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Fakten statt Gefühle

Stadt soll künftig schneller auf Veränderungen der Verkehrsströme reagieren

Beliebte Ausweichroute: Deshalb misst die Stadt auch hier im ruhigen Lindenweg in Klein-Karben die Menge und das Tempo des Verkehrs.
Beliebte Ausweichroute: Deshalb misst die Stadt auch hier im ruhigen Lindenweg in Klein-Karben die Menge und das Tempo des Verkehrs.

An deutlich mehr Stellen als bisher werden Autofahrer in Karben mit Anzeigetafeln nun darauf hingewiesen, wie schnell sie gerade unterwegs sind. Das soll nicht nur die Menschen hinter den Lenkrädern disziplinieren. Noch viel wichtiger für die Stadt ist der riesige Datenschatz, den die Messgeräte erzeugen werden.

Karben. Das Thema ist einer der absoluten Dauerbrenner in Karben: zu schnell fahrende Autos, Motorräder, Lastwagen. An vielen Stellen in der Stadt regen sich Anwohner darüber auf. Beschwerden landen oft im Rathaus, nicht selten auch in den Ortsbeiräten. Die Grundforderung Betroffener lautet stets: „Die Stadt muss hier ’mal öfter blitzen.“ Die Mitarbeiter der Stadtpolizei aber sind überlastet. Oft und an verschiedenen Orten setzten sie die Überwachungsgerätschaften ein. Im Fokus sind dabei oft jene Straßenabschnitte, die besonders gefährlich sind.

So „blitzte“ es dieser Tage wieder auf der Kreisstraße zwischen Petterweil und der B3, wo vor knapp drei Wochen ein Motorradfahrer starb. Sinnvoll scheint auch eine Kontrollstelle auf der Landesstraße zwischen Groß-Karben und Burg-Gräfenrode gewesen zu sein. Auch auf dieser schmalen Straße kommt es öfter zu schweren, sogar tödlichen Unfällen.

Aber alle Stellen dauerhaft abzudecken, an denen Anwohner gerne Kontrollen sehen würden? Kaum möglich, heißt es aus dem Rathaus. Seit längerem nutzt die Stadt deshalb Messgeräte, die „nur“ erfassen, wie viele Autos an den kritisierten Stellen fahren und wie schnell. Sehr häufig widerlegt die Statistik dann den Eindruck der Anwohner, wie zuletzt in der Rendeler Straße in Klein-Karben. Dort ergaben Langzeitmessungen über viele Wochen hinweg, dass eine übergroße Mehrheit der Fahrer nur in geringem Maß die vorgegebenen Höchstgeschwindigkeiten überschreiten. Lediglich einige wenige sind extreme Raser.

„Das subjektive Gefühl ist sehr trügerisch“, sagt Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Deshalb hat die Stadt nun bei den Geräten aufgestockt. In Zukunft wird die Kommune den Verkehr an 16 neuralgischen Punkten dauerhaft messen:

Rendel: Klein-Karbener Straße

Klein-Karben: Rendeler Straße Höhe Metzgerei und kurz vorm Ortsausgang, Lindenweg, Homburger Straße vor Gehspitze

Groß-Karben: Bahnhofstraße vor Gehspitze, Brunnenstraße Höhe Jugendkulturzentrum

Kloppenheim: Frankfurter Straße in Höhe der Grundschule

Petterweil: Alte Heerstraße am Ortsausgang

Okarben: Hauptstraße im nördlichen Abschnitt

Burg-Gräfenrode: Ilbenstädter Straße nahe Friedhof

Nordumgehung: zwei Geräte (ohne Anzeigetafeln) östlich des Anschlusses zur Brunnenstraße, eines in Höhe Abzweig Heldenberger Straße (nach Bauarbeiten, ab 2018).

„Wir wollen Fakten statt Gefühle“, erklärt Rahn. Dabei geht es ihm nicht allein um das Erfassen der Realdaten des Verkehrs und möglicher Temposünder. Wobei die Displays mit den Digital-Anzeigen „Sie fahren jetzt xx km/h“ durchaus ihre disziplinierende Wirkung entfalten dürfen: „Sie geben eine Rückmeldung an den Autofahrer“, formuliert es Rahn diplomatisch.

Die Messdaten erlauben aber auch einen Blick auf Veränderungen bei den Verkehrsströmen. Sie sollen monatlich ausgewertet werden. Der Vorteil des neuen, großen Messnetzes sei: „Wir wissen bald ganz genau, wie viel Verkehr wann und wo läuft.“

Ampeln anpassen

Diese Daten sollen dann in die langfristige Verkehrsplanung der Kommune einfließen. Viel genauer kann so der Bedarf an neuen Straßen, Abbiegespuren oder zusätzlichem Busverkehr ermittelt werden. Auch fließen die Daten in die Steuerung des Verkehrs ein. Rahn will schneller auf Veränderungen der Verkehrsströme reagieren können und beispielsweise Ampelphasen anpassen, damit die Blechlawine flüssiger rollen kann. (den)