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Erfolge und Frust

Flüchtlingskoordinatorin benennt im Sozialausschuss Probleme in den Unterkünften

Realistisch und dadurch teilweise erschreckend fiel die Bilanz der Bad Vilbeler Flüchtlingskoordinatorin Susanne Förster in der Sitzung des Sozialausschusses aus. Doch trotz aller Spannungsfelder wollen die Beteiligten weiter an Lösungen arbeiten.

Bad Vilbel. Immer wieder bekommt Susanne Förster als Flüchtlingskoordinatorin der Stadt diesen Satz zu hören: „Es sind doch eure Flüchtlinge.“ Ein Satz, den sie entschieden bekämpft: „Die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Integration der Geflüchteten zu bewerkstelligen, ist noch nicht in allen Köpfen angekommen. Die Menschen sind da, und sie werden bleiben“, sagt sie in der Sitzung des Sozialausschusses.

Zahlreiche der Besucher gehören zum Flüchtlingshilfeverein. Vor allem zwischen der Stadt und diesem Verein war es in der jüngeren Vergangenheit zu Spannungen gekommen. Manches Mitglied fühlte sich vor den Karren der Stadt gespannt, etliche vermissten Unterstützung bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit als Hauspate, Dolmetscher oder Deutschlehrer.

„Das Verhältnis zueinander hat sich etwas verschlechtert und soll sich wieder verbessern“, räumt Susanne Förster ein. Sie und Sozialdezernentin Heike Freund-Hahn (FDP) gehören zu den Gründungsmitgliedern des Vereins. „Wir wollten Strukturen geben, damit sie ihren wichtigen Beitrag leisten können“, sagt Förster. Doch ein Problem seien die Zuständigkeiten. „Die Kommunikation ist oft unzureichend, es ergeben sich zähe Verwaltungsakte“, bemängelt sie.

So ist der Wetteraukreis für die finanzielle Ausstattung und die Sozialarbeit über die Regionalen Dienstleistungen Wetterau (RDW) zuständig. Sind Flüchtlinge anerkannt, ist das Job-Center für weitere Schritte zuständig. Die Stadt Bad Vilbel muss für die Unterbringung und Ausstattung der Unterkünfte sorgen – pro Flüchtling sechs Quadratmeter Wohnraum und drei Quadratmeter Allgemeinfläche – sowie einen Runden Tisch und Ansprechpartner für ehrenamtliche Helfer bereithalten.

Soweit die Theorie. Doch in der Praxis ergeben sich schnell Situationen, die die Beteiligten überfordern. Etwa in der Vermischung der Aufgaben durch die Sozialarbeiter vom RDW und der Helfer des Vereins sowie der demnächst drei Hausmeister der Stadt für die Unterkünfte. Das sorgt für allerlei Diskussionen.

Susanne Förster nimmt kein Blatt vor den Mund. Es gebe seitens der Flüchtlinge Hoffnungen, Erwartungen und Dankbarkeit, „aber auch Respektlosigkeit, Ignoranz und Unverständnis sowie Missachtungen von Regeln“. Müllberge vor den Unterkünften, Vandalismus – auch durch Unwissenheit etwa bei der Benutzung von Kochfeldern –, Hygienemängel, Schimmel- und Schädlingsprobleme sowie Wasserschäden halten Betreuer und Hausmeister in Atem. Auch Fehlalarme, zwischenmenschliche Konflikte, plötzliche Auszüge, Lärm und derlei mehr sorgen für Kosten, die die Stadt tragen muss. Alleine der zeitweilige 24-Stunden-Sicherheitsdienst am Georg-Muth-Haus auf dem Heilsberg hatte 20 000 Euro pro Jahr gekostet.

Unzureichend finanziert

Bereits die Grundversorgung und -betreuung durch den Kreis sei unzureichend finanziert, so Förster. „Pro Flüchtling und Tag erhalten wir 8,10 Euro plus eine freiwillige Zulage des Kreises von etwa 1,50 Euro pro Tag. Die Kosten aber betragen rund 13 Euro pro Tag – ohne Personalkosten.“ „Was wir dringend brauchen, sind Wohnungen“, sagt sie weiter. Denn viele der Probleme entstünden dadurch, dass Flüchtlinge trotz Anerkennung in den Erstunterkünften lebten. Sie blockierten dadurch Plätze für Neuankömmlinge. Dazu verzögerten immer wieder baurechtliche Bestimmungen und Brandschutzregelungen die Eröffnung der Micro-Appartements in der Rodheimer Straße. Förster hofft nun, dass die geplanten Bauten für Menschen mit geringen Einkommen im Berkersheimer Weg, in Massenheim und Alt-Dortelweil vorankommen.

Um mehr Geld für die Betreuung der Flüchtlinge zu geben, müsse sich im Kreistag etwas bewegen, denn die Stadt gehe schon ins Defizit, erklärt die Sozialdezernentin Freund-Hahn. Doch nun soll erst einmal auch der Flüchtlingshilfeverein zu Wort kommen, den dessen Vertreter durften im Ausschuss nicht sprechen. Sie sollen den Politikern bei einer noch zu planenden Veranstaltung ihre Sicht der Dinge erläutern.

Christian Klapproth vom Vorstand des Vereins hätte jedoch gerne bereits im Ausschuss Rederecht gehabt. Dennoch stellt er am Ende der Sitzung klar, dass man differenzieren müsse zwischen der Stadtverwaltung und handelnden Personen wie Susanne Förster. Ihren Vortrag empfand er als „sehr gut“, der Flüchtlingshilfeverein habe weiterhin ein großes Interesse an einer Zusammenarbeit.