Veröffentlicht am

Bürgermeister Thomas Stöhr tritt nicht mehr an – Stadtoberhaupt strebt keine vierte Amtszeit an

Thomas Stöhr Foto: Privat
Thomas Stöhr Foto: Privat

Von Patrick Eickhoff

Bad Vilbel. Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) wird nicht bei der kommenden Direktwahl kandidieren. Dies hat er in einer persönlichen Mitteilung seiner Partei sowie in einem Brief allen städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie dem Magistrat erklärt. Diese Entscheidung sei ihm sehr schwer gefallen und beruhe ausschließlich auf privaten Gründen.

Damit haben wohl die wenigsten gerechnet: Thomas Stöhr wird nicht für eine weitere Amtszeit bei der Direktwahl im Frühjahr 2022 zur Verfügung stehen. Noch vor einigen Monaten sei er fest entschlossen gewesen, für eine weitere Amtszeit zu kandidieren. »Die Entwicklung in meinem privaten Umfeld der vergangenen Wochen und Monate lassen mich nach reiflicher Überlegung und Abwägung zum Schluss kommen, dass ich mich den Anforderungen eines intensiven Wahlkampfs und den Belastungen einer weiteren Wahlperiode nicht mehr stellen sollte«, führte er in einer Stellungnahme aus.
Er bezeichnete es als »seine Herzensaufgabe«, für seine Geburts- und Heimatstadt Bad Vilbel nunmehr seit dem schon ab dem 1. Januar 2000 als Erster Stadtrat und ab dem 17. Juni 2004 als Bürgermeister wirken zu können. Besonders das gemeinsame Voranbringen wichtig erkannter Projekte habe ihm viel Freude bereitet. Er könne sich nichts Schöneres vorstellen als die Aufgaben eines Bad Vilbeler Bürgermeisters.

Dank gilt Mitarbeitern, Bürgern und Magistrat
Stöhr dankte den Bürgerinnen und Bürgern für die vertrauensvolle Beauftragung in drei Direktwahlen jeweils im ersten Wahlgang. Bei der Wahl am 28. September 2003 setzte sich Stöhr mit 71,9 Prozent gegen Roland Fischer (SPD, 26,9 Prozent) durch. 2010 mit 57,8 Prozent gegen Helmut Betschel-Pflügel (offiziell parteilos – mit Unterstützung von SPD und Grüne, 24,3 Prozent) sowie 2016 mit 65,7 Prozent gegen Clemens Breest (Grüne, 22,7) und Raimo Biere (damals Freie Wähler, 11,6). Eine vierte Amtszeit wird es nicht mehr geben.
Der Rathauschef sprach den städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem Magistrat für die große Unterstützung, den Gremien der Stadt für deren Respekt und Zusammenarbeit und den Gremien der CDU für den zu jeder Zeit bestehenden uneingeschränkten Rückhalt sowie das stets gegebene Vertrauen aus großen Dank aus.

