Veröffentlicht am

Aufräumen fürs Gemeinwohl – Auf dem Rathausplatz beseitigen muslimische Männer freiwillig die Silvester-Böllerreste

Karben. Der erste Tag des neuen Jahres ist nur wenige Stunden alt. Wer jetzt auf der Straße ist, tut es nur seinem Hund zuliebe, oder für die Zeitungsredaktion. Oder aber für das Gemeinwohl, wie die Mitglieder der Ahmadiyya Gemeinde zeigen.

Seit mehr als 20 Jahren bringen sich bundesweit Freiwillige für die Gemeinschaft ein, indem sie frühmorgens zu Schaufel, Besen und Müllsäcken greifen, um die Hinterlassenschaften ihrer feiernden Mitbürger zu beseitigen. Die Angehörigen der Religionsgemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat begehen kein Silvester mit Feuerwerk.

In der frostigen Dämmerung kehren sie vor unseren Haustüren, obwohl sie selbst gar keinen Müll verursacht haben. Das Geld, das andere in der Silvesternacht in den Himmel schießen, verwenden sie stattdessen für eine „Sadqa“ – eine Armenspende.

„Wir wollen damit beweisen, dass wir Ahmadiyya-Muslime integriert sind und das Wohlergehen unserer Mitmenschen achten“, erzählt Amir Chaudhry. Die Aktion sei dabei als Akt der Loyalität und der Friedfertigkeit zu sehen. „Indem wir den Besen in die Hand nehmen und aufräumen, zeigen wir auch, dass der Mensch sich für keine Arbeit zu schade sein soll.“

Die Aufräumaktion nach Silvester habe verschiedene Hintergründe, erklärt Atif Virk. Laut den Worten des Propheten Muhammad sei die Reinheit der halbe Glaube.

Der Sinn dieser uneigennützigen Arbeit solle jede Art des egoistischen und egozentrischen Denkens aus dem Leben der Ahmadiyya- Muslime verschwinden lassen. „Eitelkeit und Prestige-Gedanken sollen keinen Raum haben.“ Gemäß den Worten des Propheten Muhammad sollen die Arbeiten in einer Gemeinschaft stattfinden. Traditionell beginnen die Ahmaddiyya-Muslime um 6.30 Uhr den Neujahrsmorgen mit Dankesgebeten. Dabei komme die Freude des neu angebrochenen Jahres in einem Gebet, dem so genannten Tahajjud, zum Ausdruck. Nach einem Frühstück gehen die Männer schließlich auf den Rathausplatz.

In diesem Jahr haben die Feiernden recht wenig Müll hinterlassen. Nur fünf Müllsäcke sind nötig, um die Hüllen von Knallteufeln, Wunderkerzen, Raketen und Lichtbomben zu beseitigen. Den gesamten Abfall entsorgen dann die Männer vom städtischen Bauhof.