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Ein bewegendes Frauenleben – Erbsenlesung mit Züricher Germanistin

Bad Vilbel. Martha Fontane war die Lieblingstochter des Schriftstellers Theodor Fontane. Sie und ihr Leben standen im Mittelpunkt der Erbsenlesung mit Regina Dieterle, die ihre Biografie „Die Tochter. Das Leben der Martha Fontane“ vorstellte. Doris Illian konnte zirka 50 Literaturfreunde im Kurhaussaal begrüßen. Die Züricher Germanistin schrieb 1996 ihre Dissertation über Martha Fontane, „Vater und Tochter. Erkundung einer erotisierten Beziehung in Leben und Werk Theodor Fontanes“.

Fontane sei „ein Autor, der unglaublich viele Vater-Tochter-Geschichten erzählt, in allen möglichen Varianten“. Das Wichtigste sei, dass die Vater-Tochter-Beziehung auch einen erotischen Aspekt habe und Vater und Tochter deswegen mit bestimmten Konflikten zurechtkommen müssten.

Material für ihre Biografie in Romanform fand die Autorin in sechs Archivschachteln mit 300 Briefen, Fotografien und weiteren Dokumenten aus Privatbesitz. Anhand der Korrespondenz erzählt Dieterle ein bewegendes Frauenleben im intellektuellen Berlin des Fin de Siècle, in einer preußischen Gesellschaft, die sich im Spannungsfeld zwischen Weltoffenheit und Klassendenken bewegte. Der oft tägliche Briefwechsel über viele Jahre zwischen Vater und Tochter zeichnet sich durch Sprachwitz, Offenheit und kluge Lebensweisheiten aus. „Martha war eine hochinteressante, intelligente Frau gewesen, eine Briefkünstlerin und ein Plaudertalent“, lobte Dieterle. Sie war begabt und gefährdet. Doch Mete, wie Martha genannt wurde, litt zeitlebens an Depressionen. Im Alter von 56 Jahren nahm sie sich 1917 mit einem Sturz aus dem Fenster auf ihrem Landgut in Waren, Mecklenburg, das Leben. (fau)