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Auf Spurensuche

Beim SPD-Abendspaziergang gibt’s viel Wissenswertes über Klein-Karben

Rainer Züsch (r.) bereichert seine Führung, indem er Fotos und Aufzeichnungen zeigt. Foto: Krejcik
Rainer Züsch (r.) bereichert seine Führung, indem er Fotos und Aufzeichnungen zeigt. Foto: Krejcik

Die Sozialdemokraten hatten zum historischen Abendspa- ziergang durch Klein-Karben unter Leitung von Klein-Kärber Urgestein und SPD-Mitglied Rainer Züsch eingeladen. Rund zwei Dutzend Bürger kamen zu diesem Rundgang, bei dem Wissenswertes zur Ortsgeschichte vermittelt wurde.

Karben. Beim Rundgang durch den Ortskern Klein-Karbens mit seiner engen und überwiegend zweckmäßigen Bebauung fällt es schwer, sich vorzustellen, dass hier bis vor wenigen Jahrzehnten die Landwirtschaft das Bild prägte. So habe es 1961 noch rund 15 landwirtschaftliche Betriebe in Klein-Karben gegeben, viele davon in der Rathausstraße, erzählt Rainer Züsch. Klein-Karben sei im Jahr 1192 erstmals urkundlich erwähnt worden, so Züsch. Im heutigen Alten Rathaus seien einst zwei Schulsäle untergebracht gewesen.

So sei er selbst noch in diese Schule gegangen, erzählt Züsch zu Beginn der Führung am Ausgangspunkt am Alten Rathaus in der Rathausstraße. „Da oben war unser Klassenraum“, sagt er und deutet nach oben. Die Schulzeit habe damals acht Jahre gedauert. Jede Klasse habe aus etwa 50 Schülern bestanden. In der ersten Klasse seien die Schüler von zehn bis 14 und in der zweiten Klasse die Schüler von sechs bis zehn Jahren unterrichtet worden. Im Jahr 1911 sei zudem die heutige Selzerbachschule gebaut worden. „Damals hieß es: an den Ortsrand des Dorfes“, fügt Züsch hinzu.

An einer anderen Stelle in der Rathausstraße, an der die frühere Mühlgasse – heute Verlängerung Erich-Kästner-Straße – steil bergab führt, berichtet Züsch ebenfalls von Kindheitserinnerungen. So sei es immer besonders spannend gewesen, dort den Pferdefuhrwerken zuzusehen. Deren Fahrer hatten große Mühe, die Wagen unversehrt die steile Abfahrt hinunter zu bekommen. „Da mussten oft mehrere helfen, damit alle Bremsen angezogen waren“, erinnert sich Züsch, der als kleiner Junge dort zugeschaut hat.

Auch Irmtraud Schuch trägt mit persönlichen Erinnerungen zum besonderen Charme des Rundgangs bei. Sie empfängt die Gruppe in ihrem Hof und öffnet die Scheunentore, um den Besuchern zu zeigen, wo früher „die Säu’, Kühe und Ochsen standen“. Die Familie habe die Viehhaltung bis in die 1980er Jahre hinein betrieben und sie könne sich noch erinnern, „die Kühe mit der Hand gemolken zu haben“.

Bevor sich die Gruppe zum weiteren Rundgang aufmacht, dürfen alle noch vom selbstgekelterten Süßen von Irmtraud Schuch probieren. Beim Gang durch die Rathausstraße zeigt Züsch, wo früher landwirtschaftliche Betriebe ansässig waren. In manchem Hof stehen noch Scheunen aus dieser Zeit.

An der Ecke Rittergasse habe die Burg der Adelsfamilie von Dugel gestanden, die 1405 zerstört worden sei. Es gebe das Gerücht, „dass von der Sankt Michaelis-Kirche bis zur früheren Burg der Dugels in der Rittergasse ein Tunnel existiert habe“, so Züsch. Bis heute sei das nicht bewiesen, „und so lange das nicht erforscht wird, wird das Gerücht weiter bestehen“. Züsch kennt die Geschichte und die Besonderheiten Klein-Karbens wie kaum ein anderer. Von einigen Jahren abgesehen, die er berufsbedingt im Ausland gelebt habe, habe er stets in Klein-Karben gewohnt, erzählt Züsch, Jahrgang 1943.

Blick in den Turm

Die Teilnehmer besichtigen die Sankt Michaeliskirche und dürfen einen Blick werfen in den benachbarten Flankenturm. Dieser sei eine spätmittelalterliche Kirchenbefestigung, der über die Zeit verschiedene Funktionen erfüllt habe. So habe er einst als Garage für die Leichenwagen der Gemeinde gedient. Das stoße bei Schülern, mit denen er Führungen mache, immer auf besonderes Interesse. „Sie wollen dann genau wissen, wo die Leichen lagen und ob es vielleicht sogar heute noch welche darin gibt“, erzählt Züsch. Das Innere des Turms diene heute als Aufbewahrungsort für von der Kirche benötigte Requisiten.

Die Führung endet am Geburtshaus des Mundartdichters Peter Geibel (1841 bis 1901). Am gegenüberliegenden Peter-Geibel-Brunnen werfen die Teilnehmer noch einen Blick auf die Sonnenuhr, die früher an der so genannten Lateinschule angebracht war.