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Mehr Rohstoffe im Test – Biogasanlage läuft nun im Vollbetrieb – erste Gär-Versuche mit Zuckerrüben

Karben ist Vorreiter in Sachen Klimaschutz – doch für die meisten Bürger ist die Biogasanlage hinterm Klein-Karbener Wald wie unsichtbar. Seit diesem Jahr läuft sie aber im Vollbetrieb.

Karben. Die 3,50Meter hohen Erdwälle schlucken jetzt schon fast die Blicke der Vorbeifahrenden auf der Landstraße von Groß-Karben nach Heldenbergen – und bald auch noch deren dichter Bewuchs. „Dann ist von der Anlage in der Landschaft so gut wie nichts mehr zu sehen“, sagt Ralf Döpp, der Geschäftsführer der Karbener Biogas-GmbH & Co KG.

Umweltauflagen erfordern diese Unsichtbarkeit. Biogas-Anlagen gerieten andernorts immer wieder in die Kritik von Anwohnern. Nicht so in Karben. Es habe „noch keine großen kritischen Stimmen“ gegeben, ist Ralf Döpp erleichtert.

Auf dem drei Fußballfelder großen Areal wird in den vier Tanks mit ihren charakteristischen Tragluftdächern Gas für mehr als 2000 Haushalte produziert – sauberes Gas: Das klimaschädliche Kohlendioxid darin haben Pflanzen aus der Luft gebunden.

Vor allem gehäckselter Mais, die Silage, wird dafür verwendet, erklärt Betriebsmitarbeiter Martin Miosga. 500 Hektar Anbaufläche sind nötig, um genug Rohmaterial für die Anlage zu produzieren. Nachdem diese in diesem Jahr erstmals auf Volllast läuft, machen die Betreiber erste Schritte hin zu anderen Rohstoffen: drei Tonnen Grasschnitt haben sie bereits unter den Mais gemischt.

Gleiches soll mit Pferdemist geschehen. „Das wird derzeit vorbereitet“, erläutert Miosga. Auch die Zuckerrübe soll demnächst Gas liefern: „Zurzeit verhandeln wir dafür Verträge mit den Landwirten.“

Die Rübe habe „positiven Einfluss“ auf den Gärungsprozess, wie Erfahrungen aus anderen Anlagen zeigten, erklärt Ralf Döpp. Ihr Nachteil: Sie lässt sich nur wenige Wochen lagern, während Mais ein Jahr und länger übersteht. Daher müssten Rüben nach der Ernte zügig verwendet werden. Und nur eine gewisse Menge lasse sich unter den Mais mischen, um die idealen Gärbedingungen zu erzeugen. „Da müssen wir konkret schauen, wie es reagiert“, erläutert Miosga. Dennoch wird der Mais Energielieferant Nummer eins bleiben. 30000 Tonnen davon lagern auf der 13200 Quadratmeter großen Fläche. Im September wird bei der Ernte genug Maissilage nachgeliefert, um die Anlage bis zur nächsten Ernte auszulasten.

Anders als andere Biogasanlagen erwirtschaften die Karbener ihren Haupterlös aus der Gas-Einspeisung direkt ins Gasnetz des Rhein-Main-Gebietes – umgerechnet 30 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Eine Anlage dafür hat die entsprechende Mainova-Tochter auf dem Gelände gebaut.

Trotz zehn Millionen Euro Baukosten: Das Erneuerbare-Energie-Gesetz mit seinen festen Preisen für die Energie-Einspeisung macht die Anlage zu einem sicheren Investment. „Man muss die Gegebenheiten nutzen“, sagt Gerhard Cornelius, der Geschäftsführer der Karbenenergie GmbH und frühere langjährige ehrenamtliche CDU-Stadtrat. Auf 20Jahre läuft die Abschreibung, nach schon zehn Jahren werde man die Amortisationsgrenze erreichen, schätzt Ralf Döpp. Mit 50000 bis 60000Euro pro Jahr für die Stadt rechnet Gerhard Cornelius, erstmals wohl ab 2015 in voller Höhe. „Das wird für uns ein sehr rentierliches Geschäft.“ Wenngleich die Kommune damit zunächst die Kredite abbezahlen muss, die für ihren 27-Prozent-Anteil an der Anlage nötig waren: knapp 600000Euro. (den)