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Ein Schlag ins Kontor: – Vilbels größter Steuerzahler räumt das Feld • Ist das der Anfang des Abschieds?

Bad Vilbel. Die Stada AG wird kein Hochregallager in Dortelweil „Auf der Scheer“ bauen. Der Bad Vilbeler Pharmakonzern zog seine Pläne zurück. Unternehmenssprecher Axel Müller begründete die Entscheidung mit weiteren zeitlichen Verzögerungen, die sich aus drohenden Klagen von Anwohnern ergäben. Jetzt sucht die Stada nach einem neuen Standort – im Umkreis von rund 80 Kilometern. Die Folgen für Bad Vilbel: Das Bauland liegt weiter brach und 60 der insgesamt 600 Stada-Mitarbeiter werden von der Brunnenstadt an den neuen Hochregalstandort versetzt. Wodurch sich laut Bürgermeister Thomas Stöhr auch steuerliche Einbußen für die Stadt ergeben. Stöhr verkündete die schlechte Nachricht am 15. Februar während einer Pressekonferenz im Rathaus – gemeinsam mit Stada-Sprecher Axel Müller und zwei weiteren Mitarbeitern aus der Kommunikationsabteilung des Medikamentenherstellers. „Die Vertreter der Stadt und der Stada sind zu der gemeinsamen Einschätzung gekommen, dass aus heutiger Sicht nicht mehr von einem zügigen, abschließend rechtssicheren Planungshorizont für Beginn und Fertigstellung des ersten Bauabschnittes des Stada-Lagers am Standort Auf der Scheer ausgegangen werden kann“, erklärte Stöhr. „Angesichts zahlreicher im Rahmen der Offenlegung eingelegter Widersprüche gegen die Bebauungsplanänderungen sowie einer baurechtlichen Gesamtbewertung des Projektes in einem Gespräch beim Regierungspräsidium am 17. Januar 2007 ist mit einem langwierigen weiteren Genehmigungsverfahren zu rechnen.“ Zudem hätten bereits mehrere Anwohner zu rechtlichen Schritten gegen eine etwaige Genehmigung des Projektes aufgerufen.

Stöhr machte gute Miene zum bösen Spiel: „Die Vertreter der Stadt Bad Vilbel bedauern diese Entwicklung sehr, haben jedoch auch Verständnis dafür, dass die Firma Stada das Projekt nicht weiter zeitlich verschieben kann.“ Der 1998 zwischen der Stadt und dem Pharmakonzern geschlossene Erbbaupachtvertrag für das 38 229 Quadratmeter große Scheer-Gelände werde aufgrund des eingeräumten Rücktrittsrechtes „rückabgewickelt“, also für nichtig erklärt.

„Wir hätten gerne dort gebaut und es auch rechtlich für möglich gehalten“, betonte Müller mit Blick auf das Gelände, das nur auf der anderen Straßenseite der Stada-Hauptverwaltung gelegen hätte. „Wenn wir noch weiter gewartet hätten, wäre unserem Unternehmen Schaden entstanden“ – schließlich stehe die Stada als international stark expandierendes Unternehmen unter starkem Wettbewerbsdruck. „Wir platzen aus allen Nähten und brauchen schnell das Hochregallager“, so Müller. Scharfe Kritik übte der Stada-Sprecher an den Anwohnern: „Sie verfolgten ganz massiv und ausschließlich finanzielle Interessen!“ Ihre Häuser würden durch den Bau des 35 Meter hohen Lagers in unmittelbarer Nähe wertlos. Das sei Unsinn, so Müller, und durch aktuelle Grundstückskäufe widerlegt. „Die Anwohner wollten nur erreichen, dass wir mit Schecks durch die Siedlung gehen – das lehnen wir ab!“

Ein anderer Standort in Bad Vilbel – wie von der SPD mit der „Krebsschere“ ins Gespräch gebracht – sei indiskutabel gewesen, weil noch teurer und schlechter angebunden. Müller warf den Genossen vor, nach einem Treffen bei der Stada so getan zu haben, als schließe das Unternehmen den Alternativstandort nicht aus. „SPD und Grüne wollten nur die Anwohner-Interessen und deren Grundstücksspekulationen bedienen.“ Müller dankte ausdrücklich der Stadt und den kommunalen Gremien – „nicht, weil wir eine Vorzugsbehandlung bekamen, sondern weil sie sich sachlich und korrekt mit dem Thema auseinandergesetzt haben“. Außerdem könne man nicht auf jeden Anwohner-Einwurf reagieren – „dafür ist das Projekt in unserem Konzern zu unwichtig“. In einem waren sich der Bürgermeister und der Stada-Sprecher einig: Die Anwohner haben ihr Ziel erreicht und das Projekt verhindert.

Das Gelände „Auf der Scheer“ soll laut Stöhr weiter für Gewerbeansiedlung genutzt werden, „aber wir halten uns auch die Option für weitere Wohnbebauung offen“.

Unterdessen gibt es bereits ein Angebot für das Stada-Lager von der Stadt Friedberg.

Kein Interesse an einem solchen Lager hat dagegen Bad Vilbels Nachbarstadt Karben. Man habe keine passenden, erschlossenen Gewerbeflächen, sagt Bürgermeister Roland Schulz (SPD). Er lehnt ein solches Solo-Lager grundsätzlich ab, weil die Stada ja ihre Gewerbesteuer weiterhin in Bad Vilbel zahle, Dreck und Lärm dagegen auslagere. (fnp)