Veröffentlicht am

Der „Jahrhundertprozess“ ist entschieden – Dr. Claus Fischer ist als Kläger gescheitert • Bundesverfassungsgericht nimmt Beschwerde nicht an

Bad Vilbel. Es ist vorbei, definitiv vorbei: Der „Jahrhundertprozess“ ist entschieden. Nach Landgericht, Oberlandesgericht und Bundesgerichtshof hatte der Landwirt, Tankstellen-, Wald-und Immobilienbesitzer sowie Millionär, Dr. Claus Fischer, auch den Weg vor das Bundesverfassungsgericht nicht gescheut (wir berichteten). Fischer wollte nachträglich Geld, viel Geld von seiner Heimatstadt, sage und schreibe zirka 73 Millionen Euro. Wie inzwischen bekannt geworden ist, unterlag Fischer in dieser Auseinandersetzung erneut. Beide Verfassungsbeschwerden wurden von der 3. Kammer des Ersten Senats unter dem Vorsitz des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen, und dies nach einstimmigem Beschluss.

Der sogenannte Jahrhundertprozess des Dr. Claus Fischer gegen die Stadt Bad Vilbel hatte über Bad Vilbel hinaus großes Aufsehen erregt, weil die Klageforderungen zusammen mit den zuzüglichen Nebenforderungen (Zinsen etc.) von insgesamt 90 bis 100 Millionen Euro die Stadt ruiniert hätten.

Hintergrund des Jahrhundertprozesses war der Landankauf der Stadt Bad Vilbel für die Realisierung des neuen Stadtteils Dortelweil-West in den neunziger Jahren. Fischer hatte damals von der Stadt für den Verkauf der bis dahin als Äcker und Wiesen genutzten Flächen den stolzen Kaufpreis von rund 26,3 Millionen Mark erhalten. Das schien ihm irgendwann nicht genug. Vor Gericht forderte er folglich rund zehn Jahre später – kurz vor Verstreichen der Verjährungsfrist – weitere 73 Millionen Euro (also zirka 143 Millionen Mark). Fischer machte unter anderem vor Gericht geltend, die Stadt hätte bei Abschluss der Verträge mit ihm gegen die guten Sitten verstoßen, der vereinbarte Kaufpreis – er belief sich damals auf rund 120 Mark pro Quadratmeter – sei viel zu niedrig gewesen. Er, Claus Fischer, hätte demnach nur einen Bruchteil des wahren Grundstückswertes bekommen, sei quasi enteignet worden.

Heute ist klar: In allen Instanzen haben dies die Richter anders gesehen.

Anekdotisch sei zu der Auseinandersetzung berichtet, dass – wie wir bei unseren Recherchen in Erfahrung brachten – der Rechtsvertreter der Stadt Bad Vilbel, Dr. Hansgeorg Jehner, und der Rechtsbeistand der Stadt, Ehrenbürger Kurt Ochs, Senatspräsident a.D., sowie der Ehrenstadtrat Klaus Minkel bei einer Besprechung dem Kläger, Dr. Claus Fischer, vorhielten, dass die Klage im Erfolgsfalle die Stadt ruinieren würde mit unabsehbaren Folgen für alle Bürger. Daraufhin soll Dr. Fischer kurz entgegnet haben, das sei ihm egal. Als Ehrenstadtrat Minkel, der seinerzeit den Ankauf der Grundstücke von Dr. Claus Fischer federführend betreute, meinte, dass er sich, sollte die Stadt im Ruin versinken, auch gleich erschießen könne, soll Dr. Claus Fischer ihm entgegnet haben, dass ihm das ebenfalls egal wäre. Solche Erfahrung veranlasste Klaus Minkel zu der Feststellung: „Wir hatten es mit einem Kläger zu tun, der aus zügelloser Geldgier bereit war, über Leichen zu gehen. Dabei hat kein Mensch auf der Welt durch die Beschlüsse der Stadt und meine Arbeit soviel Vorteile erlangt wie Dr. Claus Fischer. Er konnte sein sonst wenig gewinnbringendes Ackerland vergolden und hat Zig- Millionen erlöst. Zehn Jahre später wollte er durch sein Vorgehen gegen die Kaufverträge diesen Erfolg vervielfachen. Nie zuvor erlebten die Stadt und ich selbst größeren Undank“.

Dr. Claus Fischer dürfte mit seinem Vorgehen und befremdlichen Geschäftsgebahren nicht nur viel eigenes Porzellan zertrümmert haben, sondern er hat sich selbst noch finanziellen Schaden zugefügt. Unter Anlegung des geltenden Gebührenrechts dürften nämlich Prozesskosten von rund 5 Millionen Euro entstanden sein. Außerdem kann Fischer nicht mehr damit rechnen, dass sein großes Reiterhofgrundstück jenseits der B3 zu Bauland aufgewertet wird.

„Die Stadt ist Dr. Hansgeorg Jehner und ihrem Ehrenbürger Kurt Ochs zu immerwährendem Dank verpflichtet, weil beide einen unerhörten Einsatz bei der Abwehr der Fischer- Klagen gezeigt haben“, bringt Minkel die Anstrengungen auf den Punkt. Auf Seiten der Stadt engagierte er sich ganz besonders in diesem Prozess, da der Prozess-Stoff weitgehend aus seiner Zeit als Erster Stadtrat stammte. An die Belastungen durch den dreijährigen Prozess erinnert sich Minkel nur „mit Grauen“, da er in dieser Zeit auch noch drei von seinen fünf Krebsoperationen samt Komplikationen und langwieriger Nachbehandlung zu überstehen hatte. Heute, am Ende eines aufreibenden, dornigen Weges wirft sich Klaus Minkel vor, dass er überhaupt Verträge mit Dr. Claus Fischer abgeschlossen hat, obwohl es an warnenden Hinweisen wegen Dr. Claus Fischer nicht gefehlt hätte. Aber dann hätte es den neuen Stadtteil Dortelweil-West mit günstigen Angeboten für junge Familien und die enorme wirtschaftliche Entwicklung Bad Vilbels auch nicht gegeben.

Im Ergebnis hat es sich unterm Strich für Dr. Claus Fischer nicht ausgezahlt, gegen die Stadt vorzugehen. „Bei entschlossener Gegenwehr ist eine Stadt wie Bad Vilbel nicht leicht umzurennen“, ist Minkel stolz auf die Bündelung juristischer Kompetenz als Gegenpart und fügt hinzu: „Damit soll die Angelegenheit abgeschlossen sein. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist werden die städtischen Prozessakten für alle Zeiten ins städtische Archiv gelangen.“