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Kuhnlein „bildhauert“ – „Die Stellvertreter“ in historischem Spannungsbogen

Bad Vilbel. Bildhauer Andreas Kuhnlein schält seine Werke nicht mit Hohleisen, Klöpfel und Schnitzmesser aus dem Klotz, vielmehr bearbeitet er das Holz mit der Motorsäge, womit er Vorsprünge, Schnitte, Zerkleinerungen oder Maserungen im und am Hartholz zeigen kann. Er belässt „sein Holz“ bei seiner natürlichen Struktur und Konsistenz, bedient sich letztlich der natürlichen Eigenschaft des Materials und betrachtet diese auch als wesentliche Komponenten seiner ästhetischen Aussage, berichtet Claus-Günther Kunzmann vom quellenstädtischen Fachbereich Kultur.

Der Bildhauer setze dieser Naturwirklichkeit seine Kunstwirklichkeit entgegen. Mittels der Motorsäge gestaltet Kuhlein „kräftig und auch bewusst ruppig seine Menschenbilder, womit dem Betrachter die Wechselwirkung zwischen Volumen und Raum sinnfälliger erscheint“. Das Ein-, Auf und Unterschneiden des Holzes zerklüfte und entmaterialisiere tendenziell den einstigen Holzblock. Ein fast impressionistisch zu nennendes Spiel von Licht und Schatten überziehe die Oberfläche „seiner Menschen“, nehme ihnen ihren statuarischen oder auch statischen Charakter.

Andreas Kuhnleins Skulpturen entspringen nicht nur den Bedingungen des Materials und der handwerklichen Technik, sondern auch den Gesetzen seines „Formsehens“ und letztlich der Spontaneität seiner Inspirationen, heißt es in der Ankündigung der Ausstellung. Diese Bedingungen stünden einerseits für die Widerstandsfähigkeit des Holzkerns, andererseits für die Verletzlichkeit im metaphorischen Sinne. Ein nahezu mythisches Element von Kampf und Duldung, Ertragen, Wachstum und Durchsetzungskraft ziehe sich durch sein Werk nach 1995. Im historischen Spannungsbogen zwischen altem königlichen (Alte Mühle und Burg) und kirchlichen Besitz (Burg und St. Nikolaus Kirche) ist vom 27. Mai bis Mitte September die Werke „Die Stellvertreter“ sowie „Der Thronende“ ausgestellt. Die Ausstellung wird am Freitag, 27. Mai, um 14 Uhr eröffnet.

Geboren und aufgewachsen ist Andreas Kuhnlein auf einem Bauernhof in Unterwössen im Chiemgau, wo er auch heute noch lebt. Er absolvierte eine Schreinerlehre, ging aber nach seinen Gesellenjahren zum Bundesgrenzschutz. Hier war er in den 1970er Jahren in der Terrorbekämpfung eingesetzt. Er war mit der RAF Schleyer-Entführung und Anti-Atomkraft-Demonstrationen konfrontiert. Er war auch an der Grenze zur ehemaligen DDR auf Streife unterwegs.

1981 schied Kuhnlein aus dem Polizeidienst aus und übernahm die Landwirtschaft seines Großvaters und wollte zum Nebenerwerb in einem Schreinerbetrieb arbeiten. An diesem Punkt erkannte er, dass sein Weg in Richtung Kunst führte. Er begann zu schnitzen und entdeckte sein Gefühl für Proportionen. 1983 machte er sich als Schnitzer selbständig und ist nun seit 1990 freischaffender Bildhauer. Bis heute hatte er weit über 100 Einzelausstellungen seiner Werke und mehr als 100 Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland. (sam)