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Heuchelei und Lügen münden in Liebe

Beatrice und Benedikt (Alice von Lindenau und Florian Thunemann) - das Traumpaar wider Willen sorgte mit scharfzüngigen Wortgefechten für zahlreiche Glanzpunkte der Inszenierung und heimste mehrfach Szenenapplaus ein. Foto: Sommer
Beatrice und Benedikt (Alice von Lindenau und Florian Thunemann) - das Traumpaar wider Willen sorgte mit scharfzüngigen Wortgefechten für zahlreiche Glanzpunkte der Inszenierung und heimste mehrfach Szenenapplaus ein. Foto: Sommer

Bad Vilbel. Am Ende wird alles gut. Vorher allerdings gibt es »Viel Lärm um nichts«. Zur Freude der Zuschauer. In der Shakespeare-Komödie wird gelogen, betrogen und geheuchelt. Kürzlich feierte das Stück unter der Regie von Milena Paulovics Premiere bei den Burgfestspielen in der Wasserburg und ist ab Donnerstag wieder zu sehen. Dramaturgin Ruth Schröfel erzählt, von der Herausforderung vor allem aber dem Spaß daran, Shakespeare auf die Bühne zu bringen.
Es wird bunt auf der Bühne. Manchmal hinterlistig. Und heuchlerisch. Vor allem aber wird es wortreich. In der Wasserburg wird Shakespeare gespielt. Dramaturgin Ruth Schröfel verspricht: »Es wird sehr lustig, aber auch einen ernsten Kern haben.« Genau das mache Shakespeare noch heute, 400 Jahre nachdem er seine Stücke geschrieben hat, so besonders und zeitlos: »Er beschäftigt sich mit dem Menschsein, nimmt Charaktere und deren Beziehungen in den Blick. Und das ist schließlich in jedem Jahrhundert, in jeder Epoche das, was uns immer aufs Neue beschäftigt.«
»Viel Lärm um nichts« ist eine Komödie, in deren Mittelpunkt ein Geflecht an Beziehungen und Paaren steht – vor allem die schlagfertigen Wortgefechte zwischen der Nichte des Gouverneurs, Beatrice, und Benedikt.
»Du und ich, wir sind viel zu klug, um uns der Liebe zu ergeben.« So sagt es Beatrice zu Benedikt. Die beiden sind eines von zwei Paaren (zumindest sind sie das am Schluss des Stücks), die sich durch Intrigen, Lügen und Verleumdungen schlagen müssen. Los geht es mit einer Zusammenkunft der Charaktere. Ort der Handlung ist Italien. Eine Besonderheit für Dramaturgin Schröfel: »die drei Frauenfiguren, die völlig unterschiedliche Charaktere sind und völlig unterschiedliche Einstellungen haben«.
Da ist einmal Beatrice, »eine sehr selbstbewusste Frau, die das Lieben und das Heiraten ablehnt, weil sie sich keinem Manne unterordnen wolle.«
Beatrice: »Erst wenn unser Herrgott die Männer aus einem anderem Stoff macht als aus Erde. Denn ist es nicht erniedrigend für eine jede Frau, sich einem Stück Dreck zu versprechen? Und so einem Dreckstück auch noch Rechenschaft über ihr Leben zu schulden? Nein, nicht mit mir.«
Boshaft und immer
unglaublich intelligent

Beatrice »mit dem flinken Mundwerk« trifft auf Benedikt, »und es gibt sofort ein Feuerwerk an spitzen Bemerkungen«. Die Zuschauer würden sofort merken: Die zwei passen zusammen. Die beiden allerdings sind damit beschäftigt, sich »Dinge um die Ohren zu hauen«, wie Schröfel es beschreibt. »Sarkastisch, boshaft, aber immer auch unglaublich intelligent, mit Witz und Schlagfertigkeit.«
Im Gegensatz zu diesen beiden steht die Beziehung zwischen Hero – »eine Frau, die meint, den Konventionen der Gesellschaft entsprechen zu müssen« – und Claudio. Das Paar steht kurz vor der Hochzeit. Doch das Eheglück droht zu scheitern. Durch eine Intrige.
Die dritte Frauenfigur, Margaret, die Kammerzofe, beschreibt Schröfel als »eine Handfeste, die freizügig lebt und weiß, was sie will.«
Spaß an
destruktiver Energie

Hinzukommen weitere Akteure – die einen spinnen die Intrigen, die anderen sorgen dafür, dass am Ende doch alles gut (und geheiratet) wird. Diese Kontraste, sagt Schröfel, sind der Kern des Stücks. »Der Spaß an destruktiver Energie spielt hier eine große Rolle in gesellschaftlichen Zusammenschlüssen« – für die Figuren einerseits, für die Zuschauer in der Wasserburg andererseits.
Es ist das dritte Jahr, in dem ein Shakespeare-Stück auf dem Programm der Burgfestspiele steht. Vergangenes Jahr begeisterte dasselbe Regie-Team mit »Was ihr wollt« das Publikum. Dieses Mal hat sich das Team für eine zeitlose Ästhetik entschieden, erzählt Schröfel: »Das Bühnenbild ist anders, viel bunter. Ebenso die Kostüme, eher in der 2. Hälfte des vergangenen Jahrhunderts angesiedelt, enthoben einer Zugehörigkeit zu einer genau zu bestimmenden Epoche.«
Das ist, gerade bei klassischen Autoren, immer auch eine Gratwanderung. Shakespeare wortgetreu (bzw. Eins-zu-eins-Übersetzungen seiner Texte) wiederzugeben ist kaum noch möglich. Dafür sind die Texte zu alt, die Wortspiele zu fremd, um ein Publikum am Ball zu halten. »Man muss natürlich diese Scharfzüngigkeit in relativ moderne Sprache umsetzen, sonst funktioniert das nicht mehr«, sagte Ruth Schröfel. »Letztlich haben wir uns für eine klare Sprache entschieden, von der wir glauben, dass sie auf der Bühne gut herüberkommt.«
Aus den Ordnern mit neun möglichen Übersetzungen hat das Team die von Brandon Larch ausgewählt. Und, so glaubt die Dramaturgin, damit die beste Variante gefunden: »Ich finde nicht, dass Shakespeare es verdient hat, museal behandelt zu werden.« Von Sabrina Dämon

Fünf Vorstellungen
Für August stehen noch weitere fünf Vorstellungen von »Viel Lärm um nichts« auf dem Spielplan, die beiden nächsten am Samstag und Sonntag, 13. und 14. August. Die Schlussrunde dauert vom 26. bis 28. August. Zu allen Auftritten werden rund 30-minütige Einführungsgespräche angeboten. Diese finden jeweils um 19 Uhr (sonntags um17 Uhr) im Kulturzentrum Alte Mühle ( 4 Gehminuten vom Eingang zur Burg) statt. Geboten werden Informationen zum Hintergrund des Stückes und zur aktuellen Inszenierung. (hir)