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Eine Stadt für alle

Baupläne für preisgünstige Wohnungen im Stadtparlament verabschiedet

Ungewohnter Andrang herrschte bei der jüngsten Sitzung des Bad Vilbeler Stadtparlamentes im Kultur- und Sportforum Dortelweil. Foto: Kopp
Ungewohnter Andrang herrschte bei der jüngsten Sitzung des Bad Vilbeler Stadtparlamentes im Kultur- und Sportforum Dortelweil. Foto: Kopp

Bewusst unaufgeregt hat das Bad Vilbeler Stadtparlament in seiner jüngsten Sitzung mehrere Bebauungspläne auf den Weg gebracht, die zur Gründung von zwei Bürgerinitiativen geführt haben. Nach größtenteils einstimmigen Beschlüssen können nun detaillierte Planungen in der Kernstadt, Massenheim, Dortelweil und auf dem Heilsberg beginnen.

Bad Vilbel. Der Andrang im Kultur- und Sportforum war groß, als die Aufstellung der Bebauungspläne im Berkersheimer Weg am Südbahnhof, Auf dem Harheimer Weg in Massenheim, im Lehnfurther Weg in Dortelweil und in der Steubenstraße auf dem Heilsberg auf der Tagesordnung stand. Manchen Bürgern merkte man an, dass sie erstmals das Parlament ihrer Stadt besuchten, eine Bürgerin will sich gar mitten in die Reihen der Stadtverordneten setzen. Letztlich sind es über 60 Bad Vilbeler, die die Diskussion um die Ansiedlung von Gering- und Mittelverdienern und auch anerkannten Flüchtlingen verfolgen wollten.

Dauerhaft weg

Nach ausgiebigen Diskussionen in den Ortsbeiräten und im Bauausschuss behandelte das Parlament die Themen en bloc. Der Grundsatz zu den Vorhaben war gleich, doch die Gegebenheiten waren unterschiedlich. Ganz aus dem Schema fällt die geplante Bebauung in der Steubenstraße auf dem Heilsberg, wo Häuser für Ehrenamtliche – insbesondere Feuerwehrleute – entstehen sollen.

Doch Eigentum war hier der SPD-Fraktion und vor allem den Grünen ein Dorn im Auge. Die Grundstücke wären dauerhaft weg, Mietwohnungen oder Erbpacht erschienen den Fraktionen hier als bessere Variante. Dies war dann aber auch das einzige Baugebiet, bei dem sich die Grünen enthielten. Ansonsten fielen einstimmige Beschlüsse.

Erster Stadtrat Sebastian Wysocki (CDU) stellte heraus, dass mit dem getroffenen Votum noch nicht klar sei, wie groß die Häuser werden und ob die Vorhaben überhaupt umzusetzen seien. „Wir gehen jetzt an die Grundlagenermittlungen heran“, sagte er. Bei den recht neuen Gesetzen 13 a und 13 b des Baugesetzbuches handele es sich auch nicht um Lücken, die die Stadt nun ausnutze, sondern um den „Wunsch des Gesetzgebers“, neue Wohnungen schaffen zu können.

Doch Ralph Mallmann (Grüne)hatte damit so seine Probleme. Daran sei auch die Wohnsitzauflage für Flüchtlinge schuld. „Wir machen das nicht, weil wir wollen, sondern weil wir müssen“, begründet er den Vorstoß, gleich so massiv Wohnungen zu bauen. Auch kritisierte Mallmann die „Beliebigkeit der Argumente“, mit der je nach Baugebiet vorgegangen werde. Die Chance auf günstigen Wohnraum habe es im Quellenpark gegeben, „doch da hatte man die Euro-Zeichen in den Augen“, pflichtete ihm SPD-Fraktionschef Christian Kühl bei.

Kritisch begleiten

Überhaupt sei die Schaffung von Wohnraum für geringere Einkommen keine Herzensangelegenheit der Stadtregierung, nun würden Baupläne erstellt, bei denen zumindest in Massenheim und im Berkersheimer Weg nicht klar sei, ob sie umsetzbar sind. Die SPD stimme dem Ansinnen trotzdem zu, „doch wir bieten allen Bürgerinitiativen jederzeit Gespräche an und werden den Prozess kritisch begleiten“. Das Vorhaben jetzt sei nur ein kleiner Schritt zu einer Stadt für alle, was Kühl den Applaus des Publikums einbrachte.

Unisono verurteilten die Fraktionen die Flyer-Aktion in Massenheim, die vor „sozialen Brennpunkten“ warnte (wir berichteten). Martin Gecks (FW) griff die Inhalte auf und sprach von der Gefahr von Molotow-Cocktails und brennenden Flüchtlingsheimen.

An solche Szenarien wollte aber im Parlament niemand glauben. Irene Utter (CDU) beruhigte und sagte, dass sie sich solche Übergriffe in Massenheim nicht vorstellen könne. Zumal es ja auch nicht um Flüchtlingsheime gehe, sondern um ein Wohngebiet für Menschen, die sich teure Mieten nicht leisten könnten. In Massenheim komme hinzu, dass dort die Möglichkeit bestehe, Häuser für Ehrenamtliche zu bauen und sogar Platz für eine Grundschule zu schaffen.

Flüchtlinge einbinden

Die Diskussion mündete letztlich in einen Begleitbeschluss aus der Feder der SPD: Der sah vor, dass in diesem Massenheimer Bereich auch Ideen der Vergangenheit realisiert werden könnten. Etwa generationenübergreifendes Wohnen beispielsweise von Studenten und Rentnern. Auch Flüchtlinge könnten hier eingebunden werden.


Gegen die Bebauungspläne formieren sich Bürgerinitiativen. Der Initiative „Erhaltet die Siesmayeranlage“ sind nach eigenen Angaben bereits über 60 Bürgerinnen und Bürger beigetreten, eine Homepage ist unter www.siesmayeranlage-erhalten.de zu finden.