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Ein Arme-Leute-Märchen

Kurt Werner Sänger veröffentlicht Geschichten im Hinterländer Platt

Kurt Sänger war früher auch als Musiker mit der Mundart-Gruppe „Odermennig“ unterwegs, Foto: Fauerbach
Kurt Sänger war früher auch als Musiker mit der Mundart-Gruppe „Odermennig“ unterwegs, Foto: Fauerbach

„Moiserisch Emil“, so heißt die humorvoll-kritische Geschichte, die der in Dortelweil lebende Journalist und Mundartdichter Kurt Werner Sänger veröffentlicht hat. Liebevoll bebildert hat sie die Frankfurter Illustratorin Leonore Poth. Wer den Dialekt nicht versteht, dem wird auf Hochdeutsch weiter geholfen.

Bad Vilbel. Geschrieben hat Kurt Werner Sänger den „Moiserisch Emil“ bereits vor 30 Jahren. Die in diesem Jahr vom Hanauer CoCon-Verlag als Kinderbuch veröffentlichte Geschichte, die auch als Satire im Dialekt gelesen werden kann, lebt vom Sprachwitz der Mundart. Obwohl Sänger bereits als Lehrling seine Heimatregion verließ, geboren und aufgewachsen ist er in Gönnern, einem Ortsteil der Gemeinde Angelburg im Landkreis Marburg Biedenkopf, hat er das Hinterländer Platt, „das eine Variante des Oberhessischen ist“ nie verlernt.

„Das Hinterländer Platt zählt zu den ältesten Dialekten in Hessen. Seine Strukturen sind noch teilweise aus dem Althochdeutschen ableitbar, das Lautsystem ist noch mit dem Mittelhochdeutschen verbunden. Der für fremde Ohren eigentümlich klingende Dialekt gehört den westmitteldeutschen-fränkischen Sprachgruppen an. Er bildet eine Brücke zwischen dem mittelhessischen, rheinfränkischen Süden sowie dem niederhessischen und niederdeutschen Norden“, informiert der Autor, der seit 1991 mit seiner Familie in Dortelweil wohnt.

Nach einer Lehre bei der Post, hat er Sozialarbeit in Fulda und Frankfurt studiert. Er arbeitete als Eisenbahnpacker und Flughafenarbeiter, als Sozial- und Personalverwalter in einem internationalen Verband der freien Wohlfahrtspflege in Frankfurt. Seit 1995 ist er freiberuflicher Journalist. Für Bündnis 90/Die Grünen wurde er bei der Kommunalwahl 2011 in den Dortelweiler Ortsbeirat gewählt. Aus der politischen Arbeit hat er sich inzwischen zurückgezogen und auf sein Mandat als Nachrücker ins Stadtparlament verzichtet.

Der „Moiserisch Emil“ ist ein Arme-Leute-Märchen, dass ausnahmsweise ein Happy End hat“, verrät der Autor. Held der Geschichte ist Mäuserich Emil, der ein sorgloses Mäuseleben im Hessischen Hinterland unter einem Kartoffelstrauch lebt, „weit fort von all den grauen, lauten Städten und dem Menschendurcheinander“. Die perfekt „Hinterländer Platt“ schwätzende Feldmaus ist mit sich und der Welt zufrieden, bis sie es mit eine Großstadtkatze zu tun bekommt.

„Hinter der Geschichte stecken sehr politische Aussagen“, betont Sänger. Er hat die Schreibweise der Dialekttexte in Lautgestalt übernommen. Beim direkten Vergleich zeigt sich: Der Dialekt ist direkter und treffender. Bei ihm kommen das Politische und Kritische, aber auch der Witz und Schalk besser heraus als im Hochdeutschen. Dadurch wird der „Moiserisch Emil“ zugleich ein Plädoyer für den Dialekt. Sänger lehnt eine „museale Verwendung“ aller Heimatidiome ab. Haben doch moderne Alltagsbegriffe wie „Wäbsaire“ (Webseite) und „daunloare“ (downloaden) längst Einzug in den Dialekt gehalten. „Sprache ist lebendig und stets dem Wandel unterworfen.“

Autor Sänger kommt wie sein Moiserisch Emil aus dem Hessi-schen Hinterland: „Meine Heimat-region ist der Altkreis Biedenkopf, der zum Großherzogtum Darmstadt gehörte. Aus Sicht der Darmstädter waren wir das Hinterland. Der Begriff wurde später übernommen.“ Bis heute schreibt und dichtet er am liebsten im Dialekt seines Heimatortes: „Sobald ich eine geografische Grenze überschreite, legt sich der Schalter im Kopf um, dann denke und fühle ich im Dialekt.“

Sänger lobt: „Leonore Poth hat die Geschichte auf Anhieb verstanden und auf die Sehgewohnheiten von Kindern umgesetzt.“


Leonore Poth und Kurt Werner Sänger: „Moiserisch Emil“, CoCon-Verlag, Hanau, 48 Seiten, 12,80 Euro.


Lesung in der Straußwirtschaft


Kurt Werner Sänger liest am Freitag, 28. Juli, 20 Uhr, in der Bad Vilbeler Straußwirtschaft Pfeiffer, Hasengasse 1, aus seinen Geschichten im Hinterländer Platt vor. Natürlich gibt es auch „Übersetzungen“. Geplant sind Ausschnitte aus „Moiserisch Emil“ „Huschemool & Guggemool“ aus „Deam Foks sain Duud oder Reinekes Ende“. Der Eintritt zur Lesung ist frei, Einlass ist ab 19 Uhr.

Auf www.highmatt.de stellt Kurt Werner Sänger seine bisher veröffentlichten Bücher vor. (fau)