, obwohl die von Wysocki zuvor erläuterten Sachverhalte diese eigentlich schon beantwortet oder relativiert haben.

Die Fläche für eine mögliche Grundschule wird in den Antrag aufgenommen, der schließlich mit den Stimmen von CDU und SPD angenommen wird. Grünen-Beirat Peter Paul enthält sich. Zwei weitere Punkte werden in wenigen Minuten abgehandelt, danach beginnt das Bürgergespräch, bei dem es eher ruhig bleibt.

Unbekannte schüren Panik


Im Vorfeld der Ortsbeiratssitzung Massenheim haben Unbekannte einen Flyer verteilt. Es geht dabei um die Pläne der Stadt auf einer Fläche von knapp 10 000 Quadratmetern Häuser für Familien mit geringem und mittlerem Einkomen sowie für anerkannte Flüchtlinge zu bauen. In dem Flyer wird dies scharf kritisiert, wobei von einem „Asylantenghetto“ und „sozialen Brennpunkten wie in den Vororten von Paris“ formuliert wurde. Der Massenheimer Patrick Deweyne, unter anderem Börsenkorrespondent beim Fernsehsender N 24, bezeichnet dies auf Facebook als „beschämend und menschenverachtend“. Auch die Massenheimer SPD hat reagiert und bezeichnet den Inhalt des Flugblattes als „Panikmache“. (kop)