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Medaille für den Umtriebigen

Der Moment kurz nach der Ehrung auf dem Petterweiler Weihnachtsmarkt (v. l.): Stadträtin Ingrid Lenz, Bürgermeister Guido Rahn, Horst Preißer und Ortsvorsteher Dennis Vesper. Foto: Privat
Der Moment kurz nach der Ehrung auf dem Petterweiler Weihnachtsmarkt (v. l.): Stadträtin Ingrid Lenz, Bürgermeister Guido Rahn, Horst Preißer und Ortsvorsteher Dennis Vesper. Foto: Privat

Karben. Am Vormittag hat er dem Reporter dieser Zeitung ein Interview gegeben, danach den Aushangkasten der Kirchengemeinde bestückt und am Nachmittag die Weihnachtsfeier im ASB-Altenzentrum mitgestaltet. Horst Preißer ist ein umtriebiger Mensch. Für sein unermüdliches ehrenamtliches Engagement hat ihm die Stadt Karben eine hohe Auszeichnung verliehen.
Wenn es irgendwo gilt zu helfen, einer ist garantiert immer dabei: Horst Preißer. In der evangelischen Kirche in Petterweil hat er kräftig angepackt, als es galt, das Gotteshaus weihnachtlich zu schmücken. Zu Hause hat er mit seiner Frau wenige Tage vor Weihnachten noch einen neuen Stern gebastelt. Der hängt jetzt von der Decke über der Treppe herunter. »Den bringe ich heute Abend noch in der Kirche an«, sagt er. »Am alten Stern waren die Zacken schon sehr zerknautscht.«
Doch das ist nicht das einzige Mal an diesem Tag, an dem Preißer in bzw. an der Kirche auftaucht: Am Vormittag hat er den Aushangkasten bestückt. Und wer die Gottesdienste besucht, wird den fast 84-Jährigen ganz bestimmt sehen. Er ist nämlich Küster in der Gemeinde, und das schon seit 20 Jahren. Der Petterweiler Kirchengemeinde ist er seit Jahrzehnten verbunden.
Altpapier gesammelt fürs Gemeindehaus
1966 hat er geheiratet und ist dann mit seiner Frau und den Schwiegereltern in den Karbener Stadtteil gezogen. Nach einigen Jahren ergab sich ein erstes Engagement. Die Kirchengemeinde wollte nämlich ein neues Gemeindehaus bauen. Dafür musste viel Geld gesammelt werden. Horst Preißer war einer der Helfer, die Monat für Mont das Altpapier in Petterweil einsammelten und es für gutes Geld an die Papierfabriken verkauften. 1978 begann er in der Gemeinde im Kirchenchor zu singen. »Wir haben damals beim Pfarrer im Zimmer geübt«, sagt er lächelnd.
Im Jahr 1985 wurde er gefragt, ob er nicht im Kirchenvorstand mitarbeiten wolle. »Dabei ist es bis heute geblieben«, sagt Preißer, der in einigen Ausschüssen, in der Dekanatssynode und auch als Helfer bei vielen kirchlichen Veranstaltungen mitarbeitet.
Nebenbei interessiert er sich noch sehr für Geschichte. Und so begann er 1988 in der Landeskirche einen Ausbildung in Kirchenführung, die er 1990 erfolgreich abschloss. »Es hat mir immer Spaß gemacht, durch unsere Kirche zu führen.« Ob das Schulklassen sind oder Pilger auf dem Lutherweg: Stets kann Preißer ihnen kompetent Auskunft über die Kirche geben. Auf eins ist er durchaus stolz: »Ich muss kein Datum vom Blatt ablesen, ich habe alle Daten zur Geschichte unserer Kirche im Kopf.«
Über die Kirchengemeinde knüpfte Horst Preißer Kontakt zu etlichen Vereinen und zu den Parteien. »Tatsächlich bin ich nur im OGV«, sagt er. Parteipolitisch engagiert war er aber nie. »Ich will keine Verantwortung für politische Situationen tragen, die ich nicht verantworten kann«, lautet sein Credo. Dem ist er schon in jungen Jahren gefolgt, denn in der damaligen DDR war er auch in keiner Partei.
Geboren wurde Horst Preißer übrigens im Jahr 1939 in Trachenau, das 18 Kilometer südlich von Leipzig liegt. 1954 kam er mit seinen Eltern nach Frankfurt, wo er zunächst eine Lehre als Spengler und Installateur absolvierte. Danach reiste er zehn Jahre quer durch Deutschland, war im Messebau tätig.
1962 lernte er seine Frau kennen, die er vier Jahr später heiratete und mit der er heute in einem kleinen Altstadthäuschen im Ortskern von Petterweil lebt.
Ausstellungen
mitorganisiert

Gemeinsam gehören sie der Gruppe »Petterweiler Geschichte(n)« an, dort sammeln und sichten sie alte Fotos und haben schon manche Ausstellung mit organisiert. Preißer hat auch viel zur Ortsgeschichte gesammelt. Als historisch Interessierter schlug sein Herz höher, als bei den Baumaßnahmen in der Alten Heerstraße Fundamente des alten Obertores freigelegt wurden. Auch ein gut erhaltener alter Brunnen kam bei den Arbeiten ans Licht. »Leider konnten wir eine Sichtbarmachung nach oben nicht erreichen«, bedauert er.
Neben all diesen ehrenamtlichen Tätigkeiten ist Horst Preißer seit dem Jahr 2000 auch im Seniorenbeirat der Stadt aktiv, wo die Aufgaben vielfältig sind: »Es geht um seniorengerechte Bänke, um öffentliche Toiletten, schlechte Wege, Einstiegshilfen beim öffentlichen Nahverkehr«, zählt er einige der Themen auf.
Der umtriebige Senior ist zudem im ASB-Altenzentrum aktiv. »Über die Kirche sind wir in dieses Haus gekommen«, betont er. Dort begleitete man die Bewohnerinnen und Bewohner zu den Gottesdiensten. Dann habe der Sozialdienst des Hauses gefragt, »ob wir auch für andere Aufgaben im Haus helfen könnten«. Ja, sagten er und seine Frau. Anfangs habe man die Spielgruppe betreut, »aber es wurde sehr schnell viel mehr«. Monatlich mache man eine Geburtstagsrunde, begleite Senioren bei Ausflügen zu Fuß oder mit dem Bus, etwa wenn Rollstühle verstaut werden müssten, und auch wenn weitere Hilfe benötigt werde. Während der Corona-Zeit haben Preißer und seine Frau Türdienst im Altenzentrum übernommen oder etwa die Testungen überwacht.
Als jetzt die Weihnachtsfeier anstand und sich die Pfarrerin krankmelden musste, hat Horst Preißer einen wichtigen Vortrag übernommen: Er hat die Weihnachtsgeschichte gelesen.
Peter-Geibel-Medaille am Weihnachtsmarkt
Schon lange ist die Stadt auf den aktiven Senior aufmerksam geworden. Der Petterweiler Weihnachtsmarkt schien ihr der geeignete Rahmen für die Ehrung: Bürgermeister Guido Rahn (CDU) verlieh Horst Preißer die Peter-Geibel-Medaille. »Das kam für mich völlig überraschend«, erinnert er sich. Ortsvorsteher Dennis Vesper hatte um strikte Geheimhaltung gebeten. Als Preißer vormittags beim Schmücken für den Markt war, besuchte der Ortsvorsteher dessen Frau und verriet ihr, dass ihr Mann am Abend diese Auszeichnung bekommen würde und sie dabeisein solle. »Auch meine Frau hat dichtgehalten, sodass ich tatsächlich komplett überrascht worden bin.« Er sei schon ein wenig stolz, bekennt er. Aber noch wichtiger sei: »Diese Ehrung motiviert mich, weiterzumachen«.
Von Holger Pegelow