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Verkaufsoffener Sonntag gestrichen

Gericht untersagt Ladenöffnung während Caravaning- und BHM-Messetage

Bad Vilbel. Die am gleichen Wochenende stattfindenden Bad Vilbeler Caravaning-Tage und die BHM-Handwerkermesse müssen in diesem Jahr ohne einen verkaufsoffenen Sonntag auskommen. Das Verwaltungsgericht in Gießen hat einer Klage der Gewerkschaft Verdi gegen die Sonntagsöffnung stattgegeben. Die Einzelhändler sind tief enttäuscht – und stocksauer auf die Landesregierung.
Die neuesten Trends auf dem Wohnmobil-Markt entdecken – Tausende Menschen aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet locken die Caravaning-Tage jedes Jahr dafür nach Bad Vilbel. Dieses Jahr läuft die Messe vom 15. bis 17. März auf dem Festplatz. Doch eines ist diesmal anders: Nach dem Messebummel können die Besucher nicht auch noch von 12 bis 18 Uhr in der Innenstadt einkaufen gehen.
Die Geschäfte in der Frankfurter Straße  müssen am 17. März geschlossen bleiben. Das hat das Verwaltungsgericht Gießen entschieden. Gegen die Sonntagsöffnung hatte die Gewerkschaft Verdi geklagt (diese Zeitung berichtete), ebenso wie gegen die geplante Sonntagsöffnung im Ortszentrum von Dortelweil. Dort läuft die Bau- und Handwerksmesse BHM im und vor dem Kultur- und Sportforum. Zeitgleich sollten die Läden im benachbarten Brunnencenter sowie gegenüber im Möbelhaus Porta öffnen.
Auch das hat das Gericht nun untersagt. Im Fall der Innenstadt seien die Geschäfte zu weit vom Messegelände der Caravaning-Tage auf dem Festplatz entfernt, um einen thematischen Bezug zueinander zu begründen, sagen die Richter. Und: »Auch ist in Rechnung zu stellen, dass die Besucher erst die Nidda überqueren müssen und sich zwischen dem Bereich der Ladenöffnung und dem Festplatz eine großflächige Parkanlage befindet.«
BEDARF NICHT ERKENNBAR
Außerdem: »Es ist für das Gericht nicht erkennbar, warum der durch die Caravaning-Tage hervorgerufene Besucherstrom Bedarf an einer unbeschränkten Versorgung durch eine Vielzahl themenfremder Handelszweige haben sollte.«
In Dortelweil sieht das Gericht die Sonntagsöffnung nicht, wie vom Gesetz gefordert, als bloßen Annex zur Handwerksmesse an. Sondern es sei anders herum: Während die Messe 3300 Quadratmeter Ausstellungsfläche habe, habe schon allein das Möbelhaus porta ja mehr als 10 000.
ENTTÄUSCHT UND SAUER
In der Händlerschaft ist die Enttäuschung groß. »Das ist ein weiterer Schlag gegen den Handel vor Ort«, sagt Steffen Kreiling, Vizechef des Gewerberings. »So etwas stärkt nur den Onlinehandel.« Verkaufsoffene Sonntage seien ein wichtiges Schaufenster für den Einzelhandel. »Da kann er sich von seiner besten Seite zeigen, und das wird uns genommen«, seufzt Kreiling.
In ihrem Urteil hätten sich die Richter »sehr streng an den gesetzlichen Kriterien orientiert«, bedauert Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU). Dabei hätte sich »das eine oder andere anders auslegen lassen«. Doch ließen sich Fakten »nicht wegargumentieren«, wie die Größen der Verkaufsflächen.
Noch am Donnerstagnachmittag folgte ein eilig anberaumtes Gespräch des Bürgermeisters mit den Einzelhandelsvertretern sowie dem Rechtsamt. Man habe sich darauf verständigt, dass die Stadt auf eine Berufung verzichte, sagt Stöhr.
Sowohl der Stöhr und die Einzelhändler sehen jetzt das Land in der Pflicht, die zu strengen gesetzlichen Vorgaben zu lockern. »Ich habe volles Verständnis für den Sonntagsschutz«, betont Stöhr. Vier Öffnungstage pro Jahr seien aber »durchaus vernünftig«. Um diese realisieren zu können, müsse die Stärkung des Einzelhandels als Begründung erlaubt werden oder »der Anlassbezug entfallen«, sagt Thomas Stöhr.
Das müsse die schwarz-grüne Landesregierung umsetzen, »bevor es zu spät ist«, fordert auch Kreiling. Denn andernfalls »wird es lebendige Innenstädte mit inhabergeführten Fachgeschäften, in Zukunft nicht mehr geben.« (den)