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Ohne Ehrenamt nicht machbar

Ulrike Loos und Werner Giesler sind guter Dinge, was die Zukunft der Karbener Flüchtlingshilfe betrifft. Foto: Schenk
Ulrike Loos und Werner Giesler sind guter Dinge, was die Zukunft der Karbener Flüchtlingshilfe betrifft. Foto: Schenk

Karben. So lange es Menschen gibt, die sich ehrenamtlich für eine Sache engagieren, ist alles gut. Sie tragen einen Verein oder eine Institution von einem Jahr ins nächste. Doch auch das Ehrenamt stößt irgendwann an seine Grenzen – so wie jetzt bei der Karbener Flüchtlingshilfe.
Das Netzwerk der Karbener Flüchtlingshilfe geht bald in das zehnte Jahr seines Bestehens. 2014 wurde es von motivierten Bürgerinnen und Bürgern ins Leben gerufen. Seither stand das Engagement für Geflüchtete aus aller Welt unter dem Dach der Kirche. »Zunächst war das die evangelische Kirchengemeinde Klein-Karben als Schwerpunkt der Hilfsaktion, ab 2020 dann die Gesamtkirchengemeinde Karben«, erläutert Pfarrer i. R. Werner Giesler. »Durch den Anschluss konnte die Flüchtlingshilfe Spenden sammeln, geringfügig Beschäftigte einstellen und sich bei notwendigen Verwaltungsaufgaben unterstützen lassen.«
Arbeit auf mehrere Schultern verteilen
Während der ersten Flüchtlingswelle im Jahr 2015 sei der ehrenamtliche Einsatz hochgefahren worden. Giesler nennt als wichtige Punkte die Erstausstattung der Ankommenden mit Kleidern und Dingen des täglichen Gebrauchs, Patenschaften, Deutschkurse, Arbeitsvermittlung und Berufsförderungsmaßnahmen in Kooperation mit dem Berufsbildungswerk Südhessen. Auch die Fahrradwerkstatt in der Max-Planck-Straße sei gut angenommen worden. Zukünftig soll die Arbeit der Flüchtlingshilfe auf mehrere Schultern verteilt werden. Ab dem 1. Januar 2024 wird damit auch die Stadt Karben Verantwortung in größerem Rahmen übernehmen. Ulrike Loos, eine Helferin der ersten Stunde, drückt das so aus: »Dadurch können die gewonnene Kontinuität und das bisher Erreichte erhalten werden. Das Wissenspotenzial für Karben wird abgesichert.«
Dieses veränderte Konzept bedeutet für die Stadt allerdings auch, dass Fachkräfte bereitgestellt werden müssen. Denn fortan wird es nicht »nur«, wie bisher geschehen, um die organisierte Unterbringung der Geflüchteten gehen, sondern auch um die Bereiche Beratung und Deutschunterricht. Patinnen und Paten, die Flüchtlinge unter anderem bei Behördengängen oder Arztbesuchen begleiten, werden nicht von der Stadt gestellt. Das heißt: Insofern bleibt alles beim Alten, das Ehrenamt wird weiter einen Großteil der Tätigkeiten bestimmen.
Runder Tisch
im Februar

Wie schnell sich die Situation ändern kann, hat der russische Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 gezeigt. Seitdem stiegen die Flüchtlingszahlen wieder rasant an, in diesem Jahr auch die der sogenannten Weltflüchtlinge. »Obwohl neues Hilfspersonal dazugewonnen werden konnte, war von Anfang an klar, dass die Leistungsfähigkeit der Flüchtlingshilfe begrenzt sein würde,« räumen Loos und Giesler ein.
Wie das »neue« Gesicht der Organisation künftig aussehen könnte, soll im Februar 2024 zusammen mit anderen Karbener Vereinigungen (Deutsch-Ausländischer Freundschaftskreis, Ausländerbeirat, Mütter- und Familienzentrum, Sportvereine) am runden Tisch besprochen werden. Dieser runde Tisch sei als Schnittstelle zwischen allen Beteiligten gedacht, führt Loos aus. Integrationsveranstaltungen wie das Frauencafé, das sei bereits klar, blieben bei der evangelischen Kirchengemeinde. »Wir möchten außerdem gewährleisten, dass die Kontaktpersonen, sprich die Patinnen und Paten, erhalten bleiben. Sie haben bei den geflüchteten Menschen einen Vertrauensvorschuss,« sagt die Klein-Karbenerin. Werner Giesler beschreibt Flüchtlingsarbeit als »Metamorphose ohne Ende«. Man müsse sein Konzept an die gegenwärtige Situation anpassen. Prinzipiell habe sich seit 2015 aber nicht viel geändert, nur sei die Erfahrung bei den Helfenden jetzt größer. Giesler ist überzeugt: »Ohne Ehrenamt wird es weiterhin nicht machbar sein.«
Workshop
mit Engagierten

Fiona Janus von der Karbener Flüchtlingshilfe bringt eine Art Workshop ins Gespräch. Ihre Idee: Engagierte könnten dabei Lebensläufe, Anschreiben oder Anfragen zusammen mit den Geflüchteten verfassen. Ein anderes Thema sei die Einrichtung eines Männertreffens, »vielleicht in Form einer Gruppe, die sich zum Fußballspielen trifft.« Von Jürgen Schenk