Veröffentlicht am

Rund um den Apfel

Karbener feiern zum 23. Mal Kelterfest – Schutz der Streuobstwiesen

Fleißig drehen: Die Kinder haben beim Pressen von frischem Süßen zusammen mit Wolfgang Lazar (l.) viel Spaß. Foto: Sänger
Fleißig drehen: Die Kinder haben beim Pressen von frischem Süßen zusammen mit Wolfgang Lazar (l.) viel Spaß. Foto: Sänger

Beim Kelterfest am Selzerbrunnen herrschte eine großartige Stimmung. Bei noch hochsommerlichen Temperaturen zog es viele Karbener hinaus ins Grüne.

 

Karben. Bereits zum 23. Mal wurde das Kelterfest gefeiert. Eingeladen hatten die Stadt, der BUND und die Nabu-Ortsgruppe. Viel Wissenswertes und Kulinarisches rund um das runde Obst gab es zu entdecken. Für die gute Laune unterm Schatten der Birken und Obstbäume sorgte die Irish-Folk-Gruppe „An dro“ mit Ines Bachmann, Helmut Brück und Peter Zeitler sowie der Imker und Geigenvirtuose Martin Döbler.

Die gelöste Stimmung mit Musik am Selzerbrunnen erinnert Besucherin Käthe Harnack an „einen Heurigen-Nachmittag in einem Wiener Kaffeehaus-Garten“. Die Seniorin aus dem ASB-Altenheim lässt es sich nicht nehmen, das Fest mit einem Apfel-QuittenProsecco „angemessen“ zu feiern. „Haben uns zu Fuß aufgemacht, aber im Schatten der Bäume geht’s mit der Hitze“, sagt sie. Zudem lade die Musik im Hintergrund zum Verweilen und zum Schwätzchen ein.

Nachbarschaftliches Miteinander in gemütlicher Atmosphäre bestimmt den heiteren Nachmittag unter azurblauem Himmel. Eine Schmink-Ecke für die Kleinsten, wo diese sich in Schmetterlinge oder Fledermäuse verwandeln lassen, ist ein Mittel gegen Langeweile. Ebenso spannend ist es, mit einer alten Kelter süßen Most mit dem Pomologen Jürgen Pfeiffer zu pressen.

Die mobile Kelter haben er und sein Kollege Wolfgang Lazar einst „vor Jahren aus dem Sperrmüll in Bad Vilbel gefischt“. Sie funktioniert heute noch und ist stets eine Attraktion auf Festen und Wochenmärkten der Region. Für die private Apfelweinproduktion reiche diese Kelter jedoch nicht aus, erläutert Lazar. „Als frische Mostpresse hingegen schon.“ Interessierten an der Most- und Weinproduktion rät er, zu einem Lohn-Kelterer zu gehen, der die eigene Ernte auch in größeren Mengen bearbeite.

Aber nicht nur frisch gepressten Most gibt es zu verkosten. Am Stammtisch „Vegetarische Vollwertkost“ lädt die Karbener Frauengruppe mit Gerlinde Zirnig ernährungsbewusst zu Kaffee und Kuchen ein. Daneben ein Stand der BUND-Jugend Hessen mit extra veganen Brotaufstrichen. Die Veganer sind mit ihrem Stand beim Publikum „noch auf Erfahrungssuche“.

Vielfalt wird bedroht

Wissenswertes zum Apfel gibt es am Stand der Karbener Nabu-Ortsgruppe. Dass Obstwiesen mehr als nur Obstbäume sind, demonstrieren die Naturschützer mit Exponaten aus der heimischen Tierwelt. Sie sind zugleich Lebensraum von Kleinsäugern, Fledermäusen, Insekten und Vögeln. Ohne deren Lebensgemeinschaften mit den Obstbäumen gebe es keine Früchte, bleibe der Teller leer, betont Nabu-Vorsitzender Jürgen Becker. Klaus Spieler am Stand zur Hessischen Apfelwein- und Obstwiesenroute erteilt Auskunft über die verschiedenen heimischen Obstsorten.

Wichtig sei die Pflege alter Sorten, „um die genetische Vielfalt zu erhalten. Das Spektrum der „Anwendungsvielfalt und der Geschmacksrichtungen ist hierbei breiter als bei den modernen Zuchtformen“.

Derzeit werde ein Kataster von alten Sorten und regionalen Beständen erstellt. „Die alten Obstsorten sind ein lebendiges Kulturerbe“, sagt Spieler, „das wir unseren Nachkommen erhalten müssen.“ Durch die Monokulturen im Apfelbereich gehe die biologische Vielfalt verloren. „Viele Sorten haben sich zwischenzeitlich still verabschiedet.“

Die Anzahl der Gäste zum Kelterfest „haben wir nicht gezählt“, sagt Ulrike Los. Die Mitorganisatorin geht jedoch von etwa 500 Gästen aus, unter ihnen auch Bürgermeister Guido Rahn (CDU), der sich jedoch erst gegen Festende unter das Publikum mischt.

Besonderer Höhepunkt des Nachmittages ist das Schätzen der Apfelmenge eines vollen Apfelkorbes. Exakt 332 Äpfel gilt es zu erraten. Der Preis, ein Sack Kartoffeln vom Biolandwirt Mager in Karben, geht an Jana Lehmann. Sie hat 333 Äpfel geschätzt.