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Fast wie am ersten Schultag

Lernen in der Gemeinschaft ist Kommunikation. Im Johanniterstift in Klein-Karben gibt’s einen Computerkurs: (v. re.) Manuela Nardelli, Eicke Berner, Agustin Dell Valle, Günter Sellin. Hans Gerl und Kursleiter Norbert Greulich. Foto: Schenk
Lernen in der Gemeinschaft ist Kommunikation. Im Johanniterstift in Klein-Karben gibt’s einen Computerkurs: (v. re.) Manuela Nardelli, Eicke Berner, Agustin Dell Valle, Günter Sellin. Hans Gerl und Kursleiter Norbert Greulich. Foto: Schenk

Karben. Im Johanniterstift lernen Senioren neue Wege der Kommunikation kennen. Norbert Greulich vom Seniorenbeirat bietet er einen Kurs an, bei dem alte Menschen lernen, digitale Medien zu nutzen. Regelmäßig lädt er zur Anfängerstunde. Das Land Hessen hat dafür Tablets zur Verfügung gestellt.
Greulich muss nur kurz überlegen, und dann ist sicher: »Ein ähnliches Projekt gibt es bisher noch in keinem anderen Seniorenheim.« Doch das sei erst der Anfang. Unter dem Schwerpunkt »Digitale Teilhabe« wolle der Seniorenbeirat Karben zusammen mit SeCuZ und MüZe in der Zukunft weitere Angebote folgen lassen. »Wir werden einen Fragebogen erarbeiten und den älteren Menschen damit Gelegenheit geben, ihre Wünsche zu äußern«, kündigt Greulich an.
Zu Beginn des selbstständigen Umgangs mit dem Computer steht eine Lernhilfe-App. Entwickelt wurde sie von einem Darmstädter Unternehmen. Das Programm besteht aus mehreren Modulen. Schritt für Schritt kann es durchgearbeitet und wiederholt werden. Über das hauseigene WLAN-Netzwerk des Johanniterstifts sind die Tablets mit dem Internet verbunden. An die verschiedenen Icons auf dem Desktop müssen sich die Teilnehmenden allerdings auch erst einmal herantrauen. Man hat den Eindruck, dass nicht alle mit der Vielfalt der Möglichkeiten zurechtkommen. Schwierigkeiten bereitet zudem das tastenlose Touchpad, bei dem es auf den richtigen Fingerdruck ankommt.
»Die Bedienung eines Tablets ist für ältere Menschen sehr schwierig«, weiß Norbert Greulich. »Das Gerät kann man nur kennenlernen, wenn man es regelmäßig nutzt und sich auch in der Freizeit mit dessen Bedienung auseinandersetzt«, sagt er. Ein Ziel des Kurses sei es, über das Tablet Kontakt in der Gruppe und mit Familienangehörigen zu halten. Einen Beitrag dazu könne die Videoanruf-App Skype leisten. Das habe die Corona-Pandemie gezeigt. Für Agustin Dell Valle gehört Skypen zum Alltag. Das Programm nutzt er auch auf seinem Zimmer, wo er über einen separaten WLAN-Zugang verfügt. Dort funktioniert es auf einem Laptop. »Über Skype pflege ich Kontakte nach Spanien, Brasilien und Mexiko. Im Internet schaue ich am liebsten Fußballspiele aus der ganzen Welt«, verrät der Senior.
Manuela Nardelli hat es nach anfänglichen Schwierigkeiten geschafft, einen Skype-Zugang herzustellen. Nur der richtige Code hatte ihr gefehlt. Nun steht Video-Telefonaten mit der Familie nichts mehr im Wege. Auch das Einfügen eines Profilbildes habe sie mit etwas Tüftelei lösen können.
Eicke Berner tut sich mit den Grundlagen der App schwer. Er bekennt, es falle ihm schwer, die Abläufe auf dem Tablet nachzuvollziehen. Greulich nimmt sich Zeit, erklärt geduldig. »Nicht alle sind gleich fit. Das hängt natürlich auch mit dem Gesundheitszustand eines Bewohners zusammen«, weiß Greulich.
Wie ein Fehlkauf
nützlich wird

Günter Sellin nutzt sein eigenes Tablet, das eine Weile in der Schublade lag. Der fast 94-Jährige wollte sich im Geschäft nach einem Handy erkundigen, worauf der Verkäufer ihm ein Tablet aufgeschwatzt habe. »Er wollte mir alles erklären. Aber ich habe ihn nie mehr gesehen.« Aals der Computerkurs im Johanniterstift startete, holte es Sellin wieder hervor. »Ich setze mich jetzt jeden Tag eine halbe Stunde hin und übe«, erzählt er. »Zu Beginn kam ich mir vor wie am ersten Schultag. Aber inzwischen komme ich immer besser zurecht.« (jüs)