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Im Rathaus war der Weinkeller – Lokalhistoriker sammeln und erzählen Geschichten aus dem alten Kilianstädten

Schöneck. Beim Rundgang durch den alten Ortskern von Kilianstädten sprudeln die Geschichten nur so aus Ludwig Wacker und Willi Menger heraus. Beide sind hier geboren und aufgewachsen. Wacker und Menger haben sich mit anderen zum Arbeitskreis (AK) Ortsgeschichte Kilianstädten zusammengefunden. „Wir wollen die historische Geschichte des Dorfes sowie Geschichten aus dem Ort erzählen und den Nachkommen überliefern“, sagen die zumeist älteren Herren. Daniel Sulzmann ist mit 37 Jahren der jüngste. Und es gibt einiges aus dem einst selbstständigen Dorf Kilianstädten zu erzählen. So steht das älteste Haus in der Pfarrgasse 8. Von dem Gebäude – dem man sein Alter nach Sanierungsarbeiten äußerlich nicht ansieht – sei überliefert, dass es den 30-Jährigen Krieg überdauert habe, erklären die Mitstreiter des AK.

Ziel des AK ist es, möglichst noch in diesem Jahr ein Buch zu veröffentlichen. Es soll den Titel „Kilianstädten – Geschichte und Geschichten“ tragen und eine geschichtliche Darstellung der Entwicklung des Dorfes liefern. Die erste urkundliche Erwähnung ist im Jahr 839 datiert. Der Rückblick endet am 31. Dezember 1970. Danach gehört Kilianstädten zur Gemeinde Schöneck.

Die Aktiven des AK arbeiten je nach Interessensgebiet und Wissen an den einzelnen Kapiteln. So wird darin der Einfluss der technischen Entwicklung auf das Alltagsleben ebenso beleuchtet wie die Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen sowie die Entstehung von Vereinen. Neben den großen historischen Ereignissen gibt es kleine, liebenswerte Dinge, an die man erinnern möchte. So sei in Kilianstädten einst Wein angebaut worden, der Keller des Rathauses habe als Weinkeller gedient, sagt Sulzmann.

Die engagierten Hobbyforscher bringen in den Kapiteln ihre Erinnerungen ein, sprechen mit Zeitzeugen und forschen in diversen Unterlagen, etwa in Gemeindeprotokollen. Als Landwirt interessiert sich Wacker für die Entwicklung der Landwirtschaft. Jürgen Eimke recherchiert über die Stationierung der Bundeswehr in Kilianstädten, die bis 2004 andauerte.

Menger ist für exakte historische Zahlen und Fakten zuständig. So sei die Staatsgrenze zwischen dem Königreich Preußen und dem Großherzogtum Darmstadt einst zwischen Kilianstädten und Büdesheim verlaufen, erläutert er. Man habe nicht den Anspruch, politisch korrekt die Geschichte des Dorfes aufzuarbeiten, erklärt Sulzmann. Vielmehr sei es die „Subjektivität des Erzählten“, die für Spannung sorge, hebt er hervor.

In Ausstellungen hat der AK bereits die bisherigen Ergebnisse seiner Nachforschungen präsentiert. Dabei wurde auch ein „Steerer Ulzi“, ein kleines spitzes Messer gezeigt. Das sei der Spitzname für einen „eingefleischten Kilianstädter Bürger“. Etwa für einen wie Ludwig Wacker, dessen Familie seit dem Jahr 1730 im Ort lebt. Die Herkunft des Wortes für das geschwungene, scharfe Messer könne im medizinischen Bereich liegen, es könne sich ursprünglich um ein chirurgisches Instrument gehandelt haben, erläutert Menger.

Wer dem Arbeitskreis alte Fotos aus Kilianstädten leihweise zur Verfügung stellen oder mit Spenden die Veröffentlichung des Buches unterstützen möchte, wendet sich an Ludwig Wacker, Telefon (0 61 87) 57 41