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Halbzeitbilanz: 56 000 Besucher – Musical auf Rekordkurs

Sie zeigten sich zufrieden mit dem bisherigen Saisonverlauf: Bürgermeister Thomas Stöhr, Dramaturgin Ruth Schröfel und dem Intendant der Festspiele, Claus-Günther Kunzmann. Foto: Gottschalk
Sie zeigten sich zufrieden mit dem bisherigen Saisonverlauf: Bürgermeister Thomas Stöhr, Dramaturgin Ruth Schröfel und dem Intendant der Festspiele, Claus-Günther Kunzmann. Foto: Gottschalk

Bad Vilbel. Am 8. September fällt auf der Wasserburg der letzte Vorhang der Theatersaison 2019. Bis dahin ist bei den Burgfestspielen aber noch einiges los. Das wurde vorige Woche auf der Halbzeit-Pressekonferenz klar. Ein bestens gelaunter Intendant Claus-Günther Kunzmann zog dort die erste Zwischenbilanz: »Die Reaktionen der Zuschauer sind sehr positiv. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder. Wir stehen ziemlich gut da.«
Bis zum Stichtag 20. Juli hatten demnach rund 56 000 Besucher eine der zehn diesjährigen Eigenproduktionen gesehen – gut 3000 mehr als in den beiden Vorjahren und genauso viele wie im Rekordjahr 2016. Und weitere Gäste sind so gut wie sicher: 95 000 Tickets sind bis heute verkauft worden. 103 000 Besucher wie im Jahr 2018 dürfte Vilbels kulturelles Aushängeschild also mindestens wieder schaffen, glaubt Kunzmann – so lange alles ohne Komplikationen weiterläuft.
kurzfristige ausfälle
»Wir hatten bislang sehr schönes Wetter. Das hat uns mit Sicherheit geholfen«, sagte der Kulturdezernent. Wenn aber eine anhaltende Hitzewelle kommen sollte, fürchtet er, manch Zuschauer könnte die engen Sitzreihen der Tribüne gegen weniger kuschlige und deutlich luftigere Plätzchen tauschen wollen.
Überraschen konnte dieses Jahr das Disco-Musical »Saturday Night Fever«, das den Kultfilm mit den Songs der Bee Gees nacherzählt. Es sei auf dem besten Weg, einen neuen Zuschauerrekord aufzustellen, so Kunzmann. Die bis dato erfolgreichste Inszenierung ist »Evita« aus dem Jahr 2016. 16 000 Zuschauer sahen das Polit-Musical damals bis Saisonmitte. Bei »Saturday Night Fever« sind es im gleichen Zeitraum schon 18 500. »Wir haben wohl einen Nerv getroffen«, sagte Kunzmann.
Umso erstaunlicher, stand die Produktion des poppigen Spektakels anfangs doch unter einem schlechten Stern. Drei Tage vor der Premiere habe sich einer der Darsteller verletzt, erinnerete der Intendant. Tags darauf erwischte es dann auch noch den Ersatz, sodass eine zweite Neubesetzung engagiert werden musste.
»Das war eine gewaltige Herausforderung, die das Ensemble großartig gemeistert hat«, lobte Dramaturgin Ruth Schröfel, die auch zwei weitere kurzfristige Ausfälle zu beklagen hatte – einen davon in der Hauptrolle für »Emil und die Detektive«. Kunzmann: »Ausfälle kommen immer mal vor. Aber in einem Ausmaß wie dieses Jahr, hab ich das noch nie erlebt.«
Richtige Entscheidung
Jeweils circa 10 000 Menschen sahen die großen Produktionen »Pension Schöller«, »Shakespeare in Love« und »Maria ihm schmeckt’s nicht«, das nach 2018 zum zweiten Mal aufgelegt wurde. »Bei Wiederaufnahmen sind wir sonst zögerlich. Aber hier war es die richtige Entscheidung«, urteilte Kunzmann über die Verulkung einer deutsch-italienischen Hochzeit.
Das meiste Potenzial sieht der Burgherr für die kommenden zwei Monaten in Shakespeare, das mit Fernsehstar Bert Tischendorf und spektakulären Degen-Kämpfen eigentlich als einer der Erfolgsgaranten galt, bisher aber hinter den Erwartungen zurückblieb.
Mit zusammengerechnet 50 000 verkauften Karten liefen alle Abendvorstellungen aber besser als vermutet. Ebenfalls zufrieden ist Kunzmann mit den Inszenierungen des Familientheaters, ein Bereich, in dem viel ausprobiert werde, der aber trotzdem 34 000 Tickets unter die Leute gebracht habe. Als kleiner Coup gilt für den Intendanten die sonntägliche 15 Uhr-Vorstellung, die so gut wie immer ausverkauft war, weshalb das Angebot nächstes Jahr ausgebaut werden soll.
Auch im Theaterkeller liegen die Stücke »Frau Müller muss weg« und »Der dressierte Mann« mit 1700 und 1100 Zuschauern im Soll. Lediglich bei »1984« habe man sich verschätzt. Die Zukunfts-Dystopie wurde vor allem vormittags aufgeführt, um für Schulklassen attraktiv zu sein. Mit dem Effekt, dass die wenigen späten Vorstellungen, wie am kommenden Wochenende, schnell ausgebucht waren.
»Wir können nicht nur was die Zuschauerzahlen betrifft sehr zufrieden sein, sondern auch, was die Arbeit vor und hinter der Bühne angeht«, lobte Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU). Die Stadt hat 600 000 Euro zum diesjährigen 3,5 Millionen Euro großen Gesamtbudget beigesteuert. »Die Burgfestspiele haben sich in den letzten Jahren ausgesprochen gut entwickelt«, bekräftigte das Stadtoberhaupt, das aber bei den öffentlichen Fördersummen, etwa von Länderseite, noch Luft nach oben sieht. Überzeugende Argumente dürfte er im September präsentieren können: Dann ist es Zeit fürs abschließende Fazit.
Von Alexander Gottschalk