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Disput um Heim im Grünen

Der Verkauf eines Grundstücks an die Konrektorin der Europäischen Schule sorgt für Unmut in Dortelweil. So flammt ein alter Zwist wieder auf, die Stadt wollte nämlich 2005 das gleiche Grundstück seinerzeit an den Dortelweiler FDP-Politiker Jörg-Uwe Hahn verkaufen.

Bad Vilbel. Die Lage ist idyllisch, der Blick auf die Nidda geradezu malerisch und unverbaubar. Klar, dass solch ein Grundstück mit der optimalen Größe von gut 600 Quadratmeter große Begehrlichkeiten und viel Interesse weckt. „Es ist ein Liebhabergrundstück“, sagt auch Immobilienmakler Roland Bresser aus Bad Vilbel, der in Dortelweil schon viele Häuser und Grundstücke vermittelt hat. Und es gibt zahlreiche Interessenten im Vilbeler Stadtteil, die nur allzu gerne dieses schöne Fleckchen Erde ihr Eigen nennen würden.

Nun hat es die Stadt Bad Vilbel verkauft – und zwar an Gitta Lotz, die Konrektorin der Europäischen Schule in Rhein-Main. Die Käuferin wollte sich gegenüber der Presse aber nicht näher zum Verkauf äußern, dafür sind andere Interessenten an dem Grundstück in Dortelweil ziemlich angefressen. „Wir sind genauso wie einige Nachbarn seit Jahren an dem Grundstück interessiert, und haben dies auch gegenüber der Stadt kundgetan. Trotzdem hat man uns nicht informiert“, schimpft Michael Huth, der in der Nähe, in einer Doppelhaushälfte zur Miete wohnt.

In der Tat hat die Stadt das Kaufbegehren der anderen Dortelweiler nicht berücksichtigt. Ein anderer Nachbar hat sogar schon seit 2004 regelmäßig geboten – und die Stadt davon in Kenntnis gesetzt, dass er bereit sei, das Höchstgebot um zehn Prozent zu überbieten.

Und das Grundstück hat eine Vorgeschichte: Vor fast zehn Jahren wollte die Stadt es schon mal ziemlich günstig an den Bad Vilbeler FDP-Politiker Jörg-Uwe-Hahn verkaufen. Nach kritischen Presseveröffentlichungen nahm Hahn jedoch von dem Kauf Abstand.

60 000 Euro verloren?

Nun, das Grundstück wurde jetzt für „gut 500 Euro pro Quadratmeter“ verkauft, wie Bastian Zander, Sprecher der Stadt Bad Vilbel, auf Nachfrage bestätigt hat. Der Verkaufswert liege sogar über dem offiziellen Bodenrichtwert der hessischen Verwaltung für Bodenmanagement (der liegt bei 400 Euro pro Quadratmeter). Immobilienmakler Bresser schätzt, dass man für dieses Filetstückchen gut 600 Euro pro Quadratmeter hätte erzielen können. So wären der Stadt hier bei einer Grundstücksgröße von 641 Quadratmetern rund 60 000 Euro verloren gegangen. Doch den Vorwurf der Verschwendung von Steuergeldern weist Stadtsprecher Zander weit von sich: „Wenn die Stadt Grundstücke an Privatpersonen verkauft, dann steht die Gewinnerzielung nicht im Vordergrund. Sonst hätten wir auch Dortelweil-West nicht bauen können.“

Anders sei es beim Verkauf von Immobilien an Gewerbetreibende wie im Quellenpark. Jüngst hatte Klaus Minkel, CDU-Stadtrat der Stadt Bad Vilbel und Werkleiter der Stadtwerke, in einem Zeitungsartikel „Der Bad Vilbeler Weg“ angekündigt, dass die Stadt die „sprunghafte Preisentwicklung am Grundstücksmarkt“ nutzen wolle, um sich mit dem Verkauf von städtischen Grundstücken in diesem Areal zu entschulden.

Er verwies auch darauf, dass die „bekämpfte Europäische Schule weder Stadt noch Stadtwerke Geld“ kosten würden. Zum Hintergrund: Die Stadtwerke haben das Schulgebäude als Bauträger errichtet und vermieten es jetzt an die Europäische Schule. Und wenn sich Interessenten an der Europäischen Schule anmelden möchten und Nachfragen zum Schulgeld haben, können sie sich laut Website der Schule beim Geschäftsführer der Europäischen Schule Rhein-Main informieren – der hat die Telefonnummer (0 61 01) 52 82 02 und dann meldet sich in der Regel Klaus Minkel am anderen Ende der Leitung.

Verdienste

Diese Verflechtung von Interessen stört Michael Huth und andere Interessenten an dem Verkauf des Grundstücks. Doch auch hier widerspricht Stadtsprecher Zander: Es sei vielmehr geläufige Praxis, dass die Stadt die Grundstücke der Grundstücksreserve an Vertreter „namhafter Firmen“, die sich hier ansiedeln und um die Kommune verdient machen, verkaufen könne.

Auch Albrecht Kliem vom brunnenstädtischen Liegenschaftsamt mailte einem der Interesssenten nach dessen Nichtberücksichtigung, dass „bei der nun erfolgten konkreten Auswahl auch besondere Gründe und Verdienste für die Stadt berücksichtigt“ worden seien. Im Übrigen sei der Verkauf von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen worden, wie Stadtsprecher Zander betont: „Das war ein ganz normaler Gremiengang.“ Und er weist auch darauf hin, dass das angrenzende Grundstück, das nicht bebauungsfähig sei und ebenfalls rund 500 Quadratmeter betrage, jetzt den Nachbarn zum Kauf angeboten werden soll.