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Sie kehren auf Plätzen und vor den Haustüren – Muslimische Männer beseitigen freiwillig die Böllerreste

Karben. Acht Stunden ist der erste Tag des neuen Jahres erst alt. Auf Bürgersteigen, Straßen und Plätzen fristen die Reste vom Silvester-Feuerwerk ein tristes Dasein im Nieselregen. Ganz Karben scheint im Tiefschlaf zu liegen. Nicht ganz, denn im frühen Morgengrauen parken zehn Männer ihre Autos auf dem Rathausplatz, packen Besen und Schaufeln aus und beginnen die Hinterlassenschaften der Silvesterfeier zusammenzukehren.

„Unsere Religion besagt, dass jeder Mensch die Arbeit selbst in die Hand nehmen soll und sich keiner zu schade sein möge, eine Arbeit auszuführen“, erklärt Ihtisham Hayder. Er ist Vorsitzender der Jugendorganisation der Karbener Ahmadiyya-Gemeinde, eine muslimische Glaubens-Gemeinschaft mit 115 Mitgliedern. Die meisten von ihnen stammen aus Pakistan.

Seit gut 20 Jahren bringt eine Gruppe am Neujahrsmorgen mit vereinten Kräften den Rathausplatz auf Hochglanz. Im Koran stehe, dass „Sauberkeit eine Erfordernis des Glaubens“ sei, sagt Ihtisham Hayder. Die Aktion, die jedes Jahr bundesweit von Mitgliedern der Ahmadiyya-Gemeinden durchgeführt wird, soll zeigen, dass es keine niedrig bewerteten Arbeiten gebe. „Wir wohnen hier, deshalb wollen wir auch mithelfen die Stadt sauber zu halten.“

Bald ist nur noch das Schaben der Besen zu hören. Hüllen von Knallteufeln, Wunderkerzen, Raketen, Lichtbomben und Effekt-Feuerwerkskörpern türmen sich zu Haufen, bis der zwölfjährige Abdul mit der Schubkarre kommt und sie mit den Männern füllt. Den gesammelten Abfall entsorgt dann später die Stadtreinigung. „Viel ist es dieses Jahr nicht“, stellt Atif Virk beim Rundumblick fest. Vielleicht gehe man deshalb auch noch ein paar Straßen weiter.

Die Männer selbst und ihre Familien sind für den Böllerabfall nicht verantwortlich und kehren dennoch vor ihrer eigenen Tür. Zwar werde bei den Gemeindemitgliedern auch der Jahreswechsel gefeiert, aber ohne Böller. (rec)