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Strategien gegen Starkregen gesucht

Blick auf die Maisfelder am Ende der Falkensteinstraße: Quer angelegte Reihen wie hier können helfen, Wassermassen bei Starkregen zu halten – ein hundertprozentiger Schutz sind sie aber nicht. Foto: Jana Kötter
Blick auf die Maisfelder am Ende der Falkensteinstraße: Quer angelegte Reihen wie hier können helfen, Wassermassen bei Starkregen zu halten – ein hundertprozentiger Schutz sind sie aber nicht. Foto: Jana Kötter

Nach Schlammlawine in Petterweil wird Ursachenforschung betrieben

Karben. Besucher können es beim Anblick der idyllischen Nachbarschaft kaum glauben, welcher Albtraum sich hier in Petterweil in der Falkensteinstraße vor nur fünf Wochen abgespielt hat. Bei den Anwohnern jedoch haben sich die Bilder tief ins Gedächtnis gebrannt: Kniehohes Schlammwasser in den eigenen Garagen, teils bis in die Wohnungen gelaufene Wassermassen, immer wieder neu aus der Kanalisation hochquellender Schlamm. 46 Keller hatte die Feuerwehren der Stadt Karben in der Nacht zum 14. Juni in der Petterweiler Straße auspumpen müssen.

Heute ist von den Schäden – äußerlich – kaum mehr etwas zu sehen. Im Inneren jedoch laufen die »Aufräumarbeiten«. »Wir sind noch immer am Räumen in der Garage«, sagt eine Anwohnerin, die gerade eine Fuhre für den örtlichen Recyclinghof bereitstellt: Ein aufgequollenes Regal, das die Flut nicht überlebt hat.

»Aufräumarbeiten« inkludieren dabei auch die Ursachenforschung. Die Stadt beschäftige die Nacht im Juni noch immer, erklärt Stadtsprecher Jürgen Schenk auf Anfrage. Zwar seien Naturereignisse wie Starkregen nie auszuschließen, doch »die Stadt nimmt sehr ernst, wie daraus resultierende Risiken minimiert werden können«, erklärt Schenk.
Immerhin habe gerade das extrem lokale Auftreten solcher Regenereignisse in den vergangenen Jahren immer wieder für Schrecken gesorgt. Für Ende des Monats sei ein Termin mit Bürgermeister Guido Rahn (CDU), den Stadtwerken und den Anwohnern der Falkensteinstraße angesetzt, um zu prüfen, wo bei möglichen künftigen Starkregenereignissen gegengesteuert werden kann.

Rückstau im Kanal
Denn bisherigen Erkenntnissen zufolge trafen in der Schlamm-Nacht zwei mögliche Ursachen aufeinander. Einerseits habe es wohl einen Rückstau im Kanal gegeben, erklärt Schenk. Daher seien die Stadtwerke mit vor Ort gewesen. Zeitgleich beobachteten Augenzeugen, dass Schlamm in der Nacht vom Feld heruntergeschwemmt worden sei.
Die Falkensteinstraße ist nicht sonderlich abschüssig, am geringfügig höher liegenden Straßenende öffnet sich der Blick über die weiten Felder. Ganz allgemein gesprochen könne tatsächlich auch hier eine Ursache der Schlammlawine liegen, erklärt Andreas Gangel, Landwirt in Okarben. So achteten Landwirte bereits beim Anlegen von Feldern auf einen Schutz vor entsprechenden Regenfällen – auch im eigenen Interesse mit Blick auf andernfalls drohende Ernteausfälle.

Stabile Bodenstruktur
Wenn Reihen beispielsweise quer zum Hang angelegt würden – wie am Ende der Falkensteinstraße geschehen –, könne dies das Wasser bremsen. »Es ist aber kein hundertprozentiger Schutz«, sagt Gangel. Zusätzlich helfen könne ein bewachsener Randstreifen mit guter Bodenstruktur. »Diese Maßnahmen sind allerdings immer ein Mehraufwand für den Landwirt und können aufgrund der wirtschaftlich schlechten Lage der Landwirtschaft nicht immer umgesetzt werden«, gibt er zu bedenken.
Das Zauberwort: Bodenstruktur. Eine gewachsene Bodenstruktur mit möglichst viel Humus sorge für ein stabiles Bodengefüge, welches in der Lage ist, besser Wasser aufzunehmen und zu speichern. Besonders Reihenkulturen – Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais – in einem hängigen Gelände hingegen seien in der Jugendentwicklung gegen Starkregen empfindlich, erklärt Gangel.

»Die Pflanzen sind noch zu klein, um die Wucht der Tropfen und der großen Wassermenge abzudämpfen. Und die Bodenstruktur ist wegen der kurz vorher ausgeführten Aussaat nicht stabil genug, das Wasser aufzunehmen.« Die Folge: Pflanzen werden ausgewaschen und guter Oberboden abgeschwemmt, was hohe Ertragsausfälle mit sich führt.
Überhaupt erinnert Gangeldaran, wie tragisch Starkregenereignisse für Landwirte seien. »Die meisten Kulturen lassen sich nur gegen Hagelschäden versichern«, erklärt er. Frost, Sturm oder eben Regen seien wirtschaftlich nur bei wenigen Sonderkulturen sinnvoll und möglich. Sprich: Nicht nur die Anwohner der Falkensteinstraße, sondern auch die umliegenden Landwirte dürften nach der Schlammlawine mit hohen Schäden konfrontiert sein. Die Ursachenforschung wird also weitergehen – unter Einbezug aller möglichen Stellschrauben.