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„Kontakt zur Landwirtschaft verloren“

Landwirt Andreas Gangel informiert beim Nabu über seinen Beruf. Foto: Privat
Landwirt Andreas Gangel informiert beim Nabu über seinen Beruf. Foto: Privat

Karben. »Die Bevölkerung hat den Kontakt zur Landwirtschaft verloren«, erklärte Landwirt Andreas Gangel kürzlich beim Karbener NABU. Unlängst sei er mit dem Traktor an einer Gruppe Kita-Kindern mit ihrer Erzieherin vorbei gefahren, die Erzieherin habe sich daraufhin die Nase zugehalten, die Kinder hätten das Zuhalten der Nase nachgemacht. Das sei für ihn befremdlich.
Im voll besetzten kleinen Saal des Bürgerzentrums informierte Gangel darüber, wie er seine Ländereien bewirtschaftet und mit welchen Problemen die Landwirte zu kämpfen hätten. In den vergangenen zehn bis 15 Jahren habe es eine dramatische Abnahme der selbstständigen landwirtschaftlichen Betriebe gegeben, sagte der Okarbener Landwirt. Kleinere Betriebe, wie es sie in der südlichen Wetterau gebe, seien nicht konkurrenzfähig und gegenüber der Agrarindustrie im Nachteil.
Chance Sonderkultur
Einzige Überlebenschance sei, sich breiter aufzustellen: Sonderkulturen wie Erdbeeren zum Selberpflücken, Winterbraugerste oder Soja neben den Grundfrüchten wie Winterweizen, Zuckerrüben und Kartoffeln anzubauen. Aber: Sonderkulturen erforderten spezielle Kenntnisse. Gangel verteidigte den Silomais, in den Feldern würden Rebhühner, Wildschweine, Hasen und viele Vogelarten ein nützliches Biotop finden. »Mais ist ein Energielieferant für die Biogasanlage, der kaum zu schlagen ist«, sagte Gangel.
Die biologische und auch die konventionelle Landwirtschaft seien mit hohen unternehmerischen Risiken verbunden. Wenn es nicht genügend Feuchtigkeit gebe, drohten Ernteausfälle. Einen breiten Raum nahm im Vortrag die Grundwasserbelastung mit Nitrat ein. Maßgeblich seien in Deutschland anfangs nur 128 und dann 700 Messstellen, während andere EU-Länder viele Tausend Messstellen hätten und ein sehr viel differenzierteres Bild liefern könnten. Er vermute, dass Deutschland bewusst Bereiche für die Messstellen ausgesucht habe, wo die Messwerte im Zusammenhang mit der Nitratbelastung deutlich höher lägen als im Durchschnitt des Landes. Deshalb sähe die EU-Kommission gerade in Deutschland die größten Verstöße und habe hohe Strafzahlungen angedroht. Außerdem gebe es kein klares Regelwerk, wie die Messsonden angelegt werden sollten. Jedem Land werde selbst überlassen, wie die Messergebnisse zustande kommen.
Mit dem Entwurf der Neufassung der Düngerverordnung (DVO) sollen dort die Landwirte mit 20 Prozent unter Bedarf ihre Kulturen ernähren. »Damit können wir keine notwendigen Erträge erzielen«, kritisiert Gangel. Das sei auch ein Grund für die Proteste der Landwirte.
Gangel kritisierte, dass im gemeinsamen Markt nicht gleiche Wettbewerbsregeln gelten würden. Ein Problem sei der Mindestlohn für Hilfskräfte, das Lohnniveau wäre in Deutschland wesentlich höher als in Osteuropa. Hinzu käme: »In unserem Land sind wichtige Pflanzenschutzmittel verboten. Andere EU-Länder wie Italien und Spanien und besonders in Osteuropa stützen ihre Landwirtschaft durch Ausnahmeregelungen im Pflanzenschutzmitteleinsatz.« An den Weltmärkten stünden die Produkte direkt in Konkurrenz zueinander. (zlp)