
Bad Vilbel. In Bad Vilbel ist ein Rechenzentrum-Campus geplant. Zwei Serverhallen sollen dabei neben einem Spielplatz entstehen. Bei den Anwohnern regt sich Widerstand. Sie sind nicht die Einzigen, die sich um die Auswirkungen der Rechenzentren sorgen.
Ganze 63 Schritte – So weit ist das Grundstück, auf dem das neue Rechenzentrum in Bad Vilbel entstehen soll, vom Spielplatz entfernt. Bis zur Wohnbebauung des Quellenparks sind es 151 Schritte. Als Referenz: Ein Fußballfeld ist 105 auf 68 Meter groß. Bei einer Schrittlänge von knapp einem Meter ist ersichtlich, wie nah das Grundstück an dem Spielplatz liegt.
Gegen die Pläne regt sich nun Widerstand. Um das Vorhaben zu verhindern, haben Anwohnerinnen und Anwohner des Quellenparks eine Petition gestartet. Sie werden direkt von dem neuen Rechenzentrum betroffen sein, und Sorgen sich vor allem um die gesundheitlichen Aspekte. So werden die beiden Serverhallen – denn der Rechenzentrum-Campus wird zwei Gebäude erhalten – mit Notstromdieselgeneratoren versehen.
Diese Generatoren müssten einmal im Monat laufen, um ihre Funktionalität zu prüfen. Einmal im Jahr laufen alle Generatoren gleichzeitig, erklärt Dr. Werner Neumann, wissenschaftlicher Beirat und Sprecher Arbeitskreis Energie beim BUND.
Bis zu 50 Meter
hohe Anlagen
Die Gebäude dürfen laut dem Vorentwurf des Bebauungsplans 32,5 Meter hoch werden. »Das sind umgerechnet elf Stockwerke«, sagt Oliver Nowacki. Er ist einer der zehnköpfigen Gruppe, die die Petition gestartet haben. Auf dem Gebäude dürfen zudem Schornsteine aufgestellt werden – bis zu 17,5 Meter hoch. »Zusammen wird das circa 50 Meter hoch werden.« Ein Blick in den Entwurf des Bebauungsplans zeigt, dass auf dem einen Gebäude 20 Schornsteine entstehen sollen, auf dem zweiten 16. Die Rechenzentren würden zusammen bei einer Kapazität von 160 Megawatt liegen. »Das haben wir in der Größe hier im Rhein-Main-Gebiet noch nicht erlebt«, sagt Neumann. »Wir können uns nicht erklären, warum die Nachfrage so groß ist.«
»Die geplante Kapazität von 160 Megawatt spiegelt den steigenden Bedarf an Rechenleistung wider«, sagt Bad Vilbels Pressesprecher Yannick Schwander. Die Entwicklung werde durch die zunehmende Digitalisierung getrieben. Zudem sei das Rhein-Main-Gebiet der zweitwichtigste Standort für Rechenzentren in Europa – nach London. Die geplante Größenordnung entspreche dem aktuellen Trend in der Region.
Mittlerweile hat die Petition der Anwohnergruppe 755 Unterschriften. Als sie mehr als 630 Unterschriften erreicht haben, hat die Gruppe die Petition weitergeleitet, sagt Nowacki. In Bad Vilbel braucht es mindestens 630 Unterschriften, damit eine Petition von dem zuständigen Gremium behandelt wird. Dann folgte die Ernüchterung: Die Petition wird nicht an die zuständige Stelle weitergeleitet.
Nowacki wurden dafür verschiedene Gründe genannt. So hätte die Gruppe die Petition nicht auf »change.org« erstellen dürfen. Lediglich eine Petition über die Plattform »openpetition«, mit der die Stadt kooperiere, werde akzeptiert. Unter den 630 geforderten Unterschriften dürften nämlich nur Bad Vilbeler sein. Für Nowacki unverständlich, denn die Auswirkungen des Rechenzentrum-Campus würden auch Leute außerhalb der Stadtgrenzen betreffen.
Die Plattform ermögliche der Stadt, den weiteren Verlauf einer Petition starten zu können, sagt Schwander. »Bürgermeister Sebastian Wysocki habe noch nie eine andere Art von Petition, Unterschriftenliste oder Eingabe verweigert. Die Gruppe der Quellenparkanwohner hat eine Beschwerde beim Petitionsausschuss des Landes eingereicht und die Kommunalaufsicht informiert.
Von Jennifer Ningel