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Kinder sammeln für Kinder – Etwa eine halbe Million Jungen und Mädchen sind als Sternsinger unterwegs

Bad Vilbel. „Keiner da“, stöhnt Sebastian, nachdem der Neunjährige schon an der zweiten Haustür dreimal vergeblich geklingelt hat. Isaac (10), seiner Schwester Reem (12) und Jan-Simon (9) ist die Enttäuschung anzusehen. Da steuert Sternsinger-Führerin Jessica (15) als nächstes die Boutique „Voila“ von Karin und Hans Stoffers in Bad Vilbel an. Hier können die Sternsinger ihre Gedichte und Lieder vortragen, ernten von den Inhabern großes Lob, dankbaren Applaus und milde Gaben. Ehe sie den Laden verlassen, schreibt Jessica den Sternsinger-Segen und die Jahreszahl mit angefeuchteter blauer Kreide an die weiße Kunststofftür: „20*C+M+B*07“. „Christus Mansionem Benedicat – Christus segne diese Wohnung“, bedeutet die Abkürzung, die auch als Eselsbrücke für die Namen der Heiligen Drei Könige – Caspar, Melchior, Balthasar – dient.

Etwa eine halbe Million Jungen und Mädchen sind in diesen Tagen wie die Vilbeler Sternsinger bundesweit unterwegs, um Christen zum Fest der Heiligen Drei Könige mit Liedern zu erfreuen, ihnen den Segen für das neue Jahr auf die Haustür zu schreiben und zugleich Geld für Kinder in Not zu sammeln.

Auch die katholischen Pfarreien in Bad Vilbel, Massenheim, Dortelweil und auf dem Heilsberg pflegen den Brauch, der sich dieses Jahr in Deutschland zum 49. Mal wiederholt. Allein die 27 Kinder, die für die Pfarrgemeinde Sankt Nikolaus seit dem 27. Dezember von Tür zu Tür zogen, haben etwa 5000 Euro gesammelt – und noch eine Menge Süßigkeiten, von denen sie sich eine Kleinigkeit genommen haben, den Rest für Bedürftige und Obdachlose spenden.

„Es ist jedes Jahr wieder ein organisatorischer Gewaltakt, die Listen der Leute, die besucht werden möchten, zu aktualisieren, die Kinder während der Ferienzeit zu Gruppen zusammenzustellen und unerwartete Ausfälle wegen Krankheit und wichtigeren Dingen zu kompensieren“, räumt Martina Schloten ein, die wieder gemeinsam mit Ute Mockel „alles in den Griff zu kriegen“ versucht. Wer einmal das tägliche Ausschwärmen vom Gemeindezentrum erlebt hat, weiß, dass die Aktion Sternsinger ohne Mut zur spontanen Improvisation gar nicht möglich wäre. Zwei Jugendliche, die die Sternträger und die Könige mit ihren Autos zum Südbahnhof und zum Schöllberg fahren wollten, haben ihre Pläne kurzfristig geändert, ohne Bescheid zu sagen.

Christa-Maria Lehmann hat in ihrem Häuschen in der Frankfurter Straße die „Könige“ schon erwartet. Ein paar Häuser weiter bedauert Leyla Utay, dass „ausgerechnet jetzt meine Kinder nicht da sind“. Doch den genauen Zeitpunkt ihres Besuches können die Sternsinger unmöglich vorhersagen. Die Frau hat Verständnis und gibt ihnen neben einer Geldspende reichlich Süßigkeiten mit. (bep)