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Schlossherr gesucht – Stadt Karben bietet das Degenfeldsche Gebäude in Groß-Karben zum Kauf an

Schloss zu verkaufen – ein solches Angebot ist wahrlich nicht alltäglich. In Karben kann nun zugreifen, wer möchte und das passende Kleingeld mitbringt: Die Stadt bietet ihr Degenfeldsches Schloss an.

Karben. Die Stadt sucht einen Käufer für das Degenfeldsche Schloss. Nach 144 Jahren soll das Herrenhaus in Groß-Karben zurück in private Hände. Per Internet-Annonce fahndet Vizebürgermeister Otmar Stein (CDU) nach einem Investor.

Der Haken: Millionen dürften nötig sein, um das Schloss wieder in einen respektablen Zustand zu versetzen. „Die Stadt kann ein Invest in dieser Größe selbst nicht stemmen“, erklärt Stein das ungewöhnliche Immobilienangebot.

Allerdings hat sie in den vergangenen Jahren viele Millionen Mark und Euro in den Erhalt des Schlosses gesteckt. Risse in Decken, durchweichte Pfosten und Balken, Hausschwamm, Pilz und Bockkäfer waren seit Ende der 1980er-Jahre bei den Stück für Stück laufenden Sanierungen immer wieder entdeckt worden. „Für den heutigen Zustand, also den reinen Erhalt des Schlosses, hat die Stadt 1,9 Millionen Euro aufgewendet“, sagt Stein.

Es gibt Interessenten

Weder von außen noch von innen lässt sich das jedoch auch nur erahnen. Alt und abgenutzt wirken die meisten der Innenräume des Hauptgebäudes. Noch schlimmer in anderen Bereichen: „Der Nordflügel ist nur in einem eher rustikalen Rohzustand“, erläutert Stein. Allerdings: Nach den Sanierungen ist die Substanz in Ordnung.

Dennoch soll die Gudd Stubb’ des Stadtteils nun verkauft werden. Überraschenderweise sorgt das nicht etwa für einen Aufschrei in Groß-Karben, sondern trifft auf Zustimmung. „Ja, die Marschrichtung haben wir gemeinsam festgelegt“, erklärt Harald Ruhl. Er ist Sprecher des Arbeitskreises Dorferneuerung (AK) und sitzt für die SPD im Stadtparlament. Für den Verkauf habe der AK zwar Auflagen formuliert. „Aber wenn sich jemand fände, der diese erfüllt, dann würden wir uns auch gegen einen Verkauf an einen Privatmann nicht in den Weg stellen“, sagt Ruhl, „wenn dadurch die Chance besteht, das Schloss zu erhalten und öffentlich zugänglich zu machen.“ Nach einem solchen zahlungskräftigen Investor sucht der kommunale Immobilienbetrieb Kim nun per Annonce auf einer Internet-Immobilienplattform. „Es haben sich schon diverse Interessenten gemeldet“, berichtet Otmar Stein.

Einigen sei das Investitionsvolumen zu groß, jedoch gebe es „zwei konkrete Interessenten, die konzeptionell gut ins Raster passen“. Dieses Raster sind die Vorgaben der Dorferneuerung: Sie möchte, dass das Schloss weiter öffentlich zugänglich bleibt, dass das Museum dort weiter residiert und auch Eheschließungen im Trauzimmer weiterhin möglich sind. Das könne für den Investor sogar attraktiv sein, schätzt Stadtrat Stein.

Denn die Fläche von 250 Quadratmetern für Museum und Trauzimmer würde die Stadt nach dem Verkauf gerne saniert zurückmieten. „Dann könnte der Investor schon einmal mit einem langfristigen Mieter kalkulieren.“

Ein neuer Versuch

Der Verkauf an einen Investor ist für die Aktiven der Dorferneuerung ein erneuter Versuch, ihr Schloss-Problem zu lösen. Denn dass die hochverschuldete Stadt für die Sanierung selbst kein Geld hat, ließ sie früh durchblicken. Der AK scheiterte mit seiner ersten Idee, über eine Stiftung Gelder für die Sanierung einzuwerben. „Das würde ewig dauern, genug zusammenzuhaben“, seufzt Ruhl. Andere Möglichkeiten als einen Verkauf sehe der Arbeitskreis derzeit nicht. „Wenn das nicht möglich sein sollte, müssen wir neu überlegen.“

Voller Zuversicht, dass es dazu nicht kommen muss, ist Stadtrat Stein. Wie viel die Stadt für das Schloss haben will, mag er aber nicht sagen. „Das hängt ganz davon ab, wie weit der Investor unseren Wünschen entgegen kommt“, erklärt er. „Der höchste Preis ist nicht ausschlaggebend.“ Ein gutes Geschäft für die klamme Kommune wird es so oder so: An die 100 000 Euro kostet sie allein die jährliche Instandhaltung des Schlosses samt seines 3500 Quadratmeter großen Geländes.

Was der Investor mit dem Schloss macht, „überlasse ich der Kreativität des Bieters“, sagt Stein. „Hauptsache, der Hof wird verschönert und das Gebäude bekommt seinen schlossschönen Charakter wieder.“ (den)