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Seilbahn rechnet sich nicht

Nicht nur die Sonne, sondern auch das Seilbahn-Projekt für Bad Vilbel geht wohl unter. Symbolfoto: dpa
Nicht nur die Sonne, sondern auch das Seilbahn-Projekt für Bad Vilbel geht wohl unter. Symbolfoto: dpa

Studie sieht Projekt kritisch – Bahnausbau dringend empfohlen

Bad Vilbel/Niederdorfelden. Sowohl auf der L 3008 als auch auf der Bundesstraße 521 stehen Pendler zur Rushhour morgens und abends im Stau. Wie wäre es da, wenn dem Problem durch eine Seilbahn zu Leibe gerückt würde und die Pendler zur S-Bahn schweben? Diese Idee hatte Niederdorfeldens Rathauschef Klaus Büttner (SPD). Er schlug eine Seilbahn vom Parkplatz an der Hohen Straße im Bereich Hühnerberg zwischen Niederdorfelden und Wachenbuchen bis zum Bad Vilbeler Festplatz vor. Auch die Stadt Nidderau, aus der ein großer Pendlerstrom Richtung Frankfurt kommt, sowie die Gemeinde Schöneck fordern Ideen gegen den täglichen Stau.
Auf Grundlage der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2017 (Quelle IHK Hanau) pendeln täglich auf der untersuchten Strecke 8500 Personen. 68 Prozent fahren mit dem Auto (5780), 30 Prozent nutzen den ÖPNV (2550) und zwei Prozent das Fahrrad (170).

15 Minuten schweben

Damit eine Seilbahn rentabel wäre, müssten sie – je nach Seilbahntyp – von 2000 über 4500 bis hin zu 5500 Passagiere pro Stunde nutzen. Doch so viele Nutzer kämen laut Studie nicht zusammen. Dabei berücksichtigt die Studie auch die in Bad Vilbel geplante Therme und berechnete für sie 2000 Besucher pro Tag sowie den Arbeitgeber Hassia, die Burgfestspiele, den Bad Vilbeler Markt, das Schulzentrum sowie Einkäufer und Pendler zur S-Bahn.
Ausgerechnet wurden 360 Personen pro Richtung in der Spitzenstunde. Dafür müsste der Abstand der Seilbahnkabinen so sein, dass alle 30 Sekunden eine neue Kabine heranschwebt. Den Zeitbedarf für eine Fahrt mit dem ÖPNV und Seilbahn von Schöneck nach Frankfurt gibt die Studie mit 75 Minuten an: Sieben Minuten mit dem Auto bis zum Sammelpunkt (Große Loh), 15 Minuten schweben mit der Seilbahn, fünf Minuten Fußweg, zehn Minuten Wartezeit am Bahnhof, 20 Minuten Bahnfahrt und 15 bis 20 Minuten zum Zielort.

Geprüft wurde ein Trassenvorschlag von 5,94 Kilometern Länge mit 14 Stützen vom Hühnerberg in Niederdorfelden bis zum Festplatz Heinrich-Heine-Straße in Bad Vilbel. Kritische Punkte waren dabei ein Wohngebiet sowie die Stromtrassen. Alternativ wäre eine Zwischenstation an der Bundesstraße 521 und eine Umlenkstation um das Wohngebiet mit Anbindung an die L3205. In diesem Fall wären es 3,95 Kilometer mit etwa neun Stützen und nach der Umlenkstation noch einmal etwa zwei Stützen auf 1,13 Kilometern Länge. Dann schwebte die Seilbahn über ein Gewerbegebiet. Follmanns Fazit lautet: Die Spitzenstunde, also die Pendlerströme morgens und abends, sind abwickelbar. Allerdings sei über den Tag die Nachfrage zu gering für einen wirtschaftlichen Betrieb.

Zweigleisig die Niddertalbahn ausbauen
Der Hühnerberg sei schwierig wegen der Stromleitung, zudem schwebten die Kabinen über ein Wohngebiet, was zu Konflikten führen könne. Statt dessen wird vorgeschlagen, die Konzepte im Schienenverkehr schnellstmöglich zu realisieren: die S 6 auszubauen und die Niddertalbahn zu optimieren. Das bedeute, sie müsse zumindest streckenweise für den Begegnungsverkehr von Bahnen zweigleisig ausgebaut werden. Ferner werden der Halbstundentakt vorgeschlagen sowie die Elektrifizierung. Zudem wird geraten, die Radverkehrsinfrastruktur deutlich zu stärken.

Josef Mistetzky von der Grünen-Fraktion im Niederdorfeldener Parlament meint zur Studie, es sei »traurig und bedauernswert, auf diese Weise Geld zu verbrennen«. Dass der Regionalverband Frankfurt/Rhein-Main für so eine Studie Gelder locker mache, »statt eine hilfreiche und zeitsparende Verlängerung der Buslinie 42/43 von Frankfurt Bergen Ost zum Bahnhof Niederdorfelden einzuleiten«, schade dem ÖPNV.
Jeder wisse, dass am Hühnerberg niemand sei, um die Seilbahn zu nutzen. Schon heute bringe die Bahn Pendler schneller nach Bad Vilbel als dies eine Seilbahn je könne.
Bürgermeister Büttner betonte, mit 4800 Euro handele es sich um eine kostengünstige Studie. Der Regionalverband, die IHK und die Gemeinde hätten jeweils 1600 Euro gezahlt.
 Von Antje Grunenberg-Heuer