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Körpersprache ist das A und O

Aufrechte Haltung, Blick in die Augen des Gegenübers: Christina Hegerding vermittelt in ihren Kursen die Grundlagen der Selbstbehauptung. Foto: Privat
Aufrechte Haltung, Blick in die Augen des Gegenübers: Christina Hegerding vermittelt in ihren Kursen die Grundlagen der Selbstbehauptung. Foto: Privat

Christina Hegerding leitet »Schlaukopf-Sicherheitstrainings«

Karben. Von einfachen Hänseleien auf dem Schulhof über Cybermobbing bis hin zu sexualisierter Gewalt: Es gibt viele brenzlige Situationen, in denen Kinder und Jugendliche von aufrechter Haltung, Selbstbewusstsein und dem Setzen klarer Grenzen profitieren. Christina Hegerding vermittelt dies in einem »Schlaukopf-Sicherheitstraining« im Karbener Mütter- und Familienzentrum (Müze).

Frau Hegerding, worin unterscheidet sich ein sicheres Kind von einem unsicheren Kind?
Körpersprache und Blickkontakt sind die zwei grundlegendsten Dinge. Hier beginnt Selbstverteidigung bereits. Wenn sich ein Kind sicher und selbstbewusst fühlt, dann strahlt es das in seiner Körpersprache aus – und dann kann das Kind Menschen auch in die Augen schauen. Das gilt übrigens auch umgekehrt: Eine starke Körperhaltung macht ein sicheres Gefühl.

Wie kann man Körpergefühl lernen?
Am besten in Rollenspielen: In meinen Trainings schlüpfen die Kinder in verschiedene Rollen, in jene des »Schlaukopf-Kindes«, also des schlau-stark-mutigen Kindes, und in jene des gemeinen, ärgernden Kindes, aber auch des ängstlichen Kindes. Wenn sie einmal spielerisch die Erfahrung gemacht haben, wie sie diesen »Löwen in sich wecken« – so nennen wir es –, dann legen sie das nicht mehr ab. Dann möchten sie das gar nicht mehr ablegen.

Also ist die Körpersprache die Basis der Selbstverteidigung?
Genau genommen sind es zwei Säulen: Die Körpersprache, denn Täter suchen sich bewusst »Opfer« und keine starken Menschen aus, und Strategien für den Worst Case. Kann man in der brenzligen Situation blitzschnell umschalten und Gegenwehr leisten, dann trifft das den Täter in einem Überraschungsmoment.

Wie schaut das aber im Internet aus? Die Gefahr des Cybermobbings ist heute schließlich sehr präsent.
Das ist in der Tat schwieriger. Stärke ausstrahlen bedeutet hier zum Beispiel, auf entsprechende Kommentare, die in dieser gesichtslosen Umgebung ja massiv sein können, richtig zu reagieren. Dass auch in Klassen-Chats Grenzen ausgetestet werden, ist ganz normal. Umso wichtiger ist es, durch ein entsprechend eigenes Verhalten auch virtuelle Grenzen zu setzen, indem beispielsweise persönliche Daten oder Fotos nicht herausgegeben oder Beweise gesammelt werden, aber nicht direkt auf Gemeinheiten geantwortet wird. Das thematisiere ich regelmäßig mit Schülern ab der dritten Klasse. Außerdem gebe ich Elternabende zu dem Thema. Denn schließlich kommt hier eine weitere wichtige Regel der Selbstverteidigung zum Tragen: Bleibe nie allein, hol dir Hilfe. Gerade im Umgang mit dem Internet ist wichtig, dass Eltern wissen, wie sie diese Hilfestellung geben können.

Kann man ganz pauschal sagen, dass durch Cybermobbing die Gefahr für Kinder zunimmt?
Das ist schwer, so pauschal zu sagen. Was ich aber durchaus beobachte, ist, dass Kinder grenzenloser werden. Früher hätte man beispielsweise nicht mehr noch zugetreten, wenn das Gegenüber schon auf dem Boden liegt. Umso wichtiger ist es, früh eigene Grenzen zu setzen.

Das gilt ja insbesondere im Bereich der sexualisierten Gewalt?
Genau, in Trainings mit den Kindern spreche ich daher ganz offen an, wie man »Nein« sagt bei ungewollten Berührungen und Annäherungen. Es ist wichtig, dass die Kinder den Satz »Mein Körper gehört mir« verstehen und verinnerlichen. Dies gilt übrigens auch im Bekanntenkreis oder sogar gegenüber den Eltern, mit denen ich da auch offen drüber spreche: Ein Gute-Nacht-Kuss sollte nur gegeben werden, wenn dies beide Seiten möchten. Das Problem ist, dass gerade sexualisierte Gewalt in einem Großteil der Fälle im engen Bekannten- und Familienkreis stattfindet – und daher meist unangezeigt bleibt. Daher finde ich es wichtig, auch Trainings im Klassenverbund zu geben und nicht nur in Kursen, in denen Eltern ihre Kinder anmelden.
Die Fragen stellte Jana Kötter

Christina Hegerding kam über ihre drei Kinder zum Schlaukopf-Sicherheitstraining: Sie waren von den Kursen so begeistert, dass sie nach Aus- und Weiterbildungen nun Kurse für Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für Vorschul- und Schulkinder sowie für Mädchen und Frauen ab 14 Jahren gibt. (jkö)

Ferienkurse im Müze – Angebote für Kinder der Schulklassen drei bis fünf

Karben. Für Schulkinder der dritten bis fünften Klasse gibt Christina Hegerding in der letzten Woche der Sommerferien ein sogenanntes »Schlaukopf-Sicherheitstraining« im Mütter- und Familienzentrum (Müze) in Burg-Gräfenrode. Vom 11. bis 14. August (Dienstag bis Freitag)  lernen jeweils sechs Kinder von 15.45 bis 16.45 Uhr oder von 17.30 bis 18.30 Uhr die Grundlagen der Selbstverteidigung kennen.
Die wichtigen Komponenten sind die Selbstbehauptung gegenüber anderen Kindern sowie die Selbstbehauptung  gegenüber Erwachsenen zum Schutz vor Entführung und sexueller Gewalt. Die Teilnahme kostet 55 Euro für Nichtmitglieder, 50 Euro für Mitglieder. Anmeldung und weitere Auskünfte im Müze-Büro, Telefon (0 60 34) 5098974 oder bei Christina Hegerding, Telefon (01 60) 6 12 62 11. (jkö)