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Hoch über den Gleisen

Oberleitungs- und Weichenarbeiten fanden an gleich zwei Wochenenden im Bereich der Main-Weser-Bahn statt, hier hinter dem Bad Vilbeler Bahnhof in Höhe des Abzweigs zur Niddertalbahn. Deshalb war die Strecke an zwei Wochenenden komplett gesperrt worden. Fotos Deutsche Bahn
Oberleitungs- und Weichenarbeiten fanden an gleich zwei Wochenenden im Bereich der Main-Weser-Bahn statt, hier hinter dem Bad Vilbeler Bahnhof in Höhe des Abzweigs zur Niddertalbahn. Deshalb war die Strecke an zwei Wochenenden komplett gesperrt worden. Fotos Deutsche Bahn

Arbeiten zur Erweiterung der Bahnstrecke von zwei auf vier Gleise gehen voran

Bad Vilbel. Die Bahnhöfe zwischen Dortelweil und Frankfurt-West waren gleich an zwei Wochenenden im April menschenleer. Das lag nicht an der aktuellen Pandemie, sondern an der Komplettsperrung der Main-Weser-Bahn. Denn dort kommt das Ausbauprojekt für die Erweiterung der Gleise von zwei auf vier inzwischen mit großen Schritten voran, wie unser Bericht zeigt.
Arbeiten in luftiger Höhe fanden zum Beispiel hinter dem Bad Vilbeler Bahnhof in Richtung Dortelweil, wo die Niddertalbahn normal nach Gronau abzweigt, statt. Dort waren Förderkörbe mit Arbeitern auf den Plattformen hochgefahren worden. In luftiger Höhe wurden neue Fahrdrähte quer über die Gleise gespannt.

Helikopter-Einsatz abgesagt
Ein paar hundert Meter weiter sind andere Trupps im Einsatz, denn dort werden neue Masten gesetzt – auf freier Strecke südlich von Bad Vilbel. Eigentlich sollte ein Helikopter die Masten aus dem Lager neben dem Bahnhof holen und von oben neben die Gleise setzen. Eine heikle Mission, denn die Piloten müssen dabei so vorsichtig agieren, dass sie die bestehenden Leitungen nicht zerstören.
Doch der gebuchte Helikopter blieb aus. Aufgrund der Corona-Pandemie durften die beiden Schweizer Piloten nicht einreisen oder hätten erst einmal 14 Tage in Quarantäne gemusst.

Dieser neue Mast für die Oberleitungen liegt am Bad Vilbeler Bahnhof bereit. Acht neue Masten sind an der Strecke bereits aufgestellt worden.

Der Projektleiter für den Bahnausbau, Julian Fassing, musste also umdisponieren. »Wir haben die Masten dann mit einem Zwei-Wege-Bagger an die vorgesehenen Punkte gebracht und aufgestellt.« Insgesamt acht neue Masten für zusätzliche Oberleitungen seien eingebaut worden. Zudem seien neue Oberleitungen gespannt worden. An anderen Bahnhöfen, etwa in Frankfurt-West, hätten Weichenarbeiten stattgefunden. In Berkersheim war ein weiterer Trupp von Arbeitern tätig und hat mittels einer riesigen Maschine Bohrpfähle für eine neue Brücke eingebracht.

Strom abgeschaltet
Insgesamt war also eine Menge los an dem gesperrten, 13 Kilometer langen Abschnitt der Bahnstrecke. Für die umfangreichen Arbeiten musste an zwei Wochenenden die Strecke komplett gesperrt werden. Der Fernverkehr wurde von Friedberg her kommend über Hanau umgeleitet, die S 6 fuhr nur zwischen Friedberg und Karben. Für die weitere Strecke nach Frankfurt wurden Busse eingesetzt.
»Die Vollsperrungen der Bahnstrecke waren notwendig, damit die Arbeiter sich ungehindert im Gleisbett bewegen konnten«, begründet Fassing. Es werde bis zum Sommer auch noch weitere Sperrungen geben. Am Osterwochenende war das besonders wichtig, denn der Strom musste aus den Fahrdrähten abgeschaltet werden. Über den bereits verlegten Weichen und über dem potenziell ersten von zwei zusätzlichen Gleisen zwischen Ginnheim und der Maybachbrücke beim Bahnhof Eschersheim wurden ebenfalls neue Oberleitungen verlegt.

Zwangspausen einlegen
Der Einbau von neuen Oberleitungen sei ein sehr komplexer Vorgang. Der sei noch nicht abgeschlossen, weshalb die Strecke an allen Wochenenden in den Sommerferien erneut voll gesperrt werden müsse.
All diese Arbeiten dienen einem Zweck: dem Ausbau der Main-Weser-Bahn. Die S-Bahn erhält laut Deutscher Bahn eigene Gleise. Zurzeit verkehren auf den beiden Gleisen zwischen Friedberg und Frankfurt-West sowohl die S-Bahnen als auch Fernzüge, Güterzüge und der Regionalverkehr. Die Strecke gilt seit vielen Jahren als komplett überlastet. Da der Fernverkehr Vorrang hat, muss die S6 immer mal wieder etwa in Bad Vilbel, am Frankfurter Berg oder eben in Frankfurt-West Zwangspausen einlegen, damit die höherrangigen Züge vorbeifahren können.

Im Spätsommer soll laut Projektleiter Fassing das erste Teilstück des zusätzlichen Gleises, und zwar zwischen Bockenheim und Eschersheim, in Betrieb gehen. »Wir sind da voll im Zeitplan.« Wer aber nun denkt, dann sei alles fertig, irrt. Das Millionen-Projekt sieht ein weiteres zusätzliches Gleis bis Bad Vilbel vor sowie den barrierefreien Umbau aller Bahnhöfe entlang der Strecke. Da dürfte es noch manche Streckensperrung geben.

 

 

 

 

 

Zeitplan der ersten Baustufe

Die erste Baustufe des Gesamtprojektes (viergleisiger Ausbau zwischen Frankfurt und Friedberg) verläuft zwischen Frankfurt-West und Bad Vilbel. Auf dem 13 Kilometer langen Abschnitt wird die Main-Weser-Bahn von zwei auf vier Gleise ausgebaut. Die S-Bahn verkehrt künftig auf den östlichen Gleisen. Zudem werden alle Bahnsteige an den Bahnhöfen auf eine einheitliche Länge von 210 Metern und eine Höhe von 96 Zentimetern gebracht, damit die Fahrgäste stufenlos in die Bahnen einsteigen können.
Der Zeitplan sieht vor, ein Teilstück der Gleise im Spätsommer in Betrieb zu nehmen. Zwischen Bad Vilbel und Frankfurt-West sollen zudem neue Schallschutzwände errichtet werden. Noch in diesem Jahr sollen das zweite Gleis für die Fernbahn und auch die Schallschutzwände zwischen Fern- und S-Bahn gebaut werden. Von 2021 bis 2022 werden dann die S-Bahngleise und -bahnsteige umgebaut und in Betrieb genommen. (pe)