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Das Wort zum Sonntag: Beim Namen genannt

Es ist Samstag morgen, ich laufe durch die Innenstadt und genieße den Sonnenschein , als sich plötzlich hinter mir eine Stimme meldet: „He, hallo!“. Ich achte nicht weiter drauf, es könnte ja so ziemlich jeder gemeint sein. Die Stimme gibt nicht auf: „Hallo!“. Wieder nehme ich diesen Versuch, Aufmerksamkeit zu bekommen, nur am Rande meines Unterbewusstseins wahr. Als diese Stimme hinter mir jedoch auf einmal ruft: „Hallo Rolf!“, drehe ich mich um, weil ich weiß: Der spricht mich an.

Der Gebrauch des Vornamens in einer Anrede deutet, zumindest in der Umgangssprache, auf eine engere Beziehung hin, sei es zwischen langjährigen Kollegen, zwischen Freunden oder Familienmitgliedern. In der Umgangssprache ist für höfliche Distanz die Anrede „Sie“ sowie die Titulierung mit dem Nachnamen vorgesehen.

Wenn mich also jemand mit Vornamen anredet, dann heißt das: Der kennt mich. Der (oder die) ist mir nicht nur flüchtig begegnet, sondern da ist eine Beziehung da. Wenn mir jemanddas „Du“ anbietet, ist das eine neue Qualität der Beziehung, da wird Distanz raus genommen.

Die Bibel bringt uns die gute Botschaft, dass Gott uns Menschen das „Du“ anbietet. Durch den Propheten Jesaja lässt er seinem Volk Israel im Alten Testament ausrichten: „Fürchte dich nicht, ich befreie dich! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du gehörst mir!“ (Jesaja 43,1). Diese Worte richtet Gott an Israel in einer der schwersten Krisen des Volkes, in der viele aus dem Volk fragen: „Und wo ist Gott?“. Mit diesen Worten will Gott den Menschen sagen, dass er sie nicht vergessen hat, und dass er in der Geschichte das letzte Wort hat.

Gott nennt uns beim Namen. Er richtet nicht diffus einige moralische Ratschläge oder religiöse Weisheiten an die Menschheit, er tritt nicht als nicht näher bestimmte Gottheit auf, sondern er stellt sich uns persönlich vor, er will jeden einzelnen Menschen ansprechen, mit jedem in Kontakt treten. Ihm liegt nicht daran, einfach nur von den Menschen als „irgendwie existent“ anerkannt zu werden, sondern er will mit jedem eine lebendige Beziehung aufbauen. Das haben die Menschen zu Zeiten des Alten Testaments vor etwa 2700 Jahren erfahren, das haben die Menschen erfahren, die zu Zeiten von Jesus Christus gelebt haben, und auch alle, die seither Jesus nachgefolgt sind. Und diese Erfahrung können wir auch heute machen, jeder einzelne. Wenn das mal keine guten Nachrichten sind!

Rolf Schwärzel, Pastor der Freien evangelischen Gemeinde Bad Vilbel