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Vilbeler Häuser mit Lego nachgebaut

Jochen Wieja mit der aus Lego-Bausteinen rekonstruierten Nidda-Holzbrücke an der Alten Mühle, die er auch detailgetreu nachgebaut hat. Foto: Fauerbach
Jochen Wieja mit der aus Lego-Bausteinen rekonstruierten Nidda-Holzbrücke an der Alten Mühle, die er auch detailgetreu nachgebaut hat. Foto: Fauerbach

Karben. Historische und moderne Gebäude aus Bad Vilbel hat der Klein-Karbener Jochen Wieja anlässlich des Hessentags mit Lego-Bausteinen nachgebaut – eine gelungene Hommage an die Nachbarstadt und eine detailreiche Herausforderung. So zum Beispiel, wenn die passende Bausteinfarbe fehlt.
In weniger als 50 Tagen beginnt der Hessentag in Bad Vilbel. Das 62. Landesfest hat Jochen Wieja dazu inspiriert, bekannte Bad Vilbeler Gebäude nachzubauen. Der Karbener berichtet: »Ich war von klein auf viel in Bad Vilbel. Meine Tante Wilhelmine, genannt Frieda, und mein Onkel Heinrich waren zuerst lange die Wirtsleute vom Gasthaus ›Zum Landsberg‹ am Biwer-Kreisel und später die Pächter des Kurhauslokals.« Zudem hat Jochen Wieja in Bad Vilbel seinen Führerschein und seinen Tauchschein gemacht, um nur zwei weitere Dinge zu nennen, die ihn mit der Nachbarstadt verbinden.
Kreative Phase
seit Weihnachten

An Weihnachten 2024 verschwand er stundenweise in seiner Werkstatt, und die Familie wusste: »Jetzt beginnt eine neue kreative Phase.« Jochen Wieja baute das Vilbeler Historische Rathaus aus bunten Lego-Bausteinen nach. Es sollten bis Ende März noch 25 weitere, meist historische Gebäude hinzukommen. Natürlich hat er auch das frühere Gasthaus »Zum Landsberg« nachgebaut. Aber auch die Wasserburg, die Alte Mühle samt Mühlensteg, das Brunnen- und Bädermuseum sowie weitere schmucke Häuser auf der Frankfurter Straße. Beim Nachbau galt es, verschiedene Baustile zu berücksichtigen. »Das historische Rathaus am Marktplatz ist ein fränkisches Fachwerkhaus. Es wurde 1498 erbaut, ist heute Sitz des Standesamtes und wurde zuletzt 2005 restauriert«, informiert Wieja.
Während das historische Rathaus sich heute wieder in voller Pracht zeigt und viel genutzt wird, ist das Bahnhofsgebäude am Vilbeler Nordbahnhof in einen Dornröschenschlaf versunken. Das Jugendstil-Gebäude aus dem Jahr 1907 wartet auf seine von Investoren angekündigte Kernsanierung und eine neue Nutzung. Zwar ist der Vorplatz des Nordbahnhofs inzwischen neu gestaltet und von Pendlern belebt, doch mittendrin steht ein Bahnhofsgebäude mit zerstörten Fenstern, heruntergelassenen Rollläden und seit 2012 geschlossener Eingangstür. Wiejas Modell ist dagegen ein Schmuckstück.
Zu den Gebäuden, die ob eines privaten Investors wieder in neuem Glanz erstrahlen, gehört das ehemalige, 1853 erbaute Gefängnis Ecke Bergstraße/Am Felsenkeller. Es ist neben der Burg der Ritter von Vilbel das einzige Gebäude der Stadt, das mit einheimischem roten Bruchstein errichtet wurde. Nachdem im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts in der Landgrabenstraße ein größeres Gefängnis gebaut worden war, wurde das alte Gefängnis vielfach genutzt. Vorübergehend als Schulgebäude, dann als Armenhaus und Unterkunft für Obdachlose. Nach dem Ersten Weltkrieg vermietete es die Stadt an ärmere Bürger. Da das massiv gebaute Steingebäude den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden hatte, nutzte es die Gemeinde als städtischen Wohnraum. Später verfiel das Haus und wurde zu einem Schandfleck, bis die Ruine ihren Retter fand und heute Büros Platz bietet.
Kein Platz
beim Hessentag

Viele andere Geschichten ließen sich zu den 26 Gebäuden erzählen. Zwar stehen dem kreativen Lego-Bausteinkünstler Wieja für seine Bauten rund 3,5 Millionen Stecksteine in vielen Größen, Formen und Farben zur Verfügung, trotzdem fehlten ihm diesmal unter anderem Steine in den passenden Farben sowie Dachziegel. Einige hat er sich besorgt, andere von Hand in der benötigten Farbe gestrichen. »An meine Grenzen gekommen bin ich dieses Mal wieder mit dem Material. Etwas nachzubauen ist trotz jahrelanger Erfahrung immer eine Herausforderung. Es gibt Überraschungen, die kann man nicht einkalkulieren, und es gibt Details, bei deren Nachbau Kreativität gefragt ist«, sagt der detailverliebte Künstler. Bei der Realisierung musste er viele Schwierigkeiten meistern, damit seine Kunstwerke neben den Originalen bestehen konnten. Solche Herausforderungen liebt er. Er baut seine Werke ganz ohne Skizzen und Pläne – »das habe ich alles im Kopf« –, aber oft sieht er sich Fotos im Internet an, um Details nachzuprüfen und dann exakt nachzubilden.
Doch nicht nur der Bau, sondern auch der jeweils drei Stunden in Anspruch nehmende Auf- und Abbau im Garten sind anspruchsvoll. »Mir fehlt ein Ausstellungsraum. Der Stadt Bad Vilbel hatte ich angeboten, die Gebäude beim Hessentag zu zeigen, doch ich bekam keine Antwort.« Und so hat Jochen Wieja »sein Vilbel« wieder zurück in die Werkstatt getragen und jedes Bauwerk zerlegt, die Steine nach Größen und Farben sortiert und in die passenden Behälter eingeräumt. So findet er sie bei seinem nächsten Projekt mühelos wieder. Von Christine Fauerbach