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Vom Schreien der Bäume – Ausschussitzung

Der Andrang zur Ausschusssitzung ist enorm, alle wollen die Ausführungen von Fachbereichsleiter Ronald Agel (oben rechts) hören. Foto: Rinkart
Der Andrang zur Ausschusssitzung ist enorm, alle wollen die Ausführungen von Fachbereichsleiter Ronald Agel (oben rechts) hören. Foto: Rinkart

Bad Vilbel. Selten hatte eine Ausschusssitzung einen solchen Andrang erlebt. Knapp 30 Gäste, allerdings ohne Rederecht, waren in den kleinen Versammlungsraum im Rathaus gekommen – unter ihnen Mitglieder der Bürgerinitiative »Gelbwespen«. Das Thema Bäume bewegt die Stadt. Angekündigt war ein Vortrag von Ronald Agel. Leiter des städtischen Fachdiensteres Park- und Gartenanlage, zum Thema »Bepflanzungen an Straßen – Bäume ja oder nein?«
Und der machte wenig Hoffnung auf einen Erhalt der Bäume. Agel: »Wir haben am Straßenrand häufig nicht den Wurzelraum, den die Bäume für ein gesundes Wachstum brauchen.« So stünden Bäumen am Straßenrand nur kleine Flächen zur Verfügung, deren Erdreich meist nicht sehr tief ginge, von etlichen Leitungen durchzogen und verdichtet sei. Hinzu komme der Kostenfaktor: »Es wird viel in die Unterhaltung von nicht nachhaltig stehenden Bäumen investiert, da man diese um jeden Preis erhalten will, obwohl sie keine Zukunft haben«, beklagte er.
Das Wachstum der Wurzeln auf engstem Raum habe noch weitere Nachteile. Vielerorts sei etwa die Barrierefreiheit nicht mehr gegeben. In der Ritterstraße hätten die Straßenbäume bereits Bodenplatten angehoben.
Geduldig erläuterte Agel Straße für Straße die Situation und kam nicht nur in der Frankfurter Straße zum Fazit: »Das kann nur eine Maßnahme für die Optik sein, nicht für ein langes Leben der Bäume. Dort gehören keine Bäume hin!«
60 BIS 70 JAHRE
Der Schluss, die Bäume daher zu fällen, ließ die Grünen im Ausschuss Sturm laufen. »Die Bäume haben dort bis zu 60 Jahre gestanden, wenn wir die in verbesserter Form neu pflanzen, stehen die mindestens wieder 60 Jahre, und das ist doch gar nicht so schlecht«, betonte etwa Peter Paul. Das sah auch Clemens Breest so: »60 bis 70 Jahre – Mit der Perspektive würde ich wieder einen Baum pflanzen.« In einem kurzen Vortrag stellte Breest einzelne Orte vor, an denen in der Stadt Bäume gefällt wurden, und bat um Aufklärung.
Geduldig wiederholte Agel Baum für Baum seine Argumente. »Wir sollten nicht unterschätzen, welches Anpassungsvermögen ein Baum hat«, hielt ihm Breest entgegen. Die Aufforderung der Grünen, für jeden gefällten Baum an gleicher Stelle einen neuen zu pflanzen, brachte Minkel in Rage: »Ich habe nichts gegen Bäume in der Stadt, aber diese Bäume würden ununterbrochen schreien, wenn sie es könnten.«
Spätestens an diesem Punkt war die erhoffte Versachlichung passé. »Wenn Ihnen 60 Jahre nicht ausreichen, um einen Baum anzuerkennen«, begann Breest einen Satz, als ihm Minkel energisch ins Wort fiel: »60 Jahre Krüppelleben!«. Breest erbost: »Auch Krüppel haben ein Recht zu leben.« Mehrmals musste Völker das Publikum zur Ruhe ermahnen.
Klaus Arabin (SPD) fragte Agel schließlich nach Alternativen fürs Stadtklima. Der schlug Pflanzkübel mit kleineren Bäumen, die nach 20 oder 25 Jahren ersetzt werden, vor. Auch Koniferen seien sinnvoll: »Lieber ein Immergrün als gar keins.«