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Pfarrer sagt „A-Dieu“

Hans-Karl Heinrich geht nach 20 Jahren in Gronau und Niederdorfelden in Ruhestand

Pfarrer Hans-Karl Heinrich (rechts) vor der evangelischen Kirche in Niederdorfelden mit Bürgermeister Klaus Büttner. Foto: Lori
Pfarrer Hans-Karl Heinrich (rechts) vor der evangelischen Kirche in Niederdorfelden mit Bürgermeister Klaus Büttner. Foto: Lori

Im Jahr 1996 hat Pfarrer Hans-Karl Heinrich die evangelischen Pfarrgemeinden Niederdorfelden und Gronau übernommen. Heinrich war 20 Jahre eng mit seinen Schäfchen verbunden. Am 25. September dieses Jahres findet nun seine offizielle Verabschiedung statt. Vor einem Monat schon ist Heinrich von Gronau nach Nieder-Florstadt gezogen.

Niederdorfelden/Bad Vilbel. Im blauen Ledersessel seines Büros im Rathaus wartet Niederdorfeldens Bürgermeister Klaus Büttner (SPD) auf Pfarrer Heinrich. Während er von ihm spricht, schwingt Melancholie in seiner Stimme mit. „Ich habe Pfarrer Heinrich sehr geschätzt. Er war für unsere Gemeinde ein Glücksfall“, sagt er. Dessen Weggang werde er zutiefst bedauern, denn Heinrich habe sich zu 100 Prozent mit Niederdorfelden identifiziert.

Zwanzig Minuten später betritt der „Pfarrer mit Migrationshintergrund“ das Zimmer. Am 28. Januar 1954 geboren, ist Heinrich in Weidenbach im Kreis Kronstadt in Siebenbürgen/Rumänien aufgewachsen. Nach dem Abitur hat er Theologie studiert. „Im real existierenden Sozialismus hatte dieser Wunsch von mir etwas mit innerer Emigration zu tun“, sagt Heinrich. Sein großes Vorbild sei Pfarrer Oskar Löffler gewesen, der ihn getauft und konfirmiert habe. Laut Heinrich verkörperte Löffler die Menschenfreundlichkeit Gottes und lehrte Toleranz.

1973 begann Heinrich in Hermannstadt, der europäischen Kulturhauptstadt 2007, mit dem Studium der evangelischen Theologie. Doch sein Leben als Student brach bereits nach fünf Wochen ab, als er zum Militärdienst in die rumänische Armee einberufen wurde. Der damals 19-Jährige diente von November bis Juni. Zwar war er als angehender Theologe nicht vom Militärdienst befreit, kam jedoch in den Vorzug eines Militärdienstes mit reduziertem Zeitablauf.

Gute Zeit, viel Arbeit

Von 1974 bis 79 studierte er Theologie und leistete sein Vikariat ab. 1979 trat er seine erste Pfarrstelle in der Nähe von Mediasch in Siebenbürgen an.

„Inzwischen hatte ich geheiratet und war Vater eines eineinhalbjährigen Sohnes“, sagt Heinrich. 1984 wechselte er in die Industriestadt Fogarasch. Er blieb elf Jahre und erlebte „eine gute Zeit mit viel Arbeit“.

1985 wurde sein zweiter Sohn geboren, 1990 der dritte Sohn. Nach der Grenzöffnung 1989/90 seien die meisten Deutschen aus Siebenbürgen und Rumänien nach Deutschland gegangen. Wegen der großen sozialen Verantwortung als Theologe blieb Heinrich mit seiner Familie fünf weitere Jahre im Land. Im Dezember 1995 kam auch er mit seiner Familie in Deutschland an. Seine Eltern und sein Bruder lebten in Langenselbold, die Familie Heinrich in Jossgrund.

Auf Empfehlung des Dekans Peter Gbiorczyk übernahm Heinrich die Pfarrgemeinden Niederdorfelden und Gronau. Neben seinen Kernaufgaben wie Gottesdienst und Seelsorge besuchte er Jubilare und unterrichtete ab 1998 bis 2010 Schulkinder der Struwwelpeterschule Niederdorfelden in evangelischer Religion. Das Evangelium sei das griechische Wort für gute Nachricht – die finde nicht nur im Gottesdienst statt, sondern auch, indem man mit Menschen lebe, feiere und leide, sagt Heinrich.

Eine Kirche reicht

Die Besonderheit der Gemeinden sei, dass sie in Grenzgebieten liegen. So gehört Gronau zum Wetteraukreis und Niederdorfelden zum Main-Kinzig-Kreis. „Wenn man Grenzgänger ist, schaut man über den Tellerrand hinaus. Es herrscht eine gewisse Offenheit“, sagt er.

Dass eine Kirche für beide Gemeinden ausreichen würde, spricht Heinrich offen aus. „Die Menschen in Niederdorfelden und Gronau haben ihre Kirche gern, aber sie gehen nicht hinein“, sagt er. In der heutigen schnelllebigen Zeit sei die Kirche kein sozialer Treffpunkt mehr. Aus diesem Grund brauche es viel Fantasie und Ideen, um die Gemeinschaft zu pflegen. Als Pfarrer im Ruhestand werde er am meisten den Kontakt zu den Menschen vermissen.

Die Frage der Nachfolge ist noch nicht geklärt. Laut Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck soll die Stelle nicht gestrichen, sondern neu besetzt werden.