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Diskussion „abgewürgt“

Koalition nimmt Debatte um den „Direkten Draht“ von der Tagesordnung

Sind mit dem Vorgehen von Parlamentschef Herbert Anders (CDU) gar nicht einverstanden: die Grünen-Spitzen Jens Matthias und Kathrin Anders. Foto: Kopp
Sind mit dem Vorgehen von Parlamentschef Herbert Anders (CDU) gar nicht einverstanden: die Grünen-Spitzen Jens Matthias und Kathrin Anders. Foto: Kopp

Viel Zündstoff wies eine Diskussion um Mitteilungen des Magistrats im Amtlichen Bekanntmachungsorgan „Bad Vilbeler Anzeiger“ im Stadtparlament aus. Dabei kam es sogar zu lautstarken Wortgefechten. Und einem Nachspiel.

Bad Vilbel. Die Diskrepanzen zwischen den Grünen im Bad Vilbeler Stadtparlament und Stadtrat Klaus Minkel (CDU) gehören zu den verlässlichen Konstanten. Ein weiteres Kapitel aufgeschlagen wurde am Dienstag, als die Grünen forderten, dass der „Direkte Draht“ im „Bad Vilbeler Anzeiger“ künftig mit dem Namen des Autoren kenntlich gemacht werden solle. Minkel nutzt die Rubrik des Öfteren für eine mehr als klare Wortwahl gegenüber seinen politischen Gegnern.

Im Zuge der Diskussion kam es dabei zu einem lautstarken Wortgefecht zwischen Grünen-Fraktionschef Jens Matthias und dem Stadtverordnetenvorsteher Herbert Anders (CDU). Letzterer hatte nämlich prüfen lassen, ob das Parlament überhaupt zu diesem Thema diskutieren dürfe. Dazu hatte Hauptamtsleiterin Petra Steinhuber-Honus den Hessischen Städte- und Gemeindebund befragt.

Und der zückte Paragraf 66 der Hessischen Gemeindeordnung. Darin heißt es in Absatz 2: „Der Gemeindevorstand hat die Bürger in geeigneter Weise, insbesondere durch öffentliche Rechenschaftsberichte, über wichtige Fragen der Gemeindeverwaltung zu unterrichten und das Interesse der Bürger an der Selbstverwaltung zu pflegen.“

Ältestenrat diskutiert

Ob nun in solchen Mitteilungen der Name des jeweiligen Stadtrats oder des Magistrats insgesamt zu lesen sein soll, war nicht zu finden. Für Anders hingegen reichte die Aussage aus, um das Thema von der Tagesordnung zu nehmen. Das erregte den Unmut von Matthias, es kam zum Wortgefecht und zur Sitzungsunterbrechung.

Der Ältestenrat empfahl nach 20-minütiger Diskussion mit den Stimmen von CDU und FDP und einem Verhältnis von 5:4, über das weitere Vorgehen abstimmen zu lassen. CDU, FDP und Freie Wähler lehnten dann auch eine weitere Diskussion ab.

Doch für Jens Matthias war die Sache noch nicht ausgestanden. In seiner Gegenrede sprach er von „einem Tiefpunkt, den wir hier erleben“. Matthias habe die Unabhängigkeit von Parlamentschef Anders bislang sehr geschätzt, diese Einschätzung habe aber einen „tiefen Knacks“ erfahren. Anders verwehrte sich dagegen und berief sich auf die Prüfung des Hauptamtes.

„Mittels zweifelhafter rechtlicher Gründe wurde eine politische Auseinandersetzung abgewürgt“, sagte Matthias im Nachgang. „Wir wollen, dass Ross und Reiter genannt werden. Offensichtlich hat die CDU Angst davor und ist sich nicht zu schade, erstmalig in der Geschichte des Stadtparlaments einen Antrag der Opposition im letzten Moment von der Agenda nehmen zu lassen.“ Die Co-Fraktionsvorsitzende Kathrin Anders ergänzte: „Anders hat sich von seiner CDU instrumentalisieren lassen, um die berechtigte Diskussion über teilweise unangemessene Sprache im Direkten Draht zu verhindern.“ Die Grünen wollen die rechtliche Stellungnahme nun schriftlich einfordern und überprüfen lassen.

Gefährlicher Schritt

Die SPD sprach davon, dass Anders’ Verhalten „Unverständnis und Zorn“ hervorgerufen habe. „Wir sind der Meinung, dass die Bevölkerung das Recht hat, zu erfahren, wer diese Schmähartikel verfasst hat“, so Fraktionschef Christian Kühl. „Erst als Anders im Ausschuss merkte, dass die Diskussion nicht positiv für die CDU verlief, kam er auf die Idee, die Zulässigkeit überprüfen zu lassen“, bemerkte Kühl.

Für seine Fraktion war das ein „gefährlicher Schritt in die falsche Richtung“. „In der heutigen Zeit sollten alle demokratischen Parteien zeigen, dass sie willens sind, auch unangenehme Diskussionen, bei denen man vielleicht schlecht abschneidet, nicht zu scheuen und sich nicht hinter irgendwelchen Paragrafen verstecken“, sagte Kühl.