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Ohrfeige für den Ex-Stadtrat-Pflegedienst: Selbst SPD lehnt in Parlament eine Entlastung für die Betriebsleitung ab

Karben. Seit Jahreswechsel gehört der Pflegedienst nicht mehr der Stadt. Er wird vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) betrieben. Der hatte die Betriebsleitung bereits im vergangenen Sommer ad hoc übernommen. Zu chaotisch war den Verantwortlichen die Arbeit, die Betriebsleiter Rolf Ochs erledigte – und für die bis April der damalige Sozialdezernent Jochen Schmitt (SPD) verantwortlich war.

„Er hat sich nicht gekümmert“, wirft FDP-Vorsitzender und Stadtverordneter Oliver Feyl dem früheren Stadtrat vor. „Er hat den städtischen Pflegedienst regelrecht im Stich gelassen.“ Denn dass Pflegedienstchef Ochs ein „Desaster auf betriebswirtschaftlicher Ebene“ anrichtete, dafür trage Schmitt die Verantwortung. „Wenn dort etwas nicht läuft, muss er eingreifen“, meint Feyl.

Im Jahr 2009 erwirtschaftete der städtische Pflegedienst ein Minus von 118 000 Euro, was die Parlamentarier nun aus der Stadtkasse ausgleichen. Die Koalition aus CDU, FW und FDP forderte seit Jahren die Privatisierung der Sozialstation, weil diese seit ihrer Gründung nie schwarze Zahlen schrieb.

Angesichts der Angriffe schaffen es selbst die Genossen nicht mehr, ihren Stadtrat aus der Schusslinie zu nehmen. „Sie drehen sich das gerne so, wie Sie es haben möchten“, sagt SPD-Sozialpolitiker Michael Schmidt. Und sein Fraktionschef Thomas Görlich versucht den Kreis der zu Kritisierenden zu vergrößern: „Der politischen Verantwortung ist auch die Betriebskommission nicht nachgekommen.“ Dort hatte die Koalition aus CDU, FW und FDP eine Mehrheit.

Das lässt Michael Ottens, der Fraktionschef der Freien Wähler, der SPD nicht durchgehen – ebenso wenig wie den Verweis auf Fehler des Betriebsleiters. Die SPD mache Ochs zum Bauernopfer, kritisiert er. „Das ist sowas von mies, nun die Verantwortung auf den Betriebsleiter abzuladen.“ Denn Jochen Schmitt sei der politische Wahlbeamte gewesen und müsse auch den Kopf hinhalten. „Er hat ja die Fehler selbst gemacht“, indem er Ochs nach dem Auftreten von Fehlern nicht ausreichend auf die Finger geschaut habe. „Kontrolle muss aktiv geschehen“, sagt Ottens.

Dafür sei Schmitt als hauptamtlicher Stadtrat bezahlt worden, findet CDU-Fraktionsvorsitzende Mario Beck. Er erinnert daran, dass ein handfester Streit in der SPD dahinterstecke: Der frühere Bürgermeister Roland Schulz (SPD) habe die Probleme beim Pflegedienst gesehen und diesen privatisieren wollen. Nachdem die SPD das jedoch torpediert habe, habe sich Schulz zurückgezogen und Schmitt den Vorsitz der Betriebskommission überlassen.

Den überfälligen Übergang des städtischen Pflegedienstes an einen anderen Träger habe CDU-Stadtrat Gerhard Cornelius in kürzester Zeit realisiert. Beck: „Der Hauptamtliche sieht nichts, merkt nichts, macht nichts, kümmert sich nicht – und ein Ehrenamtlicher erledigt das in wenigen Wochen.“

Zugleich sei Schmitt „nicht einmal Manns genug“, um die Fehler einzuräumen, wettert Ottens. „Damit hat er sich für jede politische Arbeit disqualifiziert.“ (den)