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Bei »Shakespeare in Love« werden die Liebesgeplänkel nicht nur verbal ausgefochten

So fing es bei den Proben im Mai an: Martin Bringmann (li.) und Bert Tischendorf kreuzen beim Fecht-Training auf der Mauer der Burg die Klingen. Foto: Mag
So fing es bei den Proben im Mai an: Martin Bringmann (li.) und Bert Tischendorf kreuzen beim Fecht-Training auf der Mauer der Burg die Klingen. Foto: Mag

Bad Vilbel. »Shakespeare in Love« erzählt nicht nur die Liebesgeschichte zwischen dem jungen englischen Dichter und seiner angebeteten Viola. Auch mit Konkurrenten der Theaterbranche muss sich William auseinandersetzen. Dass im 16. Jahrhundert nicht jeder Konflikt verbal geklärt wurde, ist bekannt, und so zücken auch die Schauspieler bei den Burgfestspielen die Degen. Natürlich wurden die Kämpfe vorher genau einstudiert.
Der ein oder andere Spaziergänger dürfte am späten Nachmittag eines verregneten Maitages seinen Augen kaum noch getraut haben: Da stehen zwei Männer mit langen Haaren und gekleidet in Roben der Renaissance auf der Mauer der Burg und beharken sich mit ihren Degen. Ein Riss im Raum-Zeit-Kontinuum ist daran nicht schuld. Die Erklärung? Viel nahe liegender. Es sind Kampf-Proben zur Inszenierung »Shakespeare in Love«, die noch bis Ende August bei den Burgfestspielen läuft.
Auf der Mauer balancieren Bert Tischendorf, der in die Rolle von William Shakespeare geschlüpft ist, und Martin Bringmann, der den Kontrahenten Lord Wessex spielt. »Probiert bitte noch einmal die erste Bewegung«, ruft Annette Bauer den beiden Schauspielern von der anderen Seite des Burggrabens aus zu. Sie ist die Choreografin für die Kampfszenen.
ein hauen und stechen
Tischendorf und Bringmann sind bereit und gehen den Bewegungsablauf noch einmal von vorne durch. Langsam versteht sich. Denn sämtliche Bewegungen müssen sitzen – ganz ungefährlich sind ihre Show-Waffen nicht.
»Drei Mal wird in dem Stück gefochten, und das ist ein Hauen und Stechen«, erklärt Bauer. »Und diese Bewegungen werden choreografiert wie auch ein Tanz in Musicals.«
Die Kämpfe sollen realistisch wirken, schnell und atemraubend sein. Deshalb sei die Genauigkeit beim Training so wichtig, schließlich soll sich niemand verletzen. Die Degen sind zwar nicht scharf und die Spitze ist abgerundet worden. Dennoch bestehen sie aus Metall. »Uns nicht zu verletzen wäre gut, denn es kommen ja noch ein paar Vorstellungen«, sagt Martin Bringmann, lacht und nimmt auf einem Stuhl in der Zehntscheune Platz.
Hier können Tischendorf und er sich kurz ausruhen, bevor es gemeinsam mit Annette Bauer zum restlichen Ensemble geht. »Jeder muss in jedem Moment wissen, wo der andere hinschlagen wird«, ergänzt Bert Tischendorf. Die Grundtechniken des historischen Fechtens habe jeder Schauspieler in seiner Ausbildung bereits einmal näher gebracht bekommen. Annette Bauer bringt dies beispielsweise den Studentinnen und Studenten der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt bei.
Die Wege kennen
Martin Bringmann: »Wir lernen beim Fechttraining auch genau, wie die Wege sind. Wir müssen im Hinterkopf Augen haben.«
Dazu Annette Bauer: »Ganz genau. Deshalb gehen wir das Fechten ganz langsam an und proben die entsprechenden Szenen vor jeder Vorstellung noch einmal kurz.« Die Kämpfe im Stück sollen sich aus der Handlung entwickeln und in ihrer Dynamik die Emotionen der einzelnen Figuren zum Zuschauer transportieren.
Zur der Zeit, in der das Stück spielt, im 16. Jahrhundert, erlebte die Fechtkunst einen großen Wandel. Die Bologneser Fechtkunst setzte weiterhin auf bewährte Techniken, die aus Hieb und Stoß bestanden, doch an vielen anderen Orten in Europa wurde nur noch zugestoßen. Statt Fechtwaffen mit breiten Schwertern wurden eher dünne und langgezogene benötigt. Ihre militärische Bedeutung verlor die Fechtkunst im Laufe des 17. Jahrhunderts wegen des Aufkommens der Handfeuerwaffen.
neun Termine im August
Wer »Shakespeare in Love« in der Burg sehen möchte, sollte sich ranhalten. In diesem Monat steht die Inszenierung noch täglich bis Donnerstag, 25. Juli, auf dem Spielplan und dann noch neun Mal im August. Bei fast allen Terminen sind schon viele Karten im Vorverkauf gebucht worden. Tickets gibt es im Kartenbüro, Klaus-Havenstein-Weg 1, Telefon (06101) 559455. Sie kosten zwischen 21 und 46 Euro. Der Spielplan ist online unter www.kultur-bad-vilbel.de zu finden.