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Freude bei Anwohnern, Skepsis bei Experten

Baumstümpfe in der Rechthienstraße – die wollen die Anwohner nicht länger sehen. Wo einst Bäume standen, sollen nun wieder welche hinkommen. Die Stadt hat sich nun doch dazu entschlossen, nachzupflanzen. Foto: Pegelow
Baumstümpfe in der Rechthienstraße – die wollen die Anwohner nicht länger sehen. Wo einst Bäume standen, sollen nun wieder welche hinkommen. Die Stadt hat sich nun doch dazu entschlossen, nachzupflanzen. Foto: Pegelow

Bad Vilbel. Wenn Bäume gefällt werden, ist der Aufschrei groß. Nun werden in der Rechthienstraße und anderen Straßen auf dem Bad Vilbeler Niederberg in diesem Herbst die gefällten Bäume nachgepflanzt. Die Anwohner sind erfreut, die Experten weniger. Aus fachlicher Sicht ist die Pflanzung dort wenig sinnvoll.
Wenn dann in der Stadt Bäume gefällt werden, ist der Aufschrei groß. Vor allem in einem heißen Jahr wie 2018, wenn entlang der Rechthienstraße und der Straße Auf dem Niederberg 17 Bäume der Motorsäge zum Opfer fallen. Laut Experten waren sie nicht mehr standsicher. Allerdings sollten keine Bäume mehr nachgepflanzt werden, schrieb die Stadtverwaltung an die Anwohner des Wohngebiets.
Schattenfreie Zone
Das rief die Grünen auf den Plan, die an einem besonders heißen Tag im vergangenen Jahr einmal zum Thermometer griffen. 38,1 Grad habe es noch um 17 Uhr in der »baumlosen« Rechthienstraße angezeigt, fünf Grad weniger seien es unter den großen Platanen im Akazienweg gewesen. So brachte die Öko-Partei in diesem Frühjahr in die Gremien einen Antrag ein, die gefällten Bäume in der Rechthienstraße nachzupflanzen – freilich zunächst ohne Erfolg. CDU und FDP votierten dagegen, wollten damit warten, bis genügend Personal im Gartenamt ist. Das scheint nun der Fall zu sein. Denn die Stadt informierte die Anwohner darüber, dass im Herbst nachgepflanzt werden soll.
Offenbar war der Druck hoch. Immerhin hatten die Anwohner Unterschriften gesammelt sich immer wieder zu Wort gemeldet, auch im Ortsbeirat der Kernstadt. In diesem Jahr kam zudem die Unterstützung der »Gelbwespen« hinzu, so der Grüne Christopher Mallmann.
»Wir freuen uns, dass das hartnäckige Engagement zum Erfolg geführt hat«, sagte er. »Wir, das umfasst die Mitstreiterinnen von der SPD und auch Sandra Völker von der CDU«.
Dass der politische Druck hier offenbar eine Rolle spielte, bestätigt auch Stadtrat Klaus Minkel (CDU). »Um des Friedens willen« werde man im Niederberg-Gebiet Bäume nachpflanzen, teilt er auf Anfrage mit. Doch seine Skepsis war deutlich zu hören: »In der Rechthienstraße sind die Verhältnisse besonders ungünstig, da der schmale Grenzstreifen unterirdisch durch Betonkeile eingeengt ist, die dem Begrenzungssteinen Halt geben müssen. Ein Pflanzballen ist dort vermutlich nicht einzubringen, sodass das Pflanzloch durch Tiefbauarbeiten vergrößert werden muss. Damit wird die Relation von Aufwand und Nutzen eher sehr ungünstig ausfallen, abgesehen von der verbesserten Optik, die auch ihren Wert hat.«
Bäume in Säulenform
Das sieht auch der Leiter des städtischen Gartenbauamtes, Ronald Agel, so. »Wir machen das nur wegen des Drucks aus der Bevölkerung«, gibt er zu. Aus fachlicher Sicht mache die Anpflanzung von Bäumen dort wenig Sinn. Die Pflanzflächen seien viel zu klein.
Er habe mittlerweile aber eine Liste erstellt, die er mit Peter Paul abstimmen wolle, sagt Agel. Darin enthalten seien Rotdorn in Säulenform und Säulenhainbuchen. »Wir nehmen schon Bäume mit dem kleinstmöglichen Ballen von 50 Zentimetern.« Problematisch seien die vielen Leitungen, die unter den Gehwegen verlaufen. Die jetzigen Baumscheiben seien zudem nicht mehr erweiterbar. Denn die Gehwege seien zu schmal. Endgültig werde man erst dann wissen, was machbar sei, wenn die GaLa-Bau-Firma die alten Baumscheiben herausgegraben haben wird, sagte Agel.
Selbst wenn die Anpflanzungen durchgeführt würden, bezweifele er, dass das eine nachhaltige Maßnahme werde. »Es kann sein, dass die neugepflanzten Bäume in zehn Jahren schon wieder gefällt werden müssen.«
Was dem Experten Stirnrunzeln bereitet, freut indes die Anwohner. Einer von ihnen ist Glyn Atwal. Er weiß, dass die Zeit günstig ist für die Forderung nach Nachpflanzungen. Der »Greta-Effekt« habe sicher dazu beigetragen, dass fast alle Anwohner die Forderung unterschrieben hätten. Wenn die Bäume bald gepflanzt würden, wirke sich das günstig auf das Mikroklima aus. Der Anwohner findet sowieso, »dass die Stadt grüner werden soll. Es müssen mehr Bäume gepflanzt werden.« Und Glyn Atwal bietet an, sich mit anderen Anwohnern zu kümmern. »Wenn die neuen Bäume Wasser brauchen, stehen wir zur Verfügung.« (pe)