Veröffentlicht am

Kunst siegt kontra WM

Freuen sich in den Kulissen der gediegenen Inszenierung von Lessings „Nathan der Weise“ über die gelungene Saison der Burgfestspiele: (v.l.) Intendant Claus-Günther Kunzmann, Dramaturgin Angelika Zwack, Bürgermeister Thomas Stöhr und Dramaturgin Ruth Schröfel. Foto: Deul
Freuen sich in den Kulissen der gediegenen Inszenierung von Lessings „Nathan der Weise“ über die gelungene Saison der Burgfestspiele: (v.l.) Intendant Claus-Günther Kunzmann, Dramaturgin Angelika Zwack, Bürgermeister Thomas Stöhr und Dramaturgin Ruth Schröfel. Foto: Deul

Erfolgreiche Halbzeitbilanz für die Burgfestspiele: 75 000 Karten wurden bereits verkauft, darunter allein 30 000 für die drei Kindertheater-Inszenierungen. Beliebteste Stücke sind bislang „Sugar – manche mögen’s heiß“ und „Die Drei von der Tankstelle“.

Bad Vilbel. Selbst die Fußball-Weltmeisterschaft und ein Starkregen haben die Burgfestspiele nicht aus der Spur bringen können. Lediglich zu den beiden Halbfinalspielen habe es halbleere Ränge gegeben, berichtet Intendant Claus-Günther Kunzmann. Doch ansonsten ist er mit dem Zuspruch sehr zufrieden, der Vorverkauf bewege sich auf Vorjahresniveau – wo es am Ende mit 93 000 Besuchern einen neuen Rekord gab.

Qualität kostet

Die Freilichtbühne der Burgfestspiele sei ein mittlerweile „großes mittelständisches Unternehmen“, was beachtlich und nicht selbstverständlich sei für eine kleine Stadt von 33 000 Einwohnern, so Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU). Gerade erst war er im Wiesbadener Finanzministerium. Dort würden alle kulturellen Ausgaben zu hundert Prozent als freiwillige Leistungen gezählt. Doch halte er es für sehr wichtig, die Kultur in der Stadt als Aufgabe zu sehen, betont Bad Vilbels Rathauschef.

Das aber werde immer schwieriger, wie Kunzmann anmerkte. Er habe den Eindruck, dass die Kultur, die nicht in den großen Städten stattfinde, vom Land kleingehalten werde. Die Kommunen sollten die Grundversorgung sichern, auch die Kita-Betreuung ausbauen, aber „der kulturelle Bereich soll eigentlich stillgelegt werden“, meint er enttäuscht – und später fällt in anderem Zusammenhang noch das Wort vom „Spätkapitalismus“.

Doch hinter den Mauern der Wasserburg scheint die Welt noch in Ordnung. 93 000 Zuschauer, mit den Besuchern der Auswärtsvorstellungen gar knapp 100 000, wurden 2013 gezählt. Die bis jetzt verkauften Karten lägen im Vorjahresbereich, so der Intendant – die vier Abendvorstellungen mit insgesamt 43 000 Karten sogar „einen Tick darüber“. Dabei sei die Resonanz in dieser Saison ausgeglichener. Hatte „Hair“ im vergangenen Jahr fast doppelt so viele Zuschauer wie „Das weiße Rössl“, so liegen die Stücke jetzt nahe beieinander: „Sugar“ mit über 13 000 Besuchern an der Spitze, knapp gefolgt von „Die Drei von der Tankstelle“ und den „Blues Brothers“ (je 10 000 Karten).

Das anspruchsvollere Lessing-Stück „Nathan der Weise“ erreichte immerhin 6000 Zuschauer – so viel wie zur Kinder-Oper „Entführung aus dem Serail“. Jeweils 12 000 Karten wurden für „Pünktchen und Anton“ und „Das Dschungelbuch“ verkauft. Auch zu den beiden Vorstellungen im Theater-Keller strömten bereits 2000 Gäste.

Erfreut sind Stöhr und Kunzmann vor allem über den Zuspruch bei den Kinder-Inszenierungen. Zu denen strömten morgens ganze Schulklassen – etwa über den Südbahnhofkreisel. Denn einen Bus zu mieten, sei teuer. Daher kämen die jungen Theaterbesucher meist aus Orten entlang der Bahnlinie S 6 oder der Niddertalbahn.

Palas geräumt

Was den Intendanten in diesem Jahr etwas nervte, waren die Wettervorhersagen. Der Starkregen vor gut zwei Wochen sorgte dafür, dass Kunzmann vorsichtshalber den Palas räumen ließ, wo sich die Besucher der „Tankstelle“ vor dem Vorstellungsbeginn noch zum Essen niedergelassen haben. 300 Besucher konnten trockenen Hauptes im Theaterkeller unterkommen – die Vorstellung begann mit einer Verspätung von nur 15 Minuten.

Doch auch vergangenen Sonntag meldete der Wetterdienst den ganzen Tag über für ganz Hessen Starkregen und Gewitter auf vorletzter Warnstufe. Passiert ist – nichts, weswegen sich Kunzmann fragt, wie ein Veranstalter mit solchen Dauerwarnungen umgehen solle. Auf der Bühne lief alles glatt, bislang kein Grund für Kunzmann, den Kurs zu ändern. Er kündigte aber an, dass es 2015 nicht erneut zwei Theaterstücke mit Musik geben werde wie diesmal mit „Sugar“ und den „Blues Brothers“. Auch fiel ihm eine etwas geringere Zuschauerresonanz bei dem zum zweiten Mal gespielten „Dschungelbuch“ auf. Wie es mit dem Kartenverkauf dieses Jahr weitergeht, ist noch unklar: „Wir haben noch nie bis zum Ende der Sommerferien gespielt“, sagt Kunzmann. Doch Stöhr sieht da keine Probleme: „Die Vilbeler haben ihr Sommerprogramm vor der Haustür“ – mit 197 Vorstellungen in 15 Wochen noch bis zum 7. September.