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Knochen ausgebuddelt – Gräber aus Jungsteinzeit, Bronze- und Eisenzeit in Windecker Neubaugebiet

Nidderau. Der Verein für Vor- und Frühgeschichte im unteren Niddatal präsentiert Fundstücke der Ausgrabungen des Neubaugebietes Allee Süd IV in Nidderau. Der bedeutendste Fund: ein Eisenschwert.

Da, wo in einigen Monaten bereits die Grundmauern für Einfamilienhäuser hochgezogen werden, wurden bis Dezember noch Gräber ausgegraben. Das Neubaugebiet Allee Süd IV in Windecken war dabei der Mittelpunkt des Geschehens. Denn nachdem im Frühjahr vergangenen Jahres zuerst die Baustraße, die durch das Neubaugebiet führt, den Ausgrabungen unterlag, entschieden sich die Mitarbeiter des Vereins für Vor- und Frühgeschichte im unteren Niddatal dazu, diese auf das Neubaugebiet auszuweiten.

Nach der Antragsstellung ging es im Herbst 2009 los. Damit die Grundstücke schnell verkauft werden konnten und Bauherren, die sich bereits für einen Bauplatz entschieden hatten und nur noch auf den Notartermin zur Kaufabwicklung warteten, zügig mit ihrer Planung beginnen konnten, arbeiteten die Archäologen in Windeseile.

Dirk Hassler und Heike Lasch gruben auf rund 7000 Quadratmetern Fläche innerhalb von zwei Monaten etwa 150 Fundstücke aus. „Der Baggerführer hat gesagt, dass er noch nie gesehen hat, dass zwei Menschen so schnell so viel Fläche bearbeiten“, erinnert sich Archäologin Lasch. Sie und ihr Kollege gruben ein Körpergrab aus der Jungsteinzeit (2800 vor Christi) und 29 Bestattungen aus der Bronze- und Eisenzeit (1000 bis 800 vor Christi, ältere Hallsteinzeit) aus. Sie hätten den Leichnam eines Mannes aus der Jungsteinzeit gefunden, dessen Kopf und Füße abgetrennt waren. Der Schädel lag zwischen den Beinen, die Füße waren unauffindbar. „Wahrscheinlich wurden die nicht dazugelegt, weil man Angst vor Wiedergängern hatte“, vermutet Hassler.

Der bedeutendste Fund war für die Archäologen ein rund 3000 Jahre altes, 1, 20 Meter langes Eisenschwert. Da die Funde zum Teil vom Beginn der Eisenzeit stammten, vermuten Hassler und Lasch, dass in der Region wohlhabendere Menschen gelebt hätten. Schließlich sei der Werkstoff gerade erst eingeführt worden. Außergewöhnlich sei auch, dass es seit 104 Jahren das erste Schwertgrab der Region sei, so Hassler. Das Schwert werde derzeit restauriert. „Die Kosten liegen bei 5000 bis 7000 Euro“, sagt Lasch – und das sei noch verhältnismäßig günstig.

Die Archäologen haben zahlreiche Grabbeigaben gefunden: Brustschmuck, Arm- und Fußringe, eine Kette aus Zähnen, eine aus Glasperlen, ein eisernes Messer, eine Bernsteinperle sowie Gefäße und Schalen aus Keramik oder mit Graphit beschichtet. Die Funde aus Bernstein seien auch etwas Besonderes. „Hier in der Region gab es kein Bernstein“, sagt Hassler. (tek)

Fundstücke sind in der Schausammlung im Mittelburggelände zu sehen. Anmeldungen bei Heike Lasch unter (0 61 87) 20 15 83