Zukunftsorientiert und besonnen
Bad Vilbels Christdemokraten nehmen die Ankündigung zum Anlass, das jahrzehntelange Engagement Stöhrs für Bad Vilbel zu würdigen und sich für seine herausragende Arbeit als Stadtoberhaupt zu bedanken. »Sein Engagement, fleißig, zukunftsorientiert und besonnen, galt immer dem Wohle der Bad Vilbelerinnen und Bad Vilbeler. Das haben ihm diese auch mit hervorragenden Wahlergebnissen bei seinen zwei Wiederwahlen vergolten«, so der CDU-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete Tobias Utter.
Unter Führung von Stöhr habe sich Bad Vilbel »zu einem eigenständigen und lebendigen Mittelzentrum mit unverwechselbarem Charakter und viel Charme entwickelt.« In seinen drei Amtszeiten habe das Stadtoberhaupt unzählige Projekte initiiert, vorangebracht und umgesetzt, resümiert Utter: »So haben wir es vor allem ihm zu verdanken, dass wir heute eine einzigartige und allseits beliebte Stadtmitte mit einer Bibliotheksbrücke haben. Hierfür hat er auch schwierige Debatten mit Kritikern, die das Projekt verhindern wollten, nicht gescheut.«
Besonders eingesetzt habe sich der Bürgermeister zudem für den Ausbau der Burgfestspiele, die Schaffung von Wohnraum im Quellenpark samt Neugestaltung des Bahnhofsplatzes, den Bau der Feuerwehrhäuser auf dem Heilsberg und in Gronau und den Ausbau der Kinderbetreuung. Herzensanliegen waren ihm auch die Stärkung des Ehrenamts und der hiesigen Vereine, eine personell und medial gut ausgestattete Stadtbibliothek und die Bewerbung um die Ausrichtung des Hessentages. »Er hat immer ein offenes Ohr für die Menschen und legt dabei Wert auf Sachlichkeit und Gewissenhaftigkeit. Dieser Stil zeichnet ihn als Politiker und Menschen aus.«

SPD lobt Stöhrs Umsicht und Zuverlässigkeit
Die Bad Vilbeler SPD schreibt in einer Pressemitteilung: »Wir haben Dr. Stöhr immer als kompetenten und zuverlässigen Gesprächspartner erlebt, der auch die Opposition stets ernst genommen hat und immer ein offenes Ohr für die Bürgerinnen und Bürger hatte.« In seiner Zeit als Bürgermeister habe sich das Bild von Bad Vilbel sehr geändert, beispielhaft sei hier die Gestaltung der »Neuen Mitte« und die Entwicklung des Gewerbegebiets Krebsschere aber auch die neuen Wohngebiete genannt. Aber auch das kulturelle Leben in Bad Vilbel, wie das Open-Air Kino oder die rasante Entwicklung der Burgfestspiele würden immer mit dem Namen des Bürgermeisters eng verbunden bleiben.
»Auch in finanziellen schwierigen Zeiten, zum Beispiel Bad Vilbel einer Haushaltssperre unterlag, hat Dr. Stöhr in seiner Funktion als Kämmerer mit großer Umsicht gehandelt und die Stadt wieder in ruhigere Gewässer lenken können.« Fraktionsvorsitzender Christian Kühl sagt: »Wer drei Bürgermeisterwahlen so überragend für sich entscheiden konnte, wie Dr. Stöhr kann in seiner Arbeit nicht viel falsch gemacht haben. Ich habe die Unterhaltungen und die Zusammenarbeit immer geschätzt, weil ich wusste, dass er immer das Wohl von Bad Vilbel im Sinn hat und auch über die Parteigrenzen hinweg gedacht hat. Die Stadt Bad Vilbel wird einen hervorragenden Rathauschef verlieren, der große Fußstapfen für seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger hinterlassen wird.«

Auch auf Landesebene sehr engagiert
Für die FDP kommentierte Jörg-Uwe Hahn den Entschluss von Thomas Stöhr: »Ich habe sehr großen Respekt vor der Entscheidung meines Bürgermeisters. Ich habe gerade in den vergangenen Jahren als Vorsitzender der FDP-Fraktion und noch enger als Sozialdezernent mit ihm zusammengearbeitet. Dabei erlebe ich ihn ja nicht nur in Bad Vilbel, sondern als Präsident des Hessischen Städte- und Gemeindebundes (HSGB) auch auf Landesebene. Thomas Stöhr ist immer gut vorbereitet, Finanzen und Recht sind seine Leidenschaft! Und Menschlichkeit ergänzt es.« Jedenfalls wird es mit meiner Heimatstadt im kommenden Jahr anders werden. Wer dann auch TS im Amt des Bürgermeisters folgen wird.

Grüne erkennen viele Impulse an
Die Grünen bedanken sich für das umfassende Engagement Stöhrs »Seiner persönlichen Entscheidung zolle ich große Anerkennung verbunden mit den besten Wünschen für die anschließende Zeit«, sagt Vorsitzender Clemens Breest. Fraktionsvorsitzende Kathrin Anders betont: »Mit Bürgermeister Thomas Stöhr konnten wir auch bei unterschiedlichen Sichtweisen immer sprechen. Er strebte oft einen Ausgleich an. Das wissen wir sehr zu schätzen und danken ihm dafür.« Durch den Bürgermeister habe die Stadt sehr viele Impulse zur Stadtentwicklung erfahren. So sind in seiner Amtszeit viele Feuerwehrgerätehäuser neu gebaut, die neue Mitte errichtet, das Kurhaus saniert und die neue Stadthalle gebaut worden.

Utter schlägt Wysocki vor

Die Ankündigung von Thomas Stöhr, nicht mehr zu kandidieren, stelle nicht nur für die Quellenstadt, sondern auch für den CDU-Stadtverband und die Fraktion  eine Zäsur dar, so Bad Vilbels Parteivorsitzender Tobias Utter. »Dennoch wollen wir nun auch in die Zukunft blicken. Ich werde dem Parteivorstand der CDU Bad Vilbel deshalb unseren Ersten Stadtrat Sebastian Wysocki als Kandidat für die kommende Bürgermeisterwahl vorschlagen.«

Erst Finanzwirt, Jurist und Richter und  dann Kommunalpolitiker

Thomas Stöhrs beruflicher und politischer Werdegang

Thomas Stöhr ist in Bad Vilbel geboren und hat sein Abitur an der Augustinerschule Friedberg gemacht. Er studierte zunächst Finanzwirtschaft in Fulda und anschließend Jura an der Goethe-Universität Frankfurt. Nach seinem zweiten juristischen Staatsexamen war er in der Wirtschaft tätig, danach als Richter und schließlich in der Verwaltung.
Der CDU ist der Bad Vilbeler 1985 beigetreten. Zuvor war er in der Jungen Union aktiv. Seine ersten Erfahrungen sammelte er allerdings nicht in Bad Vilbel, sondern in Karben. 1989 wurde er in die dortige Stadtverordnetenversammlung gewählt. Ihr gehörte er zehn Jahre an, war am Ende Vorsitzender der CDU-Fraktion.
Im Dezember 1999 wählten ihn Bad Vilbels Stadtverordnete zum hauptamtlichen Ersten Stadtrat von Bad Vilbel. Seine Zuständigkeitsbereiche mit dem Amtsantritt zum 1. Januar 2000 waren: Finanzen, Hauptverwaltung, Personal und Liegenschaften. Nach drei Jahren als Erster Stadtrat wurde Thomas Stöhr am 28. September 2003 mit 71,9 Prozent zum Bürgermeister der Stadt Bad Vilbel und damit als Nachfolger des langjährigen Amtsinhabers Günther Biwer (CDU) gewählt. Es folgten zwei weitere Wahlerfolge 2010 und 2016.
Stöhr wirkt auch überregional unter anderem als Präsident des Hessischen Städte- und Gemeindebundes oder als Gruppenvorsitzender der CDU in der Verbandskammer des Regionalverbandes Frankfurt am Main. Auch in den Präsidien des Deutschen Städte und Gemeindebundes sowie des Kommunalen Arbeitgeberverbands Hessen ist er aktiv. Am 16. September wird Thomas Stöhr noch die Mitgliederversammlung zum 75. Jubiläum des HSGBs als Präsident leiten. Zu diesem Zeitpunkt steht die turnusmäßige Rotation an, so dass dann der schon vorgesehene Kollege Matthias Baaß (SPD) das Präsidentenamt übernehmen wird. »Ich werde dann Vizepräsident werden. Bis zu meinem endgültigen Ausscheiden wird dann noch die CDU-Gruppe im HSGB eine Nachfolgerin und Nachfolger bestimmen«, sagt Stöhr. (wpa/hir)