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Daheim entrümpeln – Kirchengemeinde Windecken versteigert kostbare Gegenstände fürs neue Gemeindehaus

Dinge loswerden und dabei etwas Gutes tun, das kann man derzeit in Windecken. Die evangelische Kirchengemeinde plant eine Wertvoll-Auktion. Der Erlös kommt dem Gemeindehaus zugute.

Nidderau. Das Bild zeigt zwei Segelboote, die im Hafen liegen, eine Häuserzeile. Es ist eine typische Hafenszene in Italien. Der Regensburger Künstler Hans Ostermeier hielt diese Momentaufnahme 1959 in seinem Ölgemälde fest. Der Windecker Erich Wagner (76) war Jahrzehnte mit dem Künstler befreundet, viele Jahre hing das Gemälde in seinem Wohnzimmer.

Nun stellt Wagner das Bild für eine Auktion zur Verfügung – doch nicht etwa für irgendeine Auktion, sondern für die Veranstaltung „Wertvoll“ der evangelischen Kirchengemeinde. Die Idee der Wertvoll-Auktion ist, dass Menschen sich von Dingen trennen, die zwar objektiv wertvoll sind, sie selbst aber nur hin- und hergeräumt werden.

Aufgrund von Renovierungsarbeiten passt das 80 mal 60 Zentimeter große Bild nicht mehr zur Einrichtung. „Ich wollte es aber nicht auf einen Flohmarkt geben“, sagt Wagner. Das Bild für einen guten Zweck zu spenden, erachtet er als sinnvoller. An seiner Wohnzimmerwand haben kleinformatige Bilder das Gemälde inzwischen ersetzt.

Ruth Westphal spendet gleich mehrere Gegenstände: drei Ölgemälde, einen Kronleuchter, eine Heimorgel und eine Kommode. Die Ölgemälde hat ihr Mann Franz gemalt. Im Haus der Westphals hängen weitere Ölgemälde an den Wänden. „Ich hänge an jedem einzelnen Stück“, sagt Ruth Westphal. Der Kronleuchter, den sie spendet, stammt aus dem Familienbesitz ihres Mannes. Die Heimorgel steht verwaist im Keller, einst spielten Kinder und Enkel darauf. „Vielleicht findet sie einen Liebhaber“, sagt Westphal.

Gemälde & Hocker

Bisher wurden ein Laubsauger, Stehhocker, Ölgemälde, Platten aus Kunstguss, eine Lampe, eine Sammlung Überraschungseierfiguren und die Gesamtausgabe von Brehms Tierleben von 1928 gespendet. „Die Idee für die Auktion hatten wir, als uns eine Familie eine Streuobstwiese gestiftet hat“, sagt Helmut Levin, Koordinator der Auktion. Das 663 qm große Grundstück ist mit 2000 Euro die bisher wertvollste Spende. Das Grundstück mit kleinem Bestand an Apfelbäumen liegt südlich der Bahnhofstraße. Eine außergewöhnliche Spende stiftet auch Gemeinde- und Naturpädagogin Anke Richter: eine Veranstaltung zur sinnlichen Wahrnehmung im Wert von über 100 Euro für maximal zwölf Teilnehmer.

Pfarrerin Friederike Erichsen-Wendt findet die Auktion „großartig und außergewöhnlich“. „Ich bin stolz darauf, dass unsere Gemeinde etwas Derartiges auf die Beine gestellt hat“, sagt sie. Die Idee stamme von einer Dame in der Gemeinde, die in den USA gelebt habe, wo solche Auktionen üblich seien. In der Region ist die Auktion bislang die einzige dieser Art.

Um mehr Aufmerksamkeit zu gewinnen, hat der Kirchenvorstand die Auktion auf den 29. September gelegt, den Tag der Kirchenvorstandswahl in Kurhessen-Waldeck. Und dabei auch einen prominenten Gast als Auktionator gewinnen können: Der Bischof der Landeskirche Kurhessen-Waldeck, Professor Martin Hein, wird die Versteigerung durchführen. Die Teilnehmer erhalten eine Nummer, mit der sie ein Gebot abgeben können. Derjenige, der am meisten bietet, erhält den Gegenstand nach Barzahlung oder Überweisung.