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Was wird aus dem Rendeler Hof?

Der Rendeler Hof ist längst geschlossen. Seit einigen Monaten hat er einen neuen Besitzer, seither steht ein Bauzaun vorm Grundstück. Foto: Schenk
Der Rendeler Hof ist längst geschlossen. Seit einigen Monaten hat er einen neuen Besitzer, seither steht ein Bauzaun vorm Grundstück. Foto: Schenk

Karben. »Rendeler Hof geschlossen« steht kurz und bündig auf einem Zettel an der ehemaligen Gaststätte. Am Gebäude selbst sieht man das auf den ersten Blick nicht. Schriftzug und Schild mit der Biersorte, die ausgeschenkt wurde, grüßen noch immer alle Vorbeikommenden an der Klein-Karbener Straße.
Schon vor drei Jahren hatte der einstige Dorftreff seinen Betrieb eingestellt. Jetzt steht dort ein wenig einladender Bauzaun mit dem Logo einer Hanauer Investmentfirma. Nicht nur in Rendel fragt man sich, was wohl mit dem traditionsreichen Anwesen geschehen soll.
Am Rendeler Hof hängen viele schöne Erinnerungen. Er war nicht nur Heimstätte für Turner, Fußballer und Sänger. Im großen Saal wurden zu ungezählten Veranstaltungen eingeladen. Legendär waren vor allem die Maskenbälle und Kerbfeierlichkeiten, zu denen sich beinahe ganz Rendel traf. Kinder feierten im Rendeler Hof Fastnacht oder gingen zum ersten Mal ins Theater. Während der Kirchenrenovierung wurden hier die Gottesdienste gefeiert. 1995 war der Saal letztmalig Schauplatz einer großen Vereinsveranstaltung.
Rippchen und Kraut aufgetischt
Doris Stich, geborene Schneider, weiß das alles noch ganz genau. Sie ist eine von zwei Töchtern der letzten Besitzer. »Manche Familien kamen zu allen Gelegenheiten ins Gasthaus meiner Eltern. Irgendwie war es mit ihrem Leben verknüpft«, sagt sie. »Taufen, Konfirmationen, Hochzeiten. Und oft wurde bei uns auch nach einer Beerdigung Kaffee getrunken.«
Trotz seiner langen und ereignisreichen Geschichte war der Rendeler Hof das jüngste Wirtshaus im Ort. Ursprünglich gehörte das Haus dem in die USA ausgewanderten Konrad Walter. 1906 kaufte es Wilhelm Meier und eröffnete darin den »Frankfurter Hof«. Diesen Namen behielt die Gaststätte bis zur Stadtgründung Karbens im Jahr 1970. Der große Saal wurde als Erweiterung wahrscheinlich um 1909 in Betrieb genommen. In den 30er Jahren kamen aus Klein-Karben die »Roßmarktbrüder« herüber und heckten bei der »Meier-Tante« ihre Streiche aus.
Im Frankfurter Hof hatten sie einen Unterschlupf gefunden, wo sie das eine oder andere Freibier und Mädel abstauben konnten. Den Rendeler Burschen soll das weniger gefallen haben. 1954 ging die Lokalität in den Besitz der Eheleute Heinz und Erika Schneider über.
»Am Kerbmontag gab es bei den Schneiders immer Rippchen und Kraut«, erinnert sich Rainer Obermüller. »Abends holte Heinz Schneider seine »Quetschkommode« und spielte auf.« Andere Gäste, die das Lokal als Kind erlebten, denken gerne an die bunten Schirmchen zurück, die es mit jedem Eis gab. Bei schönem Wetter konnte man draußen im Biergarten sitzen. Mitte der 60er Jahre sei das Außengelände dazugekommen, erzählt Doris Stich. »Der Biergarten war immer gut besucht. Ganz früher war das ein Nutzgarten.«
Kugel und Kegel sind im Heimatmuseum
An die ehemals vorhandene Kegelbahn kann sie sich jedoch nicht mehr erinnern. Sie muss sich in einem Anbau am Saal befunden haben. An einer Stelle fand man die runden Einlassungen für die Kegel im Boden. Eine wiedergefundene Kugel und ein paar Kegel konnten im Inventar des Karbener Heimatmuseums gesichert werden.
Nach dem Tod von Heinz Schneider begann der Stern des Rendeler Hofes langsam zu sinken. Viel Energie musste für den Fortbestand der Gaststätte aufgewendet werden. Alles lag in den Händen der Frauen. Zusammen mit ihrer Mutter Erika versuchte Barbara Hartmann geborene Schneider die Gaststätte fortzuführen. Schwester Doris unterstütze die beiden. Am Ende half das alles nichts: Nach drei Jahren Stillstand wurde der Rendeler Hof in diesem Jahr verkauft. Welche Pläne der Käufer damit hat, ist derzeit nicht bekannt. Volker Stich, Enkelsohn von Heinz und Erika Schneider, ist sich allerdings relativ sicher: »Ein Gasthaus wie den Rendeler Hof wird es in Zukunft wohl nicht mehr geben.«