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Rebellion in der Regierung – Vier ehrenamtliche Stadträte sehen die „Vertrauensbasis der kollegialen Zusammenarbeit nachhaltig zerstört“

Karben. Der Streit um ein Grundstücksgeschäft im Petterweiler Neubaugebiet Alter Sportplatz führt nun zu einer offenen Rebellion im Magistrat. Vier der neun Mitglieder der Stadtregierung sehen wegen des Vorgehens von Stadtbaurat Gerd Rippen (Grüne) die „Vertrauensbasis der kollegialen Zusammenarbeit nachhaltig zerstört“. Gerhard Cornelius, Jürgen Hintz, Otmar Stein (alle CDU) und Gerd Hermanns (FWG) werfen Rippen vor, er habe die Öffentlichkeit falsch informiert. Von Bürgermeister Roland Schulz (SPD) als Chef des Magistrats fordern sie eine „eindeutige Klarstellung“.

Der Petterweiler Streit dreht sich darum, dass Rippens Bauressort am 30. März 2007 mit einem Investor einen Vertrag schloss, um bis Jahresende ein „schwer verkäufliches“ (Rippen) 1500-Quadratmeter-Grundstück, in sechs Parzellen aufgeteilt, zu verkaufen. Über den Abschluss des Vertrags sei der Magistrat „zu keiner Zeit bis heute“ informiert worden, monieren die vier Stadträte – obwohl der Vertrag namens des Gesamtmagistrats geschlossen worden sei.

Auch bezüglich der Verlängerung dieses Vertrages widersprechen die vier Koalitionsstadträte ihrem hauptamtlichen Kollegen: Darüber sei im Dezember lediglich „Einvernehmen“ erzielt worden, als Rippen unter „Mitteilungen“ davon berichtet habe. Die vier Rebellen beschweren sich darüber, dass Rippen kein Wort darüber verlor, dass es dabei um einen notariellen Vertrag ging – und, dass die Stadt mit dem Auslaufen des Vertrages ein Verkaufsrecht gehabt hätte. Die Flächen, die der Investor nicht versilberte, hätte er selbst der Stadt abkaufen müssen. Das tat sie aber nicht – was wieder ohne Magistratsbeschluss geschehen sei, beklagen Cornelius, Hermanns, Hintz und Stein. Darüber habe der Magistrat auch gar nicht befinden können, weil er weder Vertrag noch Verkaufsrecht kannte. Daher sei Rippens Darstellung, der Magistrat habe „ohne Widerspruch“ und mit Verlängern des Vertrags „indirekt auch über die Nichtannahme der Verkaufsoption entschieden, falsch und entspricht nicht der Wahrheit“.

Stadtrat Rippen hatte sich verteidigt: Der Vertrag sei verlängert worden, damit drei weitere Familien in den Genuss von insgesamt 37 000 Euro städtischer Rabatten für die Bauplätze kommen. Sein Vorgehen und auch die Verträge seien Geschäfte der laufenden Verwaltung gewesen, für die es keiner Zustimmung von Magistrat oder Stadtparlament gebraucht habe, sagte Rippen.

Sauer sind die vier Stadträte auch ob eines weiteren Geschäfts: So hatte die Liegenschaftsabteilung am 12. April 2007 einen Teil des Grundstücks an eine Karbener Familie verkauft – „versehentlich“ ohne jede Genehmigung, aber im Namen des Magistrats. Diesen Fehler hatte Rippen bereits eingeräumt. Cornelius, Hermanns, Hintz und Stein sehen Rippens „mehrmalige Nichtinformation des Gesamtmagistrats sowie gleichzeitige rechtsverbindliche Handlungen in dessen Namen mit erheblichen finanziellen Konsequenzen“ als Verstoß gegen die Hauptsatzung der Stadt und die Hessische Gemeindeordnung. Welche Konsequenzen sie daraus ziehen, wollten die vier noch beraten. (den)