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Schöneck bleibt Schlossherrin

Wird in den kommenden Jahren für rund drei Millionen Euro saniert: das Alte Schloss Büdesheim. Foto: Niehoff
Wird in den kommenden Jahren für rund drei Millionen Euro saniert: das Alte Schloss Büdesheim. Foto: Niehoff

Schöneck. Es ist fast ein wenig unspektakulär, als die Gemeindevertreter mit 24 Ja-Stimmen und neun Enthaltungen für den Verbleib des Alten Schlosses Büdesheim in Gemeindebesitz stimmen. Welch hitzige Debatten sind im Laufe der vergangenen Jahre um die Zukunft der sanierungsbedürftigen Immobilie geführt worden. Verkaufsbefürworter und -gegner standen sich unversöhnlich gegenüber (wir berichteten).
Das alles scheint weit weg. An diesem Abend geht es ruhig zu im Bürgertreff Kilianstädten. Auch nach der Abstimmung gibt es nur leise Bekundungen der Freude. Angesichts des Kriegs in der Ukraine ist den Kommunalpolitikern an diesem Abend trotz der einmütigen Entscheidung nicht zum Feiern und Jubeln zumute.
Zu Beginn der Gemeindevertretersitzung ist eine Schweigeminute für die Opfer des russischen Angriffs eingelegt worden. Klaus Ditzel, Vorsitzender der Gemeindevertretung, und Bürgermeisterin Conny Rück (beide SPD) sprechen einige Worte zu den Geschehnissen. »Wir sind mit den Gedanken und Herzen bei den Ukrainern«, sagt Rück. Die Gemeindevertreter beschließen, die Sitzungsgelder des Abends für die Kriegsopfer zu spenden.
Vor ihnen liegt ein langer Abend. Obwohl die Reden zum Haushalt für 2022 von den Fraktionen nur schriftlich eingereicht wurden, um die Sitzungsdauer nicht weiter als nötig in die Länge zu ziehen, gilt es, über mehr als 30 Anträge zum Haushalt abzustimmen.
Doch vorher steht die Entscheidung über das Alte Schloss auf der Tagesordnung. Die Bürgermeisterin ergreift das Wort und die Erleichterung über die sich abzeichnende, einvernehmliche Lösung ist ihr anzumerken. Sie lobt die konstruktive Zusammenarbeit in den jüngsten Ausschuss-Sitzungen, in denen die Machbarkeitsstudie zur Nutzung des Alten Schlosses Thema war (wir berichteten). Durch die Aufwertung der Immobilie mittels Einbau eines Aufzugs, könne man das Gebäude über den Investitionshaushalt sanieren. Rück macht aber auch keinen Hehl daraus, dass die Finanzierung der rund drei Millionen Euro teuren Sanierung nicht einfach zu stemmen sein wird. »Es ist jedoch der Schritt in die richtige Richtung, und ich bin froh über den gemeinsamen Haushalts-Antrag der fünf Fraktionen«, betont sie. SPD, CDU, FWG, WAS und FDP hatten sich auf einen finanziellen Rahmen bis 2026 zur Umsetzung des Nutzungskonzepts verständigt, dem Vorschlag wurde später am Abend zugestimmt.
Die CDU, vormals ein starker Verfechter für den Verkauf des Alten Schlosses, macht sich ebenfalls Gedanken über die Kosten. »Was ist, wenn es doch zu teuer wird?«, fragt die CDU-Fraktionsvorsitzende Carina Wacker. »Das Thema Altes Schloss war für uns nicht gerade einfach«, betont sie, »doch nun liegt erstmals ein Konzept vor, das uns überzeugt.«
SPD-Fraktionschef Walter Rauch spricht von einem »fast historischen Abend« und rekapituliert noch einmal die Geschehnisse der vergangenen Jahre, bei der die SPD sich von Anfang an für einen Verkauf stark gemacht hatte. »Für den Erhalt des Alten Schlosses gab es immer eine breite Mehrheit, gestritten haben wir über den Weg«, so Rauch. Doch die Haushaltslage sei vor knapp neun Jahren schlechter gewesen als heute, seine Partei sorgte sich um »ein Fass ohne Boden«. Bei den Bürgern sei ein Verkauf nie auf Gegenliebe gestoßen. Mit dem geplanten Einzug des Fachbereichs Familie und Kultur sei eine Alternative gefunden worden, die sich vor Jahren nicht gezeigt habe.
»Die Bürger können weiter im und am Alten Schloss feiern, und das macht uns glücklich«, betont FDP-Fraktionschefin Anke Pfeil. Sie freue sich über die geplante Aufwertung und neue Nutzung des Alten Schlosses. Mehr als 20 Anträge hatte ihre Fraktion zum Alten Schloss gestellt, darunter den für die Machbarkeitsstudie, über die an diesem Abend abgestimmt wird. »Die lange Dauer war auch zu etwas gut, wir haben jetzt eine schöne Lösung gefunden«, sagt Pfeil.
Besondere Freude ist bei der WAS zu spüren. Sie hat ihr großes Ziel erreicht. »Wir sind 2016 eigentlich nur zur Kommunalwahl angetreten, weil wir das Schloss für die Bürger im Gemeindebesitz erhalten wollten«, erklärt Gernot Zehner. Dies zeige, dass, wenn man nur genug Ausdauer in eine gute Sache steckt, auch mit Erfolg belohnt wird. Er freue sich, dass das neue Konzept so gut ankommt, entspreche es doch in weiten Teilen dem Konzept, das von den Schlossrettern schon 2016 vorgestellt worden sei. »Nur an einen Aufzug hatten wir damals nicht gedacht«, sagt Zehner.
Die Grünen-Fraktion und einige CDU-Vertreter enthalten sich der Stimme. »Wir brennen nicht für das Projekt, halten es für zu teuer, lehnen es aber nicht komplett ab«, hatte Grünen-Fraktionsvorsitzende Laura Merz gegenüber der Zeitung erklärt.
Wie eng der Haushalt ist, bekommen die Bürger schon jetzt zu spüren. Um einen »kleinen Puffer« bei der Planung zu haben, schlägt die SPD vor, die im Haushaltssicherungskonzept für 2023 geplante Erhöhung der Grundsteuer vorzuziehen. Die Grundsteuer B für Baugrundstücke soll von geplanten 590 auf 600 Punkte angehoben werden. Das bringt der Gemeinde knapp 50 000 Euro an Mehreinnahmen. Der Antrag findet eine knappe Mehrheit. Von Mirjam Fritzsche