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Streit über Innenstadt-Ideen – Rathauschef Roland Schulz (SPD) kritisiert die vorgelegten Pläne der Koalition

Karben. Trotz heftigen Streits haben die Ideen der Karbener Koalition zur Umgestaltung des Stadteingangs eine erste Hürde genommen: Der Magistrat wird nun bis Ende Oktober die Pläne mit den Investoren und dem Straßenamt auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüfen. Den Auftrag gab ihm das Parlament mit den Stimmen der CDU/FWG/FDP-Koalition. Besonders Bürgermeister Roland Schulz (SPD) lehnt das Vorhaben allerdings vehement ab.

„Es gibt klügere und bessere Lösungen“, lässt der Rathauschef kein gutes Haar an den vor anderthalb Monaten vorgelegten Ideen der Koalition (wir berichteten). Sie sehen vor, die Flächen im Stadteingangsbereich aufzuräumen:

Die L 3205 von der B 3 aus Kloppenheim kommend, die Bahnhofstraße und die Brunnenstraße sollen in einen großen, zentralen Kreisverkehr direkt nordwestlich des City-Centers münden.

Zwischen Bahnhofstraße und L 3205 sollen drei maximal je 800 Quadratmeter große Geschäfte entstehen und der P+R-Parkplatz vergrößert werden.

Nördlich der L 3205 hätte die Koalition gerne einen schmalen Streifen Gewerbemischgebiet.

Die Brunnenstraße wird ab Selzerbrunnen an den Rand des Baugebiets Brunnenweg verschwenkt.

Das Vorhaben würde die Stadt nicht nur nichts kosten: Laut Koalition kann die Stadt sogar etwa eine Viertelmillion Euro Gewinn aus Grundstücksverkäufen erzielen. Die Hessische Landgesellschaft als größter Grundbesitzer (HLG) will das Vorhaben als Projektentwickler in Eigenregie umsetzen, sämtliche Gebäude und Straßen bauen.

Das, muss sogar Bürgermeister Schulz einräumen, sei der „charmante Teil“ der Idee. Allerdings: „Ob das den städtebaulichen Zielen der Stadt gerecht wird, ist sicher diskussionswürdig.“ Die Konzeption folge allein den Wünschen der HLG, kritisiert Schulz. Diese sitze auf ihren Flächen, seit sich Karben in den 1980er-Jahren entschieden habe, nicht zu einer Schlafstadt Frankfurts wie Dietzenbach werden zu wollen. Hinter dem scheinbar verlockenden Angebot sieht Schulz allein die Wirtschaftsinteressen der HLG, denen die Koalition zu erliegen drohe: „Jetzt besteht die Gefahr, dass wegen der angespannten Haushaltslage zu schnell auf etwas gesprungen wird.“

Das Konzept überzeuge nicht, sagt Schulz: „Ich möchte ein ganz großes Fragezeichen machen, ob das das Stadteingangsbild verschönert.“ Ähnlich die Grünen: „Es ist eine subjektive Empfindung, ob das besser aussieht“, sagt ihre Fraktionschefin Ingeborg Rippen.

Des Bürgermeisters Gegenvorschlag: Rechts und links der L 3205 solle zwischen der Kreuzung Brunnenstraße und dem City-Center eine eher parkähnliche Grünanlage entstehen. Das gebe dem Stadtbild etwas Positives, sagte Schulz am Freitag bei einer eigens einberufenen Pressekonferenz. Und zwischen Brunnenstraße und Bahnlinie will er noch ein Hotel platzieren, was wegen der Nähe zu Frankfurt florieren soll.

Grünanlagen allerdings genügen der Koalition nicht. Ohne die HLG sei kein Konzept in diesem Bereich umzusetzen, da ihr zu viele Flächen gehörten, erinnert FWG-Fraktionschef Michael Ottens. Mit den diversen Brachflächen bestehe außerdem ein „starker Optimierungsbedarf am Stadteingangsbild“. Immerhin sei die HLG ein seriöser, potenter Partner, sagt CDU-Fraktionschef Mario Beck. Aber, wendet Ingeborg Rippen (Grüne) ein, schafften Grünflächen und Kreisverkehre Folgekosten, die die Stadt schultern müsse. Kein Problem, widerspricht Beck: Durch die Neuansiedlungen fließe ja mehr Einkommen- und Gewerbesteuer in die Stadtkasse.

Um möglichen Kritikern entgegenzukommen, gießt die Koalition ihre Ideen inzwischen in ein Gesamtkonzept: Auch die Erneuerungen der Ortsdurchfahrten in Groß- und Klein-Karben sollen mit in Angriff genommen werden. Beides ist nicht neu: Für Klein-Karben verstauben die Pläne seit längerem in der Schublade. Für Groß-Karben hat das Parlament den Startschuss für die Planungen gegeben, seit klar ist, dass wohl schon im nächsten Jahr die Nordumgehung gebaut werden kann. Die Kreuzungen an der Gehspitze und am Bürgerzentrum hätte die Koalition am liebsten zu Kreisverkehren umgebaut – schließlich entfällt mit Inbetriebnahme der Nordumgehung das Gegenargument zu starkem Verkehr. (den)