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Anbieter zieht sich vom Carsharing zurück

Mobileeee steht zwar noch auf der Tanksäule am Bürgerzentrum. Aber der Parkplatz daneben ist schon seit Monaten leer. Foto: Pegelow
Mobileeee steht zwar noch auf der Tanksäule am Bürgerzentrum. Aber der Parkplatz daneben ist schon seit Monaten leer. Foto: Pegelow

Karben. Die Euphorie war anfangs groß: Umweltfreundlich Autofahren, und das mit anderen teilen. Die Stadt Karben wollte mit einem privaten Anbieter eine Carsharing-Möglichkeit aufbauen. Doch dann kam die Pandemie – und damit alles ganz anders.
»Zapfen ohne Diesel und Benzin«, »Laden, scannen und los«, »Frischer Wind für den Klimaschutz« oder ganz sachlich »E-Autos für Bedienstete und Bürger«. So haben Ende 2017 bis Mitte 2018 einige der Überschriften gelautet, wenn es um das Thema »Carsharing in Karben« ging. Tatsächlich hat die Stadt, die zu den 100 hessischen »Klimakommunen« gehört, ein wichtiges Ziel verfolgt: Den CO2-Ausstoß auf den städtischen Straßen zu verringern und damit umweltfreundliche Mobilität zu ermöglichen. Das Ganze sollte zusammen mit dem Frankfurter Unternehmen »Mobileeee« aufgebaut und zum Erfolgsmodell werden. Mobileeee stellte die Autos vor das Rathaus, die Stadt stellte vor dem Bürgerzentrum zwei Parkplätze und eine Ladesäule zur Verfügung.
Gedacht war das Ganze dergestalt, dass die beiden Fahrzeuge unter der Woche zu den Arbeitszeiten den städtischen Bediensteten zur Verfügung stehen sollten, abends und an Wochenenden den Bürgerinnen und Bürgern. Stadtsprecher Hans-Jürgen Schenk spricht von einer Kofinanzierung durch die Stadt.
Doch offenbar hat die Corona-Pandemie dem Modell nicht gut getan. Denn seit Ende vergangenen Jahres stehen die beiden Parkplätze samt E-Ladesäule am Bürgerzentrum leer.
Der Anbieter Mobileeee hat sich aus der Fläche zurückgezogen. Auf der Homepage des Frankfurter Unternehmens ist als einziger aktueller Standort im Wetteraukreis nur Bad Nauheim aufgeführt. Karbens Stadtsprecher Hans-Jürgen Schenk teilt jetzt auf Anfrage mit, die Stadt bedauere sehr, dass sich »Mobileeee« aus dem Carsharing-Angebot in Karben zurückgezogen hat. Dies sei jedoch eine unternehmerische Entscheidung, »auf die wir keinen Einfluss haben«.
E-Auto für Bedienstete
der Stadt

Zu den Gründen des Rückzugs will sich Mobileeee-Geschäftsführer Michael Lindhof gegenüber dieser Zeitung nicht äußern. Er bittet um Verständnis, »dass wir aufgrund des Wettbewerbsumfelds sowie der Vertraulichkeitswahrung im Rahmen unserer Geschäftsbeziehungen keine detaillierten Auskünfte zu unseren Geschäftsentscheidungen an Dritte reichen«.
Als die Stadt erfahren hat, dass Mobileeee sich zurückziehen würde, hat sie selber gehandelt, da sie zumindest für ihre Bediensteten im Rathaus weiterhin auf E-Mobilität setzt. Am Seiteneingang entstand ein Parkplatz samt Ladesäule; die Stadt erwarb zudem einen VW id3. Damit könnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesen für Dienstfahrten nutzen. Im Stadtgebiet, wo die meisten Fahrten stattfinden, sei man damit klimafreundlich unterwegs, erklärt der Stadtsprecher. Aber auch für weitere Strecken sei das Auto mit einer Reichweite von rund 350 Kilometern geeignet.
Während also die Bediensteten der Stadt noch elektrisch zu ihren Terminen rollen können, gibt es für die Bürgerinnen und Bürger aktuell kein Angebot. Deshalb brachte die CDU-Mehrheitsfraktion zur jüngsten Sitzung der Stadtverordneten einen Antrag ein, der einstimmig verabschiedet worden ist. Darin wird der Magistrat aufgefordert, mit Carsharing-Anbietern Gespräche zu führen, damit den Bürgern wieder eine Carsharing-Möglichkeit in Karben zur Verfügung steht.
Mobilität und
Klimaschutz

Man sehe weiterhin einen Bedarf für Carsharing. Daher bitte man auch im Hinblick auf die Bedeutung einer flexiblen Mobilität und des Klimaschutzes, den Zugriff auf ein solches Angebot in Karben zu ermöglichen, heißt es zur Begründung des Antrages. Stadtsprecher Schenk informiert in diesem Zusammenhang, dass die Stadt bereits mit Anbietern im Gespräch sei.
Ob sich in dieser Angelegenheit auch ein Anruf bei Mobileeee lohnt? Immerhin hat sich der Geschäftsführer in seiner Antwort auf die Presseanfrage ein Hintertürchen offen gehalten. Er teilt zum Standort Karben mit: »Unser Abzug ist nur vorübergehender Natur und wurde maßgeblich durch Umstände im Zusammenhang mit der Pandemie vollzogen. Wir möchten strategisch möglichst rasch und flächendicht alle Kommunen in der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main mit unserem Carsharing-Angebot versehen, müssen nun aber auch die Realitäten betreffs E-Fahrzeugverfügbarkeiten, Lieferengpässe und Ladeinfrastruktur-Aufbau berücksichtigen, die zusammen keine scharfe terminliche Prognose zum heutigen Tage möglich machen.«
Von Holger Pegelow