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Petterweil – das Dorf der verborgenen Brunnen

Der freigelegte Mittelalter-Brunnen, der bereits archäologisch untersucht wurde. Foto: Schenk
Der freigelegte Mittelalter-Brunnen, der bereits archäologisch untersucht wurde. Foto: Schenk

Bauarbeiten fördern weitere historische Bauwerke zutage

Etwa vier Meter hoch steht Wasser in dem jüngeren Brunnen aus dem 20. Jahrhundert, Foto: jsl

Karben. Petterweil wird immer mehr zu einer archäologischen Fundgrube. Das Ende ist offen. Denn noch immer dürften im Boden einige Hinterlassenschaften auf ihre Neuentdeckung warten. Zuletzt haben zwei Brunnen ihre Schleier gelüftet.

Was wird bei der Sanierung der Petterweiler Ortsdurchfahrt wohl noch alles ans Tageslicht kommen? Neulich fand man bei Bauarbeiten im Kreuzungsbereich Alte Heerstraße/Am Dicken Turm/Alte Haingasse das Fundament des Obertores (diese Zeitung berichtete). Jetzt wurden in der Einmündung der Straße Am Dicken Turm zwei Brunnen aus unterschiedlichen Epochen freigelegt. Ihre Standorte befinden sich direkt nebeneinander und in unmittelbarer Nähe zur ersten Ausgrabung, die inzwischen wieder verfüllt wurde.

Darüber hinaus kam am anderen Ende des zweiten Bauabschnitts, in Höhe der Martinskirche, ein weiteres Fundament zum Vorschein. Ortshistoriker Horst Preißer glaubt, dass es sich dabei um den Unterbau eines im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Gebäudes handelt. Anschauen kann man sich das alte Gemäuer nicht mehr, da es im Zuge der Straßenbauarbeiten schon wieder zugeschüttet wurde.

Horst Preißer wünscht sich Restaurierung
Ein solches Verschwinden wünschen sich die Petterweiler für die Brunnen keinesfalls. Und zumindest einer dürfte ganz gute Chancen auf eine Rückkehr ins Ortsbild haben. Er ist der neuere von beiden Brunnen. Preißer schätzt seine Entstehungszeit auf den Beginn des 20. Jahrhunderts. Seine Lage am äußeren Rand der Einbahnstraße sollte ihn nicht zu einem Verkehrshindernis werden lassen.

Zeitnah möchte der rührige Geschichtsexperte bei der Stadt Karben für dessen Restaurierung werben. »Aber das muss schnell passieren«, weiß er selbst.
In geradezu vorbildhafter Manier zeigt die Konstruktion das frühere Brunnenbauhandwerk. Das Mauerwerk besteht aus einheitlich großen Ziegelsteinen, die an einer Seite rund sind. Rechnet man das fehlende Stück bis zur Oberfläche dazu, ergibt sich ungefähr eine Tiefe von acht bis neun Metern. Horst Preißer zeigt auf das klare Grundwasser, das in der Brunnensohle steht. »Vier Meter beträgt der Wasserspiegel bestimmt«, vermutet er. Den Durchmesser des Brunnenschachtes schätzt er auf 1,60 Meter. »Bis zum Bau der Wasserleitung im Jahr 1956 gab es in Petterweil 16 öffentliche Brunnen. Einige davon befanden sich in der Alten Heerstraße. Wasserholen durften alle Einwohner uneingeschränkt.«

Falkensteiner Herrschaft
Der zweite Brunnen wird mit großer Wahrscheinlichkeit wieder in der Versenkung verschwinden müssen, sein Standort liegt ziemlich genau in der Straßenmitte. Historisch gesehen ist er eigentlich der imposantere Fund. Er dürfte vermutlich während der Falkensteiner Herrschaft gegraben worden sein. »Also zu der Zeit, als auch das Obertor und die gesamte Petterweiler Befestigungsanlage entstanden ist, um 1394«, sagt Preißer. »Wir haben gesehen, dass es sich um die gleichen Steine handelt, die auch beim Bau des Obertorfundaments genommen wurden.«

Die Arbeiten am zweiten Bauabschnitt der Ortsdurchfahrt liegen voll im Zeitplan. Bis Anfang September sollen sie beendet sein. Danach steht der Ausbau des Bereiches Schloßstraße/Martins-Kirchgasse bis vor die Berenger Straße an.
An diesem Punkt wird es dann wieder spannend. Denn man muss davon ausgehen, dass dort das historisch verbriefte Untertor auf sich aufmerksam machen wird. Es soll 1812 abgerissen worden sein. Für Geschichtsbegeisterte dürfte also, trotz Vollsperrung, weiterhin keine Langeweile in Petterweil aufkommen.