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Schinster Gruß d’r Werrera – Karben feiert ihren Heimatdichter Peter Geibel

Karben. Am hessischen „Tag für die Literatur“ hat sich für Mundartfreunde ein ganz besonderes Tor geöffnet: Das vom Peter-Geibel-Hof in Klein-Karben, dem Geburtshaus des wortgewaltigen Kleinbauernsohnes und späteren Tierarztes Peter Geibel (1841-1901). Im sonnenbeschienenen Innenhof saßen die Besucher auf Bänken und lauschten dort, wo vor 150 Jahren Peter Geibel in kurzen Hosen herumlief, seinen späteren Gedichten.

Gleich ein doppelter Glücksfall hat diesen Literaturnachmittag möglich gemacht: Mit Klaus und Karin von Frieling bewohnt eine Familie das historische Fachwerk-Gebäudeensemble, die gerne bereit ist, den liebevoll restaurierten Hof für solche Veranstaltungen zu öffnen. Und der Karbener Geschichtsverein kann als Veranstalter auf zwei ortsansässige Rezitatoren zurückgreifen, die es verstehen, mit Herzblut die Mundartgedichte von Peter Geibel zum Klingen zu bringen: Arnold Faller und Else Lampert.

Für „Nichtwetterauerdialektbeherrscher“ ist die Sprache von Peter Geibel allerdings trotz ihrer Musikalität und kraftvoller Schönheit ein schwerer Brocken. Es wimmelt von Vokalen, die langgezogen und verdoppelt werden. Die üblichen Wortendungen fehlen oder werden verschluckt, dafür gibt es das rollende rr gleich in doppelter und dreifacher Ausführung wie etwa in dem zum Wetterauer Nationalpoem gewordenen: „Schinste Gruß d’r Werrera“. Betitelt mit „Wann m’r e Fraa hoat, dai floacht“ ist ein anderes Gedicht, das von Else Lampert in ihrer wunderschönen oberhessischen Tracht vorgetragen wurde. In sechzehn Vierzeilern wird das Ungemach eines Bauern ausgebreitet, dessen „Fraa ihrn Brell souch“, schimpfend und fluchend mit vielen „Himmil-Herrgott-Sackerment“, Kreuz-Milljonne-Donnerkeil“ und „Donnr-Hagil, Stah ean Bah“. So wehte der humorvolle Geist von Peter Geibel über das Anwesen und die Besucher, die aufmerksam die Ohren spitzten und herzhaft lachten.

„Man hört sich rein“, bekannte Klaus von Frieling, der als Norddeutscher eine andere Aussprache gewöhnt ist. Für den Klein-Kärber Arnold Faller ist die richtige Aussprache dagegen ein Kinderspiel. Er hat den heimischen Dialekt mit der Muttermilch aufgesogen und als Junge die ersten Geibel-Gedichte auswendig gelernt. Die Geibel-Bändchen, die er als junger Mann gekauft hat, hütet Faller wie einen Schatz und trägt mit Leidenschaft daraus vor